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Die globale Dimension der Krise – Demokratie im Gefüge der globalen Institutionen und die Struktur des Welthandelssystems

Mit den Protesten von Seattle und Genua wurde eine neue internationalistische Bewegung sichtbar, die seitdem die globalen Herrschaftsverhältnisse thematisiert und Alternativen einfordert.

Vor allem den multilateralen Institutionen wie IWF, Weltbank und WTO sowie der G8 als informellem Club der Reichen und Mächtigen sprechen wir die Legitimation ab, der Welt ihre grenzenlose Liberalisierung im Interesse der internationalen Konzerne aufzudrücken; die von ihnen vertretene Freihandelspolitik nimmt die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten, globale ökonomische Ungleichgewichte und die Zerstörung der Umwelt billigend in Kauf.

Die Politik dieser Institutionen hat wesentlich zum Entstehen der globalen Krise beigetragen. „Wir bestimmen die G20 zum obersten Forum unserer internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit“, heißt es im Abschlusskommuniqué. Damit hat die G20 in Pittsburgh die Rolle der G8 nun auch offiziell übernommen. Sie repräsentiert zwar die Interessen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer mit 85% der Weltwirtschaftsleistung und zwei Drittel der Weltbevölkerung lebt in diesen Ländern; jedoch bleiben 85% der Staaten weiterhin von diesem Club ausgeschlossen. Die G20 als erweiterten exklusiven Club zu einer Art Weltwirtschaftsregierung zu machen, haben wir bereits in vielen Stellungnahmen abgelehnt.

Notwendig ist in der augenblicklichen Situation eine Aufwertung der Vereinten Nationen, in der 192 Länder zur Lösung der Krise beitragen können.

Doch ist die UNO bei den bestehenden Machtverhältnissen ein geeignetes Instrument, bietet sie Spielräume um wichtige Veränderungen zu bewirken, ist sie zu demokratisieren? Wie bewerten wir die UNO und die anderen internationalen Institutionen?

Welche Auswirkung hat die Beantwortung dieser Fragen auf unsere Debatte um Alternativen der bestehenden Weltwirtschaftsordnung? Oder müssen zentrale globale Institutionen wie der IWF durch regionale Institutionen ersetzt werden? Was heißt das für unsere Forderung nach einer Finanztransaktionssteuer oder nach einer ICU (Internationale Clearing Union/Ausgleichsunion)? Mit welchen Projekten können wir gesellschaftliche Veränderung am besten erreichen? Diesen Fragen soll sich in dem Workshop zugewendet werden.

Roland Süß

Die ökologische Frage -- Emanzipatorische Forderungen zwischen Green New Deal und Wirtschaftsschrumpfung

Seit einigen Jahren steht die Krise der gesellschaftlichen Naturverhältnisse wieder höher auf der öffentlichen Agenda. Neben zahlreichen unterschiedlichen Projekten auf lokaler Ebene hatte Attac sich mit den Aktivitäten zum Thema Stromkonzerne in Form einer Kampagne und mit den McPlanet-Kongressen in diesem Feld direkt positioniert. Letztlich floss die ökologische Frage aber auch immer bei Schwerpunkten wie „Bahn für alle!“ oder zum beim WTO immer mit in die Auseinandersetzungen ein. Zur Zeit mobilisiert Attac für eine andere Klimapolitik beim UN-Klima-Gipfel in Kopenhagen.

Die wachsende Präsenz des Themas hat unterschiedliche Ursachen. Zum einen spitzen sich die Biokrise, d.h. die Kombination von Klimakatastrophe, Verlust von Biodiversität, Peak Oil etc., und die entsprechenden sozialen Auseinandersetzungen immer weiter zu. Zum zweiten erscheinen immer mehr Unternehmen Bereiche wie Umweltschutz, Energieeffizenz u.ä. ein lukrativer Markt zu werden.

Das Verhältnis von Ökologie und Ökonomie befindet sich in Bewegung. Als Konsequenz daraus entstehen neue Akteure und Debatten. Die immer besser organisierten indigenen Bewegungen in Lateinamerika sprechen, wie beim WSF im brasilianischen Belem, von der „Zivilisationskrise“, im Norden entstand eine Klimacampbewegung, kritische NGOs und soziale Bewegungen haben sich zum Netzwerk Climate Justice Now! zusammengeschlossen, um „Klimagerechtigkeit“ einzufordern.

