Ein neues Tief für die bürgerlichen Freiheiten in Deutschland

Aufgrund vermehrter Einschränkungen von Protest und wiederholter Angriffe gegen zivilgesellschaftliche Organisationen: die bürgerlichen Freiheiten in Deutschland sind laut Forscher*innen auf einem neuen Tief. Im für 2025 veröffentlichte Civicus-Monitor rutscht der Zustand der deutschen Zivilgesellschaft ab in die Kategorie „beschränkt“ – und verortet Deutschland damit auf demselben Niveau wie Ungarn unter der autoritären Regierung Victor Orbáns.
Seit 2017 veröffentlichen Wissenschaftler*innen aus verschiedenen Ländern jährlich den sogenannten Civicus-Monitor. Dieser Bericht untersucht den Zustand der bürgerlichen Handlungsspielräume und Freiheiten in aller Welt. Dafür wird der Zustand von Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit untersucht. Wurde die deutsche Zivilgesellschaft 2017 noch als „offen“ beschrieben, so findet sie sich 2025 nur auf der dritten von sechs Stufen wieder.
Die Kategorie „beschränkt“ kennzeichnet dabei Länder, in denen zivilgesellschaftliche Organisationen zwar existieren, doch staatliche Stellen sie überwachen und schikanieren. Versammlungen sind zwar möglich, werden aber häufig mit Polizeigewalt auseinandergetrieben. Nicht-staatliche Medien und redaktionelle Unabhängigkeit sind zwar möglich, aber Journalist*innen geraten unter juristischen bis hin zu physischen Druck.
Die Forscher*innen begründen die Herabstufung mit den wiederholten Einschränkungen des Demonstrationsrechts, Polizeigewalt und Kürzungen von Finanzmitteln für Organisationen die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, oder die das Vorgehen der israelischen Regierung kritisieren. Der Bericht kritisiert außerdem auch die Rolle der CDU/CSU, die nach ihrer Zusammenarbeit mit der rechtsextremen AfD begann, Organisationen anzugreifen, die diese Zusammenarbeit kritisierten.
Noa Neumann aus dem Attac-Koordinierungskreis stellt fest: „Mit der im Februar gestellten kleinen Anfrage der Union wurden Organisationen unter Druck gesetzt, die sich gegen die Zusammenarbeit mit rechtsextremen Parteien aussprechen. Es ist alarmierend, wie viele Angriffe auf demokratische Freiheiten in diesem Jahr von CDU/CSU ausgingen, die sich damit zu Helfer*innen der AfD machen.“
Die von den Forscher*innen kritisierten Einschränkungen im Demonstrationsrecht zeigten sich auch bei den „Widersetzen“-Protesten in Gießen. Mehrere Kundgebungen, darunter auch von Attac-Aktiven angemeldete, wurden durch die Stadt Gießen untersagt, friedliche Demonstrierende gewaltvoll von Polizist*innen angegriffen. „Dass in Zeiten eines Erstarkens der rechtsextremen AfD demokratische Proteste so eingeschränkt werden, ist fatal. Es ist dringend notwendig, die Demokratie zu stärken – sowohl gegen die Angriffe durch die AfD, als auch gegen die Eingriffe in die Grundfreiheiten durch andere Parteien, die der AfD so indirekt helfen. Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind Grundpfeiler einer lebendigen Demokratie und dürfen nicht beschränkt werden,“ erklärt Markus Zwilling von der Attac-AG gegen rechts.