Menü

Krisenkosten gerecht verteilen – Steuerlücken schließen

Netzwerk Steuergerechtigkeit veröffentlicht das Jahrbuch Steuergerechtigkeit 2021

Im deutschen Steuersystem gibt es eine Gerechtigkeitslücke von mindestens 75 bis 100 Milliarden Euro. In den letzten vier Jahren hat sich daran kaum etwas geändert. Das Jahrbuch Steuergerechtigkeit analysiert zum ersten Mal systematisch die einzelnen Gerechtigkeitslücken und schafft die Grundlage dafür, die Arbeit der nächsten Regierung kritisch zu begleiten.

Die Bilanz der letzten vier Jahre zeigt: wesentliche Versprechen für mehr Steuergerechtigkeit wurden zögerlich oder gar nicht umgesetzt. Dafür wurden wesentliche Verschlechterungen abgewehrt und Fortschritte bei internationalen Reformverhandlungen erzielt. Ein Vergleich der Wahlprogramme zeigt: auch jenseits von Einkommens- und Vermögensteuer gibt es zwei deutliche Lager. Nur bei der gerechteren Besteuerung von Digitalkonzernen herrscht auf dem Papier Einigkeit.

Steuerprivilegien für große Vermögen und hohe (Kapital)einkommen sind für den Großteil der Gerechtigkeitslücke von mindestens 75 bis 100 Milliarden Euro verantwortlich. Viele davon sind in den letzten drei Jahrzehnten neu geschaffen oder ausgebaut wurden. Auch beim Kampf gegen komplexe Steuerhinterziehung oder umweltschädliche Steuerregeln gibt es dringenden Handlungsbedarf. Sowohl unter Rot-Grün als auch unter Schwarz-Gelb ist das Steuersystem in den letzten Jahrzehnten ungerechter geworden. Die aktuelle schwarz-rote Koalition hat versprochene Verbesserungen wie das Ende der steuerlichen Privilegierung von Zinserträgen, Maßnahmen gegen Gewinnverschiebung oder gegen Share Deals auf dem Immobilienmarkt gar nicht, langsam oder unvollständig umgesetzt. Auf der anderen Seite wurden Vorschläge wie eine Senkung der Körperschaftssteuer, der Niedrigsteuergrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung oder die komplette Abschaffung des Soli auch für sehr hohe Einkommen zunächst verhindert und international abgestimmte Maßnahmen gegen Steueroasen scheinen in Reichweite.

In den Wahlprogrammen besteht unter den großen Parteien – zumindest auf dem Papier – in einem Punkt Konsens: große multinationale Unternehmen, besonders die Tech-Konzerne müssen einen fairen Beitrag zum Gemeinwesen leisten – also mehr Steuern zahlen. Im Gegensatz dazu gibt es bei der Frage, welchen Beitrag hohe Einkommen, Vermögen und Erbschaften nach der Krise leisten sollen, zwei klare Lager. Nicht zuletzt wegen der Rolle des Bundesrats sind wirkliche Veränderungen aber nur mit breiter politischer Mehrheit und dem entsprechenden Druck aus der Bevölkerung möglich.

Dazu erklärt Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit: "Unser Steuersystem gehört in vielerlei Hinsicht zur DNA unserer Gesellschaft. Bestenfalls ermöglicht es einen handlungsfähigen Staat, korrigiert gesellschaftliche Ungleichheiten und sorgt dafür, dass Steuerzahlende einen regelmäßigen Beitrag leisten, damit unsere Gemeinschaft zusammenhält. Das gilt ganz besonders in Krisenzeiten, wenn Missstände auf der einen und Handlungsbedarfe auf der anderen Seite wie unter einem Brennglas offengelegt werden."

