Gaza: Anhaltende Eskalation ohne politische Lösung

Die Situation im Gazastreifen spitzt sich immer weiter zu. Die Hoffnung auf eine Waffenruhe, die auch von den Familien der von der Hamas entführten israelischen Geiseln gefordert wurde, hat sich zerschlagen. Die israelische Regierung hat das zuletzt ausgehandelte Waffenstillstandsabkommen nicht eingehalten, sondern eine neue militärische Großoffensive begonnen.
Auch im Westjordanland nimmt die Gewalt zu. Nach Angaben verschiedener Beobachter*innen werden dort Zehntausende Palästinenser*innen von der israelischen Armee vertrieben, Häuser zerstört und landwirtschaftliche Flächen angegriffen. Es gibt zahlreiche Todesopfer. Darüber hinaus hat die israelische Regierung dem Bau von 22 neuen Siedlungen im Westjordanland zugestimmt. Israels Außenminister Katz erklärte, dies solle verhindern, dass ein palästinensischer Staat entsteht.
„Die humanitäre Lage in Gaza ist dramatisch und schockierend“, sagt Roland Süß aus dem Koordinierungskreis von Attac. „Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln, Wasser und medizinischer Hilfe wird aktuell verhindert.“
Eine völkerrechtlich bindende UN-Resolution, die unter anderem eine sofortige Waffenruhe, die Freilassung aller israelischen Geiseln sowie ungehinderten Zugang für humanitäre Organisationen gefordert hätte, wurde im Sicherheitsrat von den USA per Veto blockiert. Neben ihrer grundsätzlichen Ablehnung verlangten die USA, dass die Resolution die umstrittene „private Hilfsorganisation“ Gaza Humanitarian Foundation (GHF) unterstützen solle. Laut Einschätzungen der UN weicht die von der israelischen Regierung und den USA ins Leben gerufene Organisation jedoch von etablierten Prinzipien neutraler Hilfe ab. „Bei den ersten Lieferungen von Hilfsgütern kam es bereits zu chaotischen Szenen mit zahlreichen Verletzten und Toten durch Schüsse der Armee. Die GHF gefährdet Zivilist*innen“, kritisiert Süß. „Von ehemals 400 Ausgabepunkten betreibt sie nur noch vier Stellen, um die Bevölkerung mit Lebensmitteln zu versorgen.“ Internationale humanitäre Hilfsorganisationen kritisieren, dass dies vorrangig der Vertreibung der Menschen im Gazastreifen dient.
Die israelische Armee erklärte zudem, in den kommenden zwei Monaten rund 75 Prozent des Gazastreifens dauerhaft militärisch kontrollieren und besetzen zu wollen. Die rund zwei Millionen Einwohner*innen sollen in einem Viertel des Gebiets untergebracht werden, das in drei nicht miteinander verbundene Zonen aufgeteilt ist.
Deutschland setzt unterdessen ungeachtet der Verbrechen gegen die Menschlichkeit seine Unterstützung Israels fort. Außenminister Wadephul kündigte im Bundestag an, dass weitere Waffenlieferungen geplant seien. „Zwar ruft die Bundesregierung Israel dazu auf, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten und die Versorgung der palästinensischen Zivilbevölkerung zu sichern, doch eine politische Konsequenz aus der aktuellen Entwicklung wurde bislang nicht gezogen. Appelle sind nicht genug – das israelische Militär will in zwei Monaten Fakten schaffen“, sagt Süß. Attac fordert, die Rüstungsexporte sofort auszusetzen und das Völkerrecht jetzt durchzusetzen.
In Deutschland wächst die Debatte über die rechtliche und politische Verantwortung bei Waffenexporten nach Israel sowie über Konsequenzen aus der militärischen Lage in Gaza beständig. Mehrere zivilgesellschaftliche Gruppen und Einzelpersonen fordern in einem offenen Brief ein Umdenken in der deutschen Außenpolitik.