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Finanzantrag zum Kapitalismus-Kongress

Auf dem Herbstratschlag 2007 in Gladbeck haben wir gemeinsam beschlossen, Anfang 2009 einen großen Kongress zur Analyse der aktuellen Verfassung des Kapitalismus zu veranstalten.

Schon in Gladbeck stellten wir fest: Globalisierungskritik ist mehrheitsfähig geworden. Das heißt aber nicht, dass überall klare Vorstellungen über Ursachen, Struktur und Dynamik der Globalisierung bestünden. Oft handelt es sich um die Wahrnehmung von individuell spürbaren Symptomen wie Sozialabbau, Einkommensverluste und Zukunftsangst. In dieser Diffusität liegt auch das Risiko politischer Instrumentalisierung – nicht zuletzt von rechts. Wie immer man die Rede von der „Linksentwicklung“ beurteilt – Tatsache ist, dass es eine größere Offenheit in der Gesellschaft für Gesellschaftskritik gibt. Dies zu nutzen ist das politische Hauptziel des Kongresses. Es gilt, das Tabu zu brechen, das im politischen Mainstream noch immer für die Kapitalismuskritik gilt. Doch wenn wir auch weiterhin die diskursiven Kräfteverhältnisse beeinflussen wollen, können wir nicht bei einmal gewonnenen Positionen stehen bleiben.

Seit Gladbeck haben sich verschiedene Krisenprozesse zugespitzt. An den Finanzmärkten – das Herzstück des neoliberalen Wirtschaftsystems – erleben wir derzeit die schlimmste Krise seit der großen Depression. Zuletzt haben mit den Investementbanken die früheren Champions der Wall Street einfach aufgehört zu existieren. Zur Finanzmarktkrise gesellen sie die Befürchtung einer weltweiten Rezession, die Rohstoff- und Ernährungskrise, die Umweltkrise sowie die Auseinandersetzung um die Gefahr eines neuen Kalten Krieges.

In dieser Situation gewinnt der Attac-Kapitalismuskongress an strategischer Bedeutung!

Der krisenhafte Charakter der bestehenden Verhältnisse wird eine wesentliche Fragestellung auf dem Kongress sein. Es ist an der Zeit, diese Krisenhaftigkeit in ihrem Zusammenhang zu thematisieren, ihre systemischen Ursachen auf die Tagesordnung zu setzen. Was ist das für ein Gesellschaftssystem, das auf Ausbeutung von Menschen und Natur beruht? Was ist das für ein Wirtschaftsystem, das immer mehr Menschen in Armut stürzt? Was ist das für eine internationale Ordnung, die von imperialer Großmachtpolitik und Gewaltanwendung beherrscht wird? Sind nicht das Wissen, die Technologien und die materiellen Ressourcen der Menschheit heute so weit, dass eine andere Organisation der Gesellschaft möglich ist? In was für einer Welt wollen wir leben? Gibt es nicht Konzepte für solidarisches, umweltgerechtes und friedfertiges Zusammenleben aller Menschen? Wie können sie umgesetzt werden?

Die Kritik am Kapitalismus soll in der Vielfalt dargestellt und diskutiert werden, in der sie in der globalisierungskritischen Bewegung auch vorkommt: von Positionen, die sich auf die christliche Soziallehre berufen und z.B. in den Sozialausschüssen der CDU verortet sind, über Lebenswelt-Konzepte wie sie von Ulrich Beck oder Jürgen Habermas vertreten werden, über Ansätze politischer Ökologie bis hin zu (neo)marxistischen Theorien.

Darüber hinaus soll auch der Diskussion von Alternativen zur bestehenden kapitalistischen Wirtschaftordnung großer Raum eingeräumt werden. Was wollen wir eigentlich ändern? Wollen wir einen anderen, besseren Kapitalismus? Welche Rolle sollen der Markt, welche Rolle staatliche Rahmenplanung, welche Rolle basisnahe Entscheidungen (Stichwort: Rekommunalisierung) spielen? Wollen wir das skandinavische Modell, ohne Hartz IV, gerechter und ohne soziale Unsicherheit? Vielleicht noch ökologisch nachhaltig? Oder wollen wir den Kapitalismus abschaffen? Wenn ja, was soll da abgeschafft werden – ein Wirtschaftssystem oder das Ensemble aller gesellschaftlichen Verhältnisse -und was an seine Stelle treten? All diese Fragen wollen wir breit am letzten Tag des Kongresses diskutieren.