Schwerpunkt des diesjährigen Jahrbuchs sind Vermögensbesteuerung und die gerechte Verteilung der Krisenkosten. Seit der Finanzkrise sind Unternehmens- und Immobilienwerte in historischem Ausmaß gestiegen. Selbst in der Corona-Krise sind die großen Vermögen unvermindert weiter gewachsen, während Angestellte in den oft schlecht bezahlten systemrelevanten Berufen ihre Gesundheit riskiert haben und viele kleine Selbstständige um ihre Existenz kämpfen mussten. Massive Steuersenkungen für hohe Vermögen und hohe Einkommen in der Vergangenheit haben die Lücken bei den Investitionen in Bildung, Klimaschutz und moderne Infrastruktur vergrößert.

Dazu erklärt Ralf Krämer, ver.di Bereich Wirtschaftspolitik: "Viel zu oft entscheiden Herkunft und Erbe über Lebenschancen und Einfluss. Deswegen brauchen wir dringend ein gerechteres Steuersystem. Die Mehreinnahmen könnten wir dazu nutzen, um die ökologische Transformation zu bewältigen, für bezahlbaren Wohnraum und bessere Bildung zu sorgen und gezielt die Steuern für Menschen mit niedrigen Einkommen zu senken".

Deutschland hat eine wichtige Rolle dabei, auch international die Regeln der Besteuerung von Konzernen mitzugestalten. Auch dank der neuen Regierung in den USA sind eine Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung und eine Umkehr des Jahrzehnte-langen Steuersenkungswettlaufs in Reichweite.

Dazu erklärt Karl-Martin Hentschel, Attac: "Bei der Bekämpfung von Steueroasen weltweit spielt Deutschland in wichtigen Funktionen bei OECD und EU eine wesentliche Rolle. Eine gerechtere Verteilung der Besteuerungsrechte zugunsten der Entwicklungsländer darf dabei nicht zu kurz gedachten deutschen Interessen zum Opfer fallen. Beim Kampf gegen illegitime Finanzflüsse, die immer noch viel zu oft unerkannt in Deutschland enden, müssen wir endlich mehr tun."


(Kopie 1)

Krisenkosten gerecht verteilen – Steuerlücken schließen

Netzwerk Steuergerechtigkeit veröffentlicht das Jahrbuch Steuergerechtigkeit 2021

Im deutschen Steuersystem gibt es eine Gerechtigkeitslücke von mindestens 75 bis 100 Milliarden Euro. In den letzten vier Jahren hat sich daran kaum etwas geändert. Das Jahrbuch Steuergerechtigkeit analysiert zum ersten Mal systematisch die einzelnen Gerechtigkeitslücken und schafft die Grundlage dafür, die Arbeit der nächsten Regierung kritisch zu begleiten.

Die Bilanz der letzten vier Jahre zeigt: wesentliche Versprechen für mehr Steuergerechtigkeit wurden zögerlich oder gar nicht umgesetzt. Dafür wurden wesentliche Verschlechterungen abgewehrt und Fortschritte bei internationalen Reformverhandlungen erzielt. Ein Vergleich der Wahlprogramme zeigt: auch jenseits von Einkommens- und Vermögensteuer gibt es zwei deutliche Lager. Nur bei der gerechteren Besteuerung von Digitalkonzernen herrscht auf dem Papier Einigkeit.

Steuerprivilegien für große Vermögen und hohe (Kapital)einkommen sind für den Großteil der Gerechtigkeitslücke von mindestens 75 bis 100 Milliarden Euro verantwortlich. Viele davon sind in den letzten drei Jahrzehnten neu geschaffen oder ausgebaut wurden. Auch beim Kampf gegen komplexe Steuerhinterziehung oder umweltschädliche Steuerregeln gibt es dringenden Handlungsbedarf. Sowohl unter Rot-Grün als auch unter Schwarz-Gelb ist das Steuersystem in den letzten Jahrzehnten ungerechter geworden. Die aktuelle schwarz-rote Koalition hat versprochene Verbesserungen wie das Ende der steuerlichen Privilegierung von Zinserträgen, Maßnahmen gegen Gewinnverschiebung oder gegen Share Deals auf dem Immobilienmarkt gar nicht, langsam oder unvollständig umgesetzt. Auf der anderen Seite wurden Vorschläge wie eine Senkung der Körperschaftssteuer, der Niedrigsteuergrenze bei der Hinzurechnungsbesteuerung oder die komplette Abschaffung des Soli auch für sehr hohe Einkommen zunächst verhindert und international abgestimmte Maßnahmen gegen Steueroasen scheinen in Reichweite.

