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Ein Kämpferherz hat aufgehört zu schlagen

Nachruf auf Winfried (Winnie) Wolf

Foto: Winfried Wolf, 2023 im club W71 (Quelle: Wikipedia /Schorle)
Foto: Winfried Wolf, 2023 im club W71 (Quelle: Wikipedia /Schorle)

Winnie war beides, bis zu seinem Tod: Wissenschaftlicher Autor und Aktivist. Unermüdlich hat er bis zuletzt Bücher, Artikel und Blogbeiträge verfasst und gleichzeitig in vielen Bewegungszusammenhängen für eine andere, eine soziale und klimagerechte Welt gestritten. Nicht nur als profunder und mitreißender Vortragender und streitbarer Debattierer, sondern auch als Organisator. Winnie hat in vielen Bündnissen und Organisationen mitgemischt, auch in Attac.

Als viele Linke die ökologische Frage noch für einen Nebenwiderspruch gehalten und am Porschefahren allenfalls kritisiert hatten, dass sich den nur die Reichen leisten können, formulierte Winnie bereits eine pointierte Kritik an der Autogesellschaft und ihren Folgen für Mensch und Natur. Sein 1986 erschienenes Buch „Eisenbahn und Autowahn“ wurde zum Standardwerk für alle, die sich für eine nicht auf das Auto zentrierte Mobilität einsetzen. Viele Publikationen zum Thema Verkehr folgten und in einem seiner letzter Blogbeiträge im März 2023 begründete Winnie kenntnisreich, warum es zwar richtig, aber nicht hinreichend ist, eine Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene zu fordern. Neben dieser Verlagerung sei eine Politik der Verkehrsvermeidung nötig und auch möglich ¬– ohne eine Verschlechterung des Lebensstandards. Denn „ein großer Teil dieses Güterverkehrs ist künstlicher, inflationärer, unnötiger Verkehr. Wenn wir heute im Jahr zehn Mal mehr Pakete empfangen als vor 25 Jahren, dann ist dies vor allem ein Ergebnis der Privatisierung der Post, der Liberalisierung der Lieferdienste, der Verbilligung dieser Transporte aufgrund von Dumpinglöhnen usw.“ schrieb Winnie noch vor wenigen Wochen. „Und dann gibt es die Globalisierung, die zu absurden „Lieferketten“ führte, wo viele Produkte, bevor sie an den letzten Kunden gelangen, zehntausende Kilometer zurücklegten – was wiederum Ergebnis des Dumpings der Transportkosten und der Externalisierung vieler Umweltkosten ist.“

Als die Bundesregierung 2006 den Börsengang der Deutschen Bahn geplant hatte, formierte sich ein breites Bündnis gegen diese Pläne. Es gelang, die Privatisierung vorerst zu verhindern. Winnie war ein entscheidender Kopf in der Kampagne, die wesentlich von Attac mitgetragen wurde. Wenn er auch engagiert um jede Formulierung in den Kampagnenmaterialien gefeilscht und damit manche an die Grenzen gebracht hat, hat er dabei sehr viel bewegt. Auch nach dem verhinderten Börsengang der Deutschen Bahn hat Winnie sich immer wieder wortstark mit der Bahnpolitik der wechselnden Bundesregierungen auseinandergesetzt. Zuletzt Anfang 2023, als er die „Generalsanierung“ des Streckennetzes als „Generalunsinn“ bezeichnete und darauf hinwies, dass Bahnstrecken auch im laufenden Betrieb und ohne Komplettsperrungen saniert werden könnten und mit der Verkehrspolitik der Ampelkoalition die Klimaziele für 2030 nicht zu halten seien.

Winnie hatte immer viele Projekte und Baustellen gleichzeitig am Laufen. Trotzdem hat er es geschafft, sich bei Attac einzumischen, sei es mit einem mitreißenden Vortrag zum „Ende des Autoverkehrs“ beim Frühjahrsratschlag 2019 oder mit einem Beitrag zur Kritik der E-Mobilität für den Attac-Basistext „Klimagerechte Mobilität für alle“.

Winnies Energie und sein über viele Jahre erworbenes und detailreiches Wissen werden uns fehlen.