Der Kongress ist im nächsten Jahr für Attac eine der wenigen Möglichkeiten, als eigenständiger Akteur – jenseits von breiten Bündniskonstellationen – sichtbar zu werden. Er bietet uns die Chance, kurz vor der Bundestagswahl noch einmal stark in den gesellschaftspolitischen Diskurs zu intervenieren. Gleichzeitig können wir mit dem Kongress die inhaltliche Position und das Profil von Attac weiterentwickeln und neue Gesellschaftsschichten für Kapitalismuskritik und Attac gewinnen.

Aktueller Stand der Vorbereitungen

(Vorbereitungsgruppe: Stephan Schilling, Sabine Leidig, Peter Wahl, Detlev von Larcher, Gerd Siebecke, Sven Giegold, Doreen Heide, Marlene Werfel, Chris Methmann, Roland Süß, Markus Baumgartner, Sebastian Neumann.

Die Vorbereitungsgruppe hat in den letzten Monaten intensiv die inhaltliche Vorbereitung und Programmplanung fortgesetzt, so dass inzwischen ein detailliertes Konzept der meisten geplanten Foren vorliegt (s.u.). Einzelne Bausteine des Forenprogramms werden in nächster Zeit noch ergänzt werden. Außerdem steht noch die Organisation der Workshops an. Die Planungen sind also noch nicht ganz abgeschlossen und insbesondere die Umsetzung braucht noch Unterstützung. Bei den unter den Foren stehenden ReferentInnen handelt es sich um die gewünschte Besetzung der Podien. Die ReferentInnen sind also bisher mit dem Status „angefragt“ versehen und es kann noch zu Änderungen kommen.

Themenschwerpunkte und vorläufige Forenzusammenstellung:

Themenstrang 1:

Die neue Qualität des ökonomischen Kerns

Hier gilt es herauszufinden, was die bestimmenden Merkmale des neuen globalisierten Kapitalismus sind. Ist er als Finanzmarktkapitalismus richtig beschrieben? Oder als Wissenskapitalismus? Oder als chinesischer Kapitalismus? Welche Implikationen haben diese unterschiedlichen Interpretationsansätze für die Kritik am Kapitalismus und den Kampf für progressive Alternativen?

Forum 1

Finanzmärkte fressen Realwirtschaft auf

In diesem Forum soll die These vom Finanzmarktkapitalismus als gegenwärtiger Entwicklungsstufe des Kapitalismus noch einmal analysiert werden. Haben die Finanzmärkte wirklich die Oberhand über die Realwirtschaft gewonnen? Oder ist das, was heute als Shareholder-Value-Streben kritisiert wird nicht die ganz normale Profitmaximierung im Kapitalismus? Stimmt die These vom vagabundierenden Kapital, das keine nachhaltigen Investitionsmöglichkeiten mehr findet?

ReferentInnen (angefragt): Huffschmidt, Bofinger, Birgit Mahnkopf

Forum 2

Gemeinsames Forum mit Themenstrang 7 „Neuordnung des globalen Raumes“: Integration in den globalen Kapitalismus – Fluch oder Segen für Entwicklung

Die Integration neuer Räume in den globalen Kapitalismus war und ist eines der kennzeichnenden Phänomene des letzten Jahrzehnts. In diesem Forum soll diskutiert werden, ob diese Integration für die Entwicklung dieser Räume Fluch oder Segen ist? Wie verändert die Integration der Schwellenländer in den globalen Kapitalismus denselben? Wie wirkt sich der zunehmende Welthandel auf die Entwicklung von Schwellen- und sog. Entwicklungsländern aus?

ReferentInnen (angefragt): Dani Rodrik (Havard-Ökonom) oder De Soto (Entwicklungsökonom), Walden Bello, Karin Küblböck, Cornelia Staritz

Themenstrang 2:

Kapitalismus und Ökologie

Im Zuge der Debatte über die drohende Klimakatastrophe kommt die Frage auf: Kann der Kapitalismus die ökologische Krise überwinden? Oder ist er aufgrund seiner unbedingten Abhängigkeit von fossilen und anderen Rohstoffen an ein „Ende“ (E. Altvater) gelangt? Wird der fossile Kapitalismus, der „bisher jede Opposition in Innovation verwandelt hat“ (R. Fücks) ein grüner Kapitalismus? Oder entzieht die soziale Spaltung durch kapitalistische Globalisierung dem weltweiten Klima- und Umweltschutz die materielle Basis? Sind Wachstumsgrenzen, ökologische Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit mit dem globalisierten Kapitalismus überhaupt vereinbar?

