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Zehn Jahre ohne Gemeinnützigkeit: Attac kämpft weiter!

Demokratische Zivilgesellschaft darf nicht weiter behindert werden

Zehn Jahre ist es am kommenden Sonntag her, dass Attac Deutschland die Gemeinnützigkeit aberkannt wurde. Das Netzwerk agiere zu politisch, begründete das Finanzamt Frankfurt seinen Bescheid vom 14. April 2014. Insbesondere der Einsatz für eine Regulierung der Finanzmärkte, eine Finanztransaktionssteuer – immerhin die Gründungsforderung von Attac – oder eine Vermögensabgabe seien nicht gemeinnützig, hieß es in dem Schreiben.

Seitdem wehrt sich Attac gegen die Aberkennung seiner Gemeinnützigkeit – juristisch und politisch. Die Auseinandersetzung erfuhr dabei von Beginn an große öffentliche Aufmerksamkeit. Denn der „Fall Attac“ hat nicht nur Bedeutung für das Netzwerk selbst, sondern beeinträchtigt auch die gesamte demokratische Zivilgesellschaft.

Dazu sagte Judith Amler vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis am heutigen Mittwoch vor Journalist*innen: „Der Entzug der Gemeinnützigkeit behindert das Engagement von Attac für eine global gerechte Ökonomie. Die Folgen spüren wir jetzt, nach einem Jahrzehnt, auch wirtschaftlich massiv. Attac steht finanziell unter Druck. Das ist aber nicht alles. Mit Attac ist ein Präzedenzfall geschaffen worden, der kritisches demokratisches Engagement der Zivilgesellschaft nicht nur erschwert, sondern in Teilen sogar verhindert. Gemeinnützige Vereine müssen sich seither immer fragen, ob und wie sie sich demokratisch engagieren dürfen, und halten sich im Zweifel lieber zurück, wie Studien belegen. In Zeiten sinkender Zustimmung zur Demokratie und eines erstarkenden Rechtsextremismus ist das eine fatale Entwicklung. Deswegen kämpfen wir auch nach zehn Jahren weiter dafür, dass die fatale Entscheidung gegen Attac aufgehoben wird.

Vor drei Jahren, nach Ausschöpfung des Rechtswegs, hat Attac Verfassungsbeschwerde eingelegt. Wann der Fall in Karlsruhe verhandelt wird, ist offen. In der Klageschrift betont Attac, welch wichtige Rolle das Grundgesetz zivilgesellschaftlichen Organisationen neben politischen Parteien im Prozess der Willensbildung gibt. Dazu sagte Professor Andreas Fisahn, der Attac vor dem Bundesverfassungsgericht vertritt, heute: „Angesichts der großen Bedeutung der Vereinigungsfreiheit in einer pluralistischen Demokratie kann man das Gemeinnützigkeitsrecht – also die Abgabenordnung – verfassungskonform kaum so auslegen, dass die Absicht, auf die politische Meinungsbildung des Volkes Einfluss zu nehmen, ein expliziter Grund ist, eine Gemeinnützigkeit auszuschließen. Dies hat der Bundesfinanzhof in seinem viel diskutierten Attac-Urteil von 2019 verkannt – zum Schaden nicht nur von Attac, sondern von allen demokratisch engagierten Vereinen.

Auch Stefan Diefenbach-Trommer, Vorstand der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ betonte die verheerenden Auswirkungen des Attac-Urteils für breite Teile der Zivilgesellschaft. Die von Attac mitgegründete Allianz, der heute fast 200 Vereine und Stiftungen angehören, setzt sich seit 2015 für ein modernes Gemeinnützigkeitsrecht ein. „Der Fall Attac bleibt exemplarisch für den Druck auf zivilgesellschaftliches Engagement für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“, sagte Diefenbach-Trommer. „Das Attac-Urteil hatte Schockwellen durch die Zivilgesellschaft gejagt. Doch anders als im Koalitionsvertrag vereinbart hat die Ampel bisher keine Beruhigung und Rechtssicherheit hergestellt. Dabei war die Botschaft des Bundesfinanzhofs: ‚Wenn der Gesetzgeber Engagement für Demokratie, Menschenrechte oder soziale Gerechtigkeit fördern will, dann muss er diese Zwecke auch als gemeinnützig gesetzlich festhalten.‘ Viele Vereine scheitern leider genau daran, dass diese Zwecke im Gemeinnützigkeitsrecht nicht festgeschrieben sind. Engagement für Demokratie oder gegen Antisemitismus wird zwar gelobt und gefordert, aber nicht aktiv gefördert.