Für Attac bieten sich verschiedene Bereiche zur Intervention an: Demokratische Gestaltung von Energiedienstleistungen und Ressourcen, d.h. (lokale) Energiedemokratie statt Privatisierung, die sozial-ökologische Konversion von Industrien(Auto etc.), die Auseinandersetzung um eine marktbasierte Bearbeitung der Klimakrise (vor allem Emissionshandel) und die makro-ökonomische Frage von Wachstumswahn oder stabiler Ökonomie.

Ziel des Workshops ist es eine Schwerpunktsetzung dieser Interventionsstrategien vorzunehmen und konkrete Verabredungen zu treffen.

Alexis Passadakis

„Die soziale Krise – Antworten auf Insolvenzen, Arbeitslosigkeit und Armut

Die Auswirkungen der Krise, die jetzt viele Menschen direkt betreffen ist ein rasanter Sozialabbau: Im Gesundheitswesen, in der Pflege, bei Menschen, die auf Arbeitslosengeld, Hartz IV und andere Transferleistungen angewiesen sind, aber auch direkter Arbeitsplatz- und Lohnabbau, oder weitere Leistungsverdichtung und Arbeitszeitverlängerung in den Betrieben (Quelle, Schlecker, Opel und viele mehr).

Ursächlich dafür ist weniger die Krise selbst, als vielmehr die Art und Weise der „Krisenbewältigung“ durch die Regierenden: Bankenrettung auf Kosten der Allgemeinheit, Steuersenkungen für die Reichen, Gebührenerhöhungen für die Allgemeinheit, womit die existentiell schwach Gestellten die Geschenke für die Begüterten zu zahlen haben; eine gesetzlich vorgeschriebene Privatisierung der Pflegeversicherung entlastet nicht nur die Arbeitgeber, sondern bringt den Versicherungsgiganten Kapital, das erneut die Finanzmärkte aufbläht.

Mehr als 1 Milliarde Menschen hungern täglich, womit deutlich wird, wir stehen vor einem globalen Problem, das von attac, als Netz globalisierungskritischer Menschen und Gruppen angegangen werden muss.

Woher soll der Widerstand gegen die Abwälzung der Krisenlasten kommen, woher die Energie für die Ausrichtung einer anderen Welt, wenn nicht gemeinsam von denen, die die Behauptung der Alternativlosigkeit längst durchschauten und denjenigen, die unmittelbar unter Krise und Kapitalismus zu leiden haben?

Aber noch HERRSCHT RUHE im Land.

Was liegt in unseren Möglichkeiten, welches Vorgehen könnte einen Beitrag leisten, Resignation und Alternativlosigkeit in Frage zu stellen?

Es gibt Übereinstimmung, eine gerechte Verteilung von gesellschaftlich erarbeitetem Reichtum, Arbeit, Lebenschancen und gesellschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten einfordern.

Es gibt Übereinstimmung, in der Forderung „die Profiteure sollen zahlen“.

Aber dann beginnen Differenzen:

Bedingungsloses Grundeinkommen oder eine einkommensabhängige Grundsicherung?

Repressionsfreiheit für Transferzahlungen, oder Leistungsvoraussetzungen?

Kapitalistischer Wachstumszwang oder ökologische Verträglichkeitsausrichtung?

Wenn kein Wachstum – wie wäre zu gesellschaftlichen Entscheidungen zu kommen? Welche Produkte wie produziert werden sollen?

Wie wäre zu Lebens- und Arbeitsweisen zu gelangen, die jedem ein erfüllendes Leben ermöglichen?

Auch fehlt noch ein Konsens, ob attac Betriebsübernahmen der Belegschaften fordern will, wenn oder bevor Betriebe pleite sind.

Zum Eingreifen gehören Vorstellungen und Überzeugungen, wohin die Reise gehen soll.

Ist der Kapitalismus ökologisch und sozial zu verbessern / transformieren – oder braucht es eine Transformation in eine Gesellschaftsform, die den Kapitalismus überwindet, um menschenwürdige Verhältnisse erfolgreich anzustreben?