Forum 1

Globale Ressourcen: Die neue Knappheit – sind ökologische Krise und globalisierter Kapitalismus vereinbar?

Täglicher Ölpreisrekord, Nahrungsmittelkrise, Übernahmeschlachten im Bergbausektor – der lang angekündigte Kampf um die letzten Ressourcen ist im Alltag angekommen. Während in China und Indien die Wirtschaft brummt, rückt am persischen Golf das Ende des Öls in Sicht. Gleichzeitig stößt die Abfall-Kapazität der Biosphäre immer mehr an ihre Grenzen – durch nichts wird dies deutlicher als durch die Klimakrise. Ist der globale Kapitalismus aufgrund seiner unbedingten Abhängigkeit von fossilen und anderen Rohstoffen nun tatsächlich an ein „Ende“ (E. Altvater) gelangt? Oder verstärkt der Druck auf die Ressourcen nicht nur die Selbstheilungskräfte des erfolgreichsten Wirtschaftssystems, das es je gab. Vielleicht wird der fossile Kapitalismus, der „bisher jede Opposition in Innovation verwandelt hat“ (R. Fücks), ja auch ein grüner Kapitalismus? Vielleicht gibt es technische Optionen zur Überwindung der Knappheit? Oder ist die gegenwärtige Tendenz – Stichwort: Finanzmarktkapitalismus – überhaupt mit der Logik der Nachhaltigkeit vereinbar? Können Finanzmärkte langfristig denken? Aber auch wenn es technisch möglich wäre, die neue Knappheit zu besiegen: Ökologische Gerechtigkeit bedeutet mehr. Kann die Logik des globalisierten Kapitalismus, sei er auch noch so grün, ein Recht auf gleiche Teilhabe am Naturverbrauch gewährleisten? Kann er dafür sorgen, dass einem jeden Menschen die gleiche intakte Umwelt zusteht? Und falls ja: Wie ist das mit unserem Lebensstil hier vereinbar?

ReferentInnen (angefragt): Elmar Altvater (Attac, wiss. Beirat), Ralf Fücks (Heinrich-Böll-Stiftung),Meena Raman (Friends of the Earth Malaysia)

Forum 2

Wachstum und Wohlstand: Grenzen des Wachstums oder Wachstum der Grenzen?

Schon in den 70er Jahren warnte der Club of Rome vor den Grenzen des Wachstums. Seitdem hat der sich globalisierende Kapitalismus sie unablässig ausgedehnt und überschritten. Mit der zunehmenden ökologischen Krise stellt sich die Frage, ob dieses Wachstum der Grenzen noch lange durchzuhalten ist. Spätestens mit dem New-Economy-Boom machte sich die Hoffnung breit, nun könnte man endlich die De-Materialisierung der Wirtschaft vorantreiben. Das Wort von der „Entkopplung“ machte Runde: Ist es möglich, Wachstum und Naturverbrauch voneinander zu entkoppeln? Diese Frage hat viele Facetten. Einmal: Ist es technisch (=Effizienz) oder gesellschaftlich (=Suffizienz) überhaupt möglich? Zweitens: Geht das mit dem Kapitalismus? Kann er ohne Wachstum überleben? Und drittens: Wie steht es mit der sozialen Frage? Der historische Klassenkompromiss im Norden beruht auf der Verteilung von Wachstumsgewinnen. Brauchen wir Wachstum zur Armutsbekämpfung? Oder kommt es vielmehr auf die „Entkopplung von Wachstum und Armut“ (R. Smeraldi) an? Fängt eine solche Debatte also vielleicht am falschen Ende an? Bietet die Befreiung vom Wachstumszwang vielleicht die Option für ein schöneres Leben? Brauchen wir als Gesellschaft überhaupt Wachstum? Oder wäre uns gedient mit einem qualitativen Wachstum?

