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CumEx: Haben wir noch einen Staat, der Steuervergehen verfolgen will?

Attac fordert Finanzminister Scholz auf, endlich zu handeln

Attac-Aktion gegen Steuertricks bei der Hauptversammlung der Deutschen Bank im Mai 2018

Der bislang deutsche CumEx-Skandal entpuppt sich als der größte bisher bekannte europäische Steuerskandal. Systematisch wurden mit Hilfe von internationalen Beratungsunternehmen Steuerrückzahlungen für nie gezahlte Steuern in Höhe von weit über 50 Milliarden Euro generiert.

Und wieder einmal wurde dies nicht durch staatliche Untersuchungen aufgedeckt, sondern die Gesellschaft ist auf die Aktivitäten von mutigen Bürger*innen und Journalist*innen angewiesen. Es verstärkt sich wieder einmal der schädliche Eindruck einer Kumpanei zwischen Großkapital, Staatsbürokratie und Politik.

Um dem entgegenzutreten fordert Attac Finanzminister Scholz auf, endlich eine aktive Haltung zur Verfolgung von internationalem Steuerbetrug und Steuervermeidung einzunehmen und die bremsende Haltung der Bundesregierung zu beenden.

Attac stellt dazu folgende Forderungen auf:

  • Wir brauchen eine wirksame europäische Steuerbehörde und eine europäische Finanzpolizei, die bei Steuerdelikten von internationalen Konzernen tätig werden kann. Zugleich muss das Bundeszentralamt für Steuern gestärkt und in die Lage versetzt werden, eigenständig Ermittlungen an sich zu ziehen.
  • Wir fordern eine Generalklausel (Missbrauchsklausel) in der Steuergesetzgebung, die Unternehmen unter Strafandrohung verbietet, organisatorische und buchhalterische Maßnahmen vorzunehmen mit dem Ziel
    • a) Gewinne nicht voll zu versteuern;
    • b) Steuern nicht an dem Ort zu zahlen, wo die Geschäftstätigkeit stattfindet;
    • c) Steuerrückzahlungen zu erlangen, obwohl keine entsprechenden Steuern gezahlt wurden oder
    • d) mehrfache Steuerrückzahlungen für den gleichen Tatbestand zu erlangen. Ähnliche Generalklauseln gibt es schon in einigen Doppelbesteuerungsabkommen und auch §42 der Abgabenordnung (Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten) weist in diese Richtung.
  • Wir fordern ein Unternehmensstrafrecht: Steuervergehen von Firmen müssen unabhängig von Nachweis der individuellen Schuld einzelner Manager*innen mit einem Bußgeld bis zum fünffachen Betrag der nicht gezahlten Steuer bestraft werden können. Anders als beim gewöhnlichen Strafrecht haben hohe Strafen beim Steuerstrafrecht eine klare Abschreckungswirkung, da die möglichen Strafzahlungen bereits bei der Planung der Steuervermeidung von den Beratungsfirmen mitkalkuliert werden.
  • Wir fordern, dass Manager*innen verpflichtet werden, Verstöße gegen das Steuerrecht aktiv zu verhindern (wie in Großbritannien bereits praktiziert). Danach machen sich Manager*innen danach strafbar, wenn sie nicht nachweisen können, dass sie alle notwendigen Maßnahmen ergriffen haben, um illegale Steuervermeidung zu verhindern. Firmen müssen für jeden Geschäftsbereich Verantwortliche im Management benennen. Diese Verantwortlichen haften dafür, dass in ihrem Bereich keine Steuervermeidungsaktivitäten stattfinden und sie müssen ausreichende Maßnahmen (Anweisungen, Schulungen usw.) nachweisen.
  • Wir fordern, dass die gleichen Regeln auch für Steuerberatungsfirmen gelten. Bei Verstößen können diesen auch die Lizenz entzogen werden.
  • Wir fordern, dass die Rückzahlung von Steuern nur auf Grundlage von Steuerbescheinigungen erfolgen darf.
  • Wir fordern, dass die Kapitalertragssteuer in den internatioalen Datenaustausch einbezogen wird. Staaten müssen sich gegenseitig automatisch über Steuerzahlungen von Großunternehmen nach europäischer Definition informieren. Dies gilt auch für Steuerrückzahlungen, so dass mehrfache Rückzahlungen festgestellt werden können.
  • Wir brauchen endlich das öffentliche Country-by-country-Reporting. Der aktuelle Fall hat wieder einmal deutlich gemacht, dass eine wirksame Kontrolle nicht allein durch die Finanzbehörden stattfindet und dass die Zivilgesellschaft eine entscheidende Rolle spielt, damit Verstöße öffentlich werden.