Bestehen dazu auch unterschiedliche Einschätzungen, wie sind trotz unterschiedlicher Zielvorstellungen erste Schritte aus den katastrophalen Verhältnissen gemeinsam zu gehen?

Im Workshop wollen wir uns über diese Fragen verständigen, und unsere Eingriffsmöglichkeiten ausloten, beraten und planen.

Stephan Krull und Brigitte Oehrlein

Angriffe auf die öffentliche Daseinsvorsorge – was tun?

 Die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge ist seit ca. 20 Jahren integraler Bestandteil des Neoliberalismus und die Bilanz ist vernichtend. Alles ist gestiegen: die Staatsverschuldung, die Arbeitslosigkeit, die Preise für Energie, Wasser etc. Trotz der neoliberalen Mantra, der Staat solle sich zurückziehen, der Markt könne alles besser, gehörte die Haftung des Staates dennoch permanent zur neoliberalen Praxis.

Zeichnete sich die 1.Phase der Privatisierung durch den Totalverkauf von Staatsunternehmen aus, so findet nun eine 2.Phase statt:

Offiziell wird gar nicht verkauft, es wir eine Partnerschaft zwischen Privaten und öffentlichen Hand eingegangen, genannt PPP/ÖPP, die den Konzernen und Banken eine 30jährige Pfründe sichert, während die öffentliche Hand zahlt und zahlt und zahlt.

Als Totschlagargument und Einfallstor der Privaten dient die durch Rot-Grün begonnene Verarmung der Kommunen auf die nun mit der Verankerung der Schuldenbremse im GG reagiert wurde.

Elementare Bereiche unserer Lebensgrundlage wie Bildung, Gesundheit, Energie, Wasser, Straßenbau bis hin zu Gefängnissen und Friedhöfen werden so zu Finanzprodukten und somit der demokratischen Kontrolle entzogen, was zu einer weiteren Entsolidarisierung in unserer Gesellschaft führt.

Wer das nicht möchte und für eine solidarische Gesellschaft sowie einem Leben in Würde für alle eintritt, muss sich diesem Ausverkauf unseres Gemeineigentums entgegenstellen, schon Verkauftes zu rekommunalisieren versuchen und gleichzeitig solidarische Projekte auf kommunaler Ebene beginnen.

In dem Workshop soll vor allem über das Wie und über die möglichen Alternativen diskutiert werden, die wir in die Öffentlichkeit tragen können.

Dorothea Härlin

Finanzmärkte -- Die neue Finanzmarktarchitektur, das Window of Opportunity und die Realität

Die „große Krise“ hat die Lage der Staatsfinanzen drastisch verschlechtert: In Deutschland wird das Budgetdefizit 2010 zumindest 5% des BIP erreichen, im Euroraum mehr als 6% und in Großbritannien sogar 13%.

Die in der Finanzkrise ungeheuer angewachsene Staatsverschuldung in den USA, Großbritannien und in den Ländern der Euro-Zone wird ohne massive Gegenwehr der breiten Bevölkerung aufgebürdet werden, während die Profiteure auf den Finanzmärkten sich ins Fäustchen lachen. Die Kosten der Krise von ungefähr 3,5 Billion en US-Dollar möchten die Profiteure sehr gerne auf uns alle abwälzen, während sie weiter ihre unverschämt hohen Gewinne einsacken. Das darf ihnen nicht gelingen. Sonst wirkt das Totschlagargument, der Staat habe kein Geld und müsse deshalb verstärkt auf Privatisierung des Sozialen und öffentlicher Güter setzen, sowie Einsparungen zu Lasten von Beschäftigten und TransferempfängerInnen vornehmen. Viele Journalist/Innen sind seit dem Regierungswechsel schon auf dem Trip.

Der Attac-Slogan: Wir zahlen nicht für eure Krise, die Zocker sollen zahlen und der Beschluss des Ratschlags am 12.10.2008 in Düsseldorf weisen in eine ganz andere Richtung.

In diesem Workshop wollen wir uns die Entwicklung seit dem Ratschlag in Düsseldorf vergegenwärtigen und vor dieser Folie die entwickelten Forderungen von Attac überprüfen.

Detlev von Larcher