In den Wahlprogrammen besteht unter den großen Parteien – zumindest auf dem Papier – in einem Punkt Konsens: große multinationale Unternehmen, besonders die Tech-Konzerne müssen einen fairen Beitrag zum Gemeinwesen leisten – also mehr Steuern zahlen. Im Gegensatz dazu gibt es bei der Frage, welchen Beitrag hohe Einkommen, Vermögen und Erbschaften nach der Krise leisten sollen, zwei klare Lager. Nicht zuletzt wegen der Rolle des Bundesrats sind wirkliche Veränderungen aber nur mit breiter politischer Mehrheit und dem entsprechenden Druck aus der Bevölkerung möglich.

Dazu erklärt Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit: "Unser Steuersystem gehört in vielerlei Hinsicht zur DNA unserer Gesellschaft. Bestenfalls ermöglicht es einen handlungsfähigen Staat, korrigiert gesellschaftliche Ungleichheiten und sorgt dafür, dass Steuerzahlende einen regelmäßigen Beitrag leisten, damit unsere Gemeinschaft zusammenhält. Das gilt ganz besonders in Krisenzeiten, wenn Missstände auf der einen und Handlungsbedarfe auf der anderen Seite wie unter einem Brennglas offengelegt werden."

Schwerpunkt des diesjährigen Jahrbuchs sind Vermögensbesteuerung und die gerechte Verteilung der Krisenkosten. Seit der Finanzkrise sind Unternehmens- und Immobilienwerte in historischem Ausmaß gestiegen. Selbst in der Corona-Krise sind die großen Vermögen unvermindert weiter gewachsen, während Angestellte in den oft schlecht bezahlten systemrelevanten Berufen ihre Gesundheit riskiert haben und viele kleine Selbstständige um ihre Existenz kämpfen mussten. Massive Steuersenkungen für hohe Vermögen und hohe Einkommen in der Vergangenheit haben die Lücken bei den Investitionen in Bildung, Klimaschutz und moderne Infrastruktur vergrößert.

Dazu erklärt Ralf Krämer, ver.di Bereich Wirtschaftspolitik: "Viel zu oft entscheiden Herkunft und Erbe über Lebenschancen und Einfluss. Deswegen brauchen wir dringend ein gerechteres Steuersystem. Die Mehreinnahmen könnten wir dazu nutzen, um die ökologische Transformation zu bewältigen, für bezahlbaren Wohnraum und bessere Bildung zu sorgen und gezielt die Steuern für Menschen mit niedrigen Einkommen zu senken".

Deutschland hat eine wichtige Rolle dabei, auch international die Regeln der Besteuerung von Konzernen mitzugestalten. Auch dank der neuen Regierung in den USA sind eine Reform der internationalen Unternehmensbesteuerung und eine Umkehr des Jahrzehnte-langen Steuersenkungswettlaufs in Reichweite.

Dazu erklärt Karl-Martin Hentschel, Attac: "Bei der Bekämpfung von Steueroasen weltweit spielt Deutschland in wichtigen Funktionen bei OECD und EU eine wesentliche Rolle. Eine gerechtere Verteilung der Besteuerungsrechte zugunsten der Entwicklungsländer darf dabei nicht zu kurz gedachten deutschen Interessen zum Opfer fallen. Beim Kampf gegen illegitime Finanzflüsse, die immer noch viel zu oft unerkannt in Deutschland enden, müssen wir endlich mehr tun."