Die EU-Kommission hat vom Europäischen Rat das Mandat erhalten, mit den USA einen umfassenden Gesamtpakt auszuhandeln. Die Bevölkerung erfuhr von den geheimen Verhandlungspositionen nur über durchgesickerte Dokumente. Die Wirtschaftslobby dagegen hat erheblichen Einfluss auf die Verhandlungen und erstellt den Großteil der Expertisen. Parlamente bekommen den Vertrag erst nach Abschluss der Verhandlungen vorgelegt. Ändern können sie ihn dann nicht mehr. So ist zu befürchten, dass ein Pakt entsteht, in dem die Wunschliste der Konzerne als zukünftige internationale Wirtschaftspolitik festgeschrieben wird.
Ausländische Investoren sollen vor Schiedsstellen gegen Staaten klagen können, wenn ihnen aus Gesetzesänderungen Gewinneinbußen erwachsen könnten. Obwohl allen Unternehmen der ordentliche Rechtsweg offen steht, sollen internationale Investoren zusätzlich Sonder-Klagerechte in einem parallelen, völlig intransparenten Schiedssystem erhalten. Hoch bezahlte Juristen weniger Wirtschaftskanzleien fällen die Entscheidungen; Unabhängigkeit, Rechenschaftspflichten oder Berufungsmöglichkeiten gibt es nicht. Die Zahl solcher Verfahren steigt weltweit, oft geht es um milliardenschwere Entschädigungssummen, die aus öffentlichen Geldern aufzubringen sind. Es ist zu befürchten, dass Gesetzgeber zukünftig auf Verbesserungen bei Arbeitnehmerrechten, Verbraucherschutz-, Sozial- und Umweltstandards verzichten, um das Risiko von Konzernklagen zu vermeiden.
Zwei Beispiele:
Genmais, Hormonfleisch oder Chlorhuhn sind selbst dann nicht vom Tisch, wenn sie in dem Abkommenstext nicht genannt werden. Denn TTIP soll als „lebendes Abkommen“ gestaltet werden, d.h., nach den Verhandlungen ist vor den Verhandlungen! Auch bei zukünftigen Gesetzesänderungen (etwa im Bereich der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln) soll sichergestellt werden, dass sich die Regulierungen zwischen den USA und Europa immer mehr annähern - das Zauberwort lautet "Regulierungskooperation". Mit Hilfe eines mit Experten besetzen "Regulierungsrats" soll es zu "Regulierungskohärenz" kommen, die Abgeordneten haben hernach nur noch die Möglichkeit, den Gesetzesvorhaben zuzustimmen oder sie abzulehen. Mehr zum Thema auf der Seite "Was ist regulatorische Kooperation?".
"Ich bin ein Handelshemmnis"
Demokratisch beschlossene Maßnahmen wie z.B. Produktionsstandards, Kennzeichnungspflichten, Umwelt-, Gesundheits- und Sozialauflagen gelten in der Freihandelslogik als „Handelshemmnisse“, denn sie belasten Konzerne mit „unnötigen“ Kosten. Daher sollen sie in TTIP massiv abgesenkt oder ganz beseitigt werden.
Solche „Handelshemmnisse“ sind u.a.:
Die Ideologie des Freihandels ist zentraler Bestandteil der EU-Außenhandelsstrategie. TTIP ist der bislang weitestreichende Versuch von Politik und Wirtschaft, unter dem Deckmantel des freien Handels gesellschaftliche Errungenschaften abzubauen. Dieser Vorsatz betrifft die gesamte Palette der Handelsagenda, u.a. die Verhandlungen zu EPAs (Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit den Ländern Afrikas, der Karibik und des Pazifiks), zu CETA (umfassendes Wirtschafts- und Handelsabkommen mit Kanada) oder zu TiSA (plurilaterales Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen). Verschleiert als Maßnahmen gegen die Krise erleben wir eine heftige Welle neoliberaler Globalisierung und Entdemokratisierung. Freihandel nach außen und Austeritätspolitik innerhalb Europas, jeweils gepaart mit einer Machtverschiebung von Politik zu Konzernen, bilden eine unheilvolle Allianz. Hier gibt es mehr zum Thema "Freihandel".
Attac ruft auf: Widerstand jetzt!
TTIP ebnet keinen Weg, um Wirtschafts-, Energie- und Umweltkrisen zu lösen, sondern bringt uns einer unsolidarischen Welt und einer „marktkonformen“, konzerngesteuerten Schein-Demokratie näher. Viele Menschen in Europa und den USA, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) aus Landwirtschaft, Umwelt-, Entwicklungs- und Handelspolitik, Gewerkschaften und konzernkritische Bewegungen wenden sich gegen TTIP. Sie alle lehnen eine Ausweitung von Konzernmacht entschieden ab. Dazu haben sich Bündnisse gebildet in Deutschland (www.ttip-unfairhandelbar.de), in Europa (Aktionsseite: www.stop-ttip-ceta-tisa.eu) und in den USA.
Unsere Alternative zu TTIP: Solidarischer und ökologischer Welthandel
Ein europäisches Bündnis aus 50 NGOs hat in einem offenen Beteiligungsprozess Handlungsvorschläge für eine alternative Handelspolitik entwickelt, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert (siehe www.attac.de/atm). Menschenrechte, menschenwürdige Arbeit, soziale und ökologische Prinzipien sind nicht verhandelbar! Demokratie, Selbstbestimmungsrecht von Gemeinschaften und flache Hierarchien sollen als Grundlage einer selbstbestimmten Gesellschaft festgeschrieben werden.
Kernforderungen von Attac:
Aktiv werden!
Mitmachprojekte
1) TTIP-Verhandlungen sofort beenden
2) Verhandlungsdokumente bei Handels- und Investitionsabkommen sind stets umgehend offenzulegen
3) Keine Sonderklagerechte für Konzerne – bestehende Verträge müssen geändert werden
4) Handels- und Investitionspolitik muss dem Gemeinwohl dienen und die Umwelt bewahren