ReferentInnen (angefragt): Andrew Simms (New Economics Foundation), Dennis Meadows (Club of Rome), Bruno Kern (Inititiative Ökosozialismus)

Forum 3

Re-Regulierung: Grüner Neoliberalismus - Die eigene Mutter verkaufen?

Alle wollen Klimaschutz. McKinsey wirbt für den Handel mit Emissionsrechten. Finanzmarktakteure bieten Wetten auf Klimakatastrophen an und wollen so das Klima-Risiko minimieren. Das Carbon Disclosure Project durchleuchtet Unternehmen auf ihre Klimafreundlichkeit und will so zum grünen Zeiger der Finanzmärkte werden; und in der NGO-Community macht sich die Erkenntnis breit, dass die Rettung der Welt offenbar nur mit und nicht gegen die globale Wirtschaft zu erreichen ist. Ein solcher Konsens macht misstrauisch. Ist der Emissionshandel doch nur die „Band auf der Titanic“ oder gar eine fiese Privatisierung des Himmels, mit der für Konzerne noch mehr Geld zu scheffeln ist? Oder allgemeiner: Ist das „größte Marktversagen aller Zeiten“ am besten zu bekämpfen mit noch mehr Markt? Kann die Integration der Klimapolitik in die herrschende Marktgläubigkeit wirklich die Atmosphäre retten? Oder ist jetzt einfach mal ein wenig Pragmatismus gefragt?

ReferentInnen: ?

Themenstrang 3:

Ungleichheit und soziale Rechte im globalisierten Kapitalismus

Die zunehmende Ungleichheit der Verteilung von Vermögen und Einkommen, die fortschreitende Prekarisierung, das Problem globaler Armut und Arbeitslosigkeit sind oft beschriebene Entwicklungstendenzen des globalisierten Kapitalismus. Doch welches sind die Triebkräfte dafür? Ist sinkender Wohlstand für die große Mehrheit der Bevölkerung systembedingt, oder herbeigeführt durch eine beliebige Politik des Sozialabbaus? Was ist der gesellschaftliche und ökologische Preis für steigende Profite? Diskutiert werden soll also das Verhältnis von Reichtum und Armut im heutigen Kapitalismus.

Forum 1

Auswirkungen des Finanzmarktkapitalismus auf Verteilung, Arbeit und Sozialsystem / Deutschland, EU, global

Die von immer mehr Menschen erfahrene ungleiche Verteilung von Einkommen und Eigentum sowie von sozialer Sicherheit und Bildungschancen ist als Konsequenz des entfesselten Kapitalismus zu erklären, bestimmt durch globale Finanzmärkte und auch durch neue Formen von globaler Zirkulation und Akkumulation. Wie ist der Zusammenhang zwischen globalem Finanzmarktkapitalismus und sinkendem Wohlstand für die Mehrheit der Bevölkerung? Auch die Ungleichheit der Verteilung von Arbeit nimmt zu. Trotz steigender Produktivität werden die absoluten Arbeitszeiten stetig verlängert, die Löhne sinken und die Zahl der Erwerbslosen und Prekarisierten steigt. Wo besteht der Zusammenhang zwischen dieser Entwicklung und dem globalen Kapitalismus? Wo also liegen in Deutschland, auf europäischer und auf globaler Ebene die systemischen Ursachen für die Produktion sozialer Ungleichheit?

ReferentInnen (angefragt): Stefan Hradil (Uni Mainz), Christoph Butterwegge (Uni Köln), Jayathi Gosh (Uni Neu Delhi), Sabine Reiner (Ver.di)

Forum 2

Vom rheinischen Kapitalismus zum skandinavischen Modell (Welche Unterschiede gibt es in der nationalen Implementierung / Ausprägung des Finanzmarktkapitalismus in Bezug auf Arbeit, Verteilung, Sozialsysteme?)

Auch der Finanzmarktkapitalismus zeigt in seinen lokalen Ausprägungen sehr verschiedene Gesichter. In diesem Forum soll diskutiert werden, wie und warum es einigen Ländern anscheiend gelingt, ihre sozialen Errungenschaften gegen den Shareholder-Value zu verteidigen. Lassen sich daraus Lehren auch für andere Länder ziehen? Oder trügt der Schein: ist auch der skandinavische Wohlfahrtsstaat am Ende?

