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Fragen und Antworten zur Freigabe der Impfstoffpatente Gebt die Patente frei!

Attac fordert gemeinsam mit vielen anderen Organisationen weltweit die Freigabe der Corona-Impfstoffpatente. Dazu erreichen uns gelegentlich Nachfragen; die häufigsten beantworten wir hier.

F: Was nützen armen Ländern die Patente? Sie haben doch gar nicht die Technik, um die Impfstoffe herzustellen. Würden dabei nicht nur minderwertig Impfstoffe herauskommen?

A: Sowohl in Indien, Südafrika als auch Kenia gibt es Produktionsstätten für die es kein Problem wäre, hochwertige Vakzine herzustellen.

F: Wieso sollten Unternehmen wie Biontech weiter forschen und wichtige Produkte entwickeln, wenn sie das durch ihre Forschung erworbene Wissen dann mit allen teilen müssen?

Grundsätzlich sind die Forschungskosten für Corona-Impfstoffe für Pharmakonzerne weit geringer als von diesen angegeben wird. Wie andere Pharmaunternehmen auch bauen Biontech und Moderna auf der Grundlagenforschung zur mRNA auf, die bereits seit 1961 mit öffentlichen Geldern an öffentlichen Einrichtungen stattfindet. Die Entwicklung des mRNA-Vakzins Comirnaty geht auf ein Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft in Mainz zurück, mit dem diese die Krebsforschung fördert.

Pfizer/Biontech und Moderna nutzen die wissenschaftlichen Erkenntnisse der öffentlichen Forschung zu mRNA unentgeltlich; Patentgebühren zahlen sie für die Methode, stabile Spikeproteine von Viren nachzubilden. Moderna investierte 2020 keine eigenen Finanzmittel in die Impfstoffentwicklung, erhielt aber vom US-amerikanischen Gesundheitsministerium 3 Milliarden Dollar. Biontech/Pfizer wendete zwar 1,5 Milliarden Dollar auf, erhielt aber gleichzeitig von den Regierungen Deutschlands und der USA Subventionen in Höhe von insgesamt 1,9 Milliarden Dollar. Bei beiden Konzernen haben Regierungen 2020 zudem rund eine Milliarde Impfdosen vorbestellt, als noch gar nicht klar war, ob die Vakzine wirksam sind, sie subventionierten also das Risiko der Konzerne.

Pfizer/Biontech und Moderna haben also nicht eigene Milliardensummen in die Forschung und Entwicklung der Impfstoffe gesteckt. Mit den Patenten auf die COVID-19-Impfstoffe haben beide Konzerne das größtenteils mit öffentlich Mitteln erforschte Wissen privatisiert und kapitalisiert. Pfizer/Biontech und Moderna haben laut The People‘s Vaccine Alliance bislang mit Impfstoffen zusammen einen Gewinn von 70 Millionen Euro pro Tag gemacht. Moderna rechnet für 2021 mit einem Umsatz von 15 bis 18 Milliarden Dollar, Pfizer/Biontech mit 36 Milliarden Dollar.

Würden mit dem TRIPS-Waiver zeitweise die Patentrechte ausgesetzt, so könnte die von der Allgemeinheit finanzierte Forschung zu einer gerechteren globalen Impfstoffproduktion und ‑verteilung und einem globalen Ende der Pandemie beitragen.

F: Biontech und die anderen Impfstoffhersteller geben die Impfstoffe doch zum Selbstkostenpreis an arme Länder ab. Wo ist das Problem?

A: Das stimmt so nicht. Bislang hat AstraZeneca seinen Coronaimpfstoff zum Selbstkostenpreis abgegeben. Im November teilte der Konzern mit, dass er mehrere gewinnorientierte Vereinbarungen für 2022 unterzeichnet habe; es werde jedoch gestaffelte Preise geben. Pfizer/Biontech und Moderna haben stets zu gewinnbringenden Preisen verkauft.

Hinzu kommt, dass die versprochenen globalen Solidaritätsmechanismen versagt haben. Es standen grundsätzlich zu wenige Impfdosen zur Verfügung, die vorrangig an die wohlhabenden Staaten gingen.

F: Die EU will Zwangslizenzen vereinfachen. Ist es da nicht unnötig, die Patente aufzuheben?

A: Grundsätzlich kann ein Patent, also geistiges Eigentum, einem Patentinhaber nicht einfach entzogen werden. Sein Patent lässt sich daher nicht aufheben, sondern der Monopolinhaber kann nur für einen festgelegten Zeitraum in der alleinigen wirtschaftlichen Nutzung des Patentes eingeschränkt werden. Das multilaterale TRIPS-Abkommen regelt dabei die Handelsaspekte der Rechte geistigen Eigentums. Mit dem so genannten TRIPS-Waiver könnte im Rahmen der WTO der durch das TRIPS-Abkommen gesicherte Patentschutz global und zeitlich begrenzt zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie zum Beispiel auf Vakzine, Arzneimittel oder Labordiagnostik aufgehoben werden. Er ermöglicht es allen, die dazu in der Lage sind, Vakzine herzustellen und weltweit zu verteilen.

TRIPS sieht auch die Erteilung von Zwangslizenzen vor, dabei handelt es sich ebenfalls um die zeitlich begrenzte Aufhebung des Patentschutzes, jedoch vorwiegend für die Versorgung des Binnenmarkts. Eine Zwangslizenz kann jedes Mitglied der WTO nach seinem nationalen Recht erteilen. Auf Grund ihrer schwachen Verhandlungsposition wären damit wirtschaftlich schwache Staaten weiterhin vom Wohlwollen der Pharmakonzerne abhängig.