ReferentInnen (angefragt): Cornelia Heintze (Leipzig), Immanuel Wallerstein (Paris), Michael Brie (Rosa Luxemburg Stiftung), Thomas Seibert (medico international)

Forum 3

Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Steuerungsmöglichkeiten in Zeiten der Globalisierung

Staatliche Regulierung erscheint nach wie vor als ein Instrument zur Sicherung sozialer Rechte. Aber welche Handlungsmöglichkeiten haben Nationalstaaten überhaupt, um den Folgen des globalen Kapitalismus entgegenzuwirken? Stimmt die These vom Ende des Nationalstaats in der Globalisierung? Oder ist dies bloß eine bequeme Ausrede?

ReferentInnen (angefragt): Michael Krätke (Uni Amsterdam), Michael Zürn (Hertie Stiftung), Saskia Sassen (Columbia University N.Y.)

Themenstrang 4:

Kultur und Medien im globalisierten Kapitalismus

Globalisierung wird überwiegend in ökonomischen Kategorien wahrgenommen und diskutiert. Wie alle bedeutenden gesellschaftlichen Umbrüche hat sie jedoch enorm wichtige kulturelle Dimensionen. Zu drei Themenfeldern soll gearbeitet werden: Das Eigene und das Fremde / Autonomie und Fremdbestimmung - Subjekt im Kapitalismus / Massenmedien, Herrschaft und Emanzipation im Kapitalismus.

Forum 1

Das Eigene und das Fremde

Die Globalsierung meint nicht nur die Zunahme von Handels- und Finanzströmen, sondern auch die Verbreitung von Kulturen und Lebensentwürfen. Dieser Prozess birgt nicht weniger Konfliktstoff als die ökonomische Globalisierung. Der Prozess kultureller Uniformierung bricht sich an der starken Identität vieler Kulturen und droht einen Kampf der Kulturen heraufzubeschwören. Der Erhalt kultureller Vielfalt ist zugleich durchaus ambivalent zwischen rückwärtsgewandter Brauchtumspflege und emanzipatorischer Entfaltung kultureller Vitalität zu betrachten: wollen wir zur Rettung des Gartenzwergs eilen?

ReferentInnen (angefragt): Feridun Zaimoglu (Autor), Christine Merkel (Geschäftsführerin der deutschen UNESCO-Kommission), Bernd Wagner (Kulturwissenschaftler, Kulturpolitische Gesellschaft), Wolfgang Fritz Haug (Herausgeber von Das Argument)

Forum 2

Das Sein bestimmt das Bewusstsein

Autonomie und Fremdbestimmung - Subjekt im Kapitalismus

Der Neoliberalismus stützt sich auf das Menschenbild des flexiblen Menschen. Wie wirkt sich die neoliberale Arbeitswelt, Prekariat und Exklusion jedoch auf die Persönlichkeit aus? Welche Fassaden der Individualität bringen die Zumutungen des globalen Kapitalismus hervor und gibt es eine Alternativkultur?

ReferentInnen (angefragt): Richard Sennett (Soziologe), Christina Kaindl (Mitherausgeberin von Das Argument), Hansi Urban (Mitgl. D. geschäftsführenden Vorstands der IG-Metall), Werner Seppmann (Engels Gesellschaft)

Forum 3

Alles nur Manipulation? Massenmedien, Herrschaft und Emanzipation im Kapitalismus

Hier ist die Frage zentral, welche Rolle die Massenmedien in der parlamentarischen Demokratie spielen. Ist alles nur Manipulation? Wieviel Ökonomie steckt in der Hegemonie der audio-visuellen Industrie? Gibt es ein emanzipatorisches Potenzial der Massenmedien?

ReferentInnen (angefragt): Georg Seeßlen (Film- und Fernsehkritiker), Bernard Cassen (Geschäftsführer a.D. von Le Monde Diplomatique), Ignacio Ramonet, Walter van Rossum (Journalist, Autor ), Christian Fuchs (Medienwissenschaftler, Uni Salzburg)

Themenstrang 5:

Demokratie im globalisierten Kapitalismus

Das neoliberale Projekt scheint die Tendenz zur Destabilisierung der parlamentarischen Demokratie in sich zu tragen. Es soll untersucht werden, auf welchen Wegen die Finanzmarktakteure und transnationale Konzerne die Spielräume für demokratische Entscheidungen einengen. Welche Rolle spielen Ansätze von Global Governance oder globaler Steuerung? Wie ist das Verhältnis zwischen nationalstaatlicher Souveränität und multilateralen Institutionen wie G8, WTO und IWF? Welche Bedeutung kommt sozialen Bewegungen national und international zu?

Forum 1

Globaler Kapitalismus, Demokratie und Krise der Repräsentation

Im Zentrum steht die Frage, welche Auswirkungen der globale Kapitalismus auf die parlamentarische Demokratie hat. In welchem Verhältnis steht das Demokratiedefizit der EU zum globalen Kapitalismus? Oder fördert die Globalisierung sogar die Ausbreitung der Demokratie (z.B. China)? Welche Rolle spielt die Globalisierung als Katalysator zur Herausbildung einer Gegenmacht?

ReferentInnen (angefragt): David Held (London School of Economics), Claus Offe (Uni Bremen), Urs Marti (Uni Zürich), Alex Demirovic (Humboldt Uni Berlin), Heide Gerstenberger

Forum 2

Zwischen Basisdemokratie und Weltstaat – demokratische Antworten auf die Globalisierung

Auf diesem Podium soll auf verschiedenen Ebenen über demokratische Antworten auf den globalen Kapitalismus diskutiert werden. Was leisten auf globaler Ebene Ideen wie Transnationale Demokratie, Global Governance oder Weltstaat? Wo liegen die Grenzen und Möglichkeiten neuer Konzepte zur Erneuerung der Demokratie wie deliberative Demokratie, partizipative Demokratie und Basisdemokratie? Mit welchen Modellen kann eine Demokratisierung der Wirtschaft vorangebracht werden, z.B. Wirtschaftsdemokratie, Mitbestimmung, Stakeholder-Beteiligung und Solidarische Ökonomie?

ReferentInnen (angefragt): Franz Nuscheler (Uni Duisburg, Stiftung Entwicklung und Frieden), Bettina Lösch (Uni Köln), Michel Coutrot (Uni Paris), Otfried Höffe (Uni Freiburg)

Themenstrang 6:

Politische Ökonomie von Krieg und Frieden

Gibt es einen neuen Typus des ökonomisierten und privatisierten Krieges? Inwieweit fördert die asymmetrische Integration in den Weltmarkt ethnische Konflikte und internationalen Terrorismus? Was bringen humanitäre Interventionen und wie kann eine Kriegsregion nachhaltig befriedet werden? Welche internationalen Organisationen können nach Auflösung der Bipolarität des Kalten Krieges einen neuen weltpolitischen Ordnungsrahmen bieten und der Verbreitung von Nuklear- und Kleinwaffen Einhalt gebieten?

Forum 1

Gibt es einen neuen Typus des ökonomisierten Krieges und welchen strukturellen Zusammenhang zu Globalisierung/Kapitalismus zeigt dieser?

(die materielle Dimension)

asymmetrische Kriege - Privatisierung der Kriegswirtschaft - Krieg um Rohstoffe – Klimakriege

Gibt es eine neue Dimension der Ökonomisierung des Krieges und welchen Stellenwert hat diese im weltweiten Kriegsgeschehen? Inwieweit sind informelle Kriegsökonomien und die durch Staatszerfall begleitete Privatisierung und Lokalisierung in globalisierte Zusammenhänge eingebunden? Was sind Kriterien für nachhaltigen Frieden und liefern Gewaltökonomien in „Friedenszeiten“ (informelle Märkte, gewaltsame Aneignungen, Korruption, Abwesenheit staatlicher Ordnungsprinzipien) Indizien für kriegsgefährdete Regionen als auch für „versteckte“ Kriege?

ReferentInnen (angefragt): Johan Galtung, Mary Kaldor, Peter Lock

Forum 2

Humanitäre Interventionen und Terrorismus – die neueren Ausprägungen internationaler „Kriegsführung“

(die kulturelle Dimension)

Antiterrorbekämpfung – humanitäre Interventionen – Sicherung kultureller Vorherrschaft

Ist der sog. Krieg gegen den Terror eigentlich ein kultureller Machtkampf oder ein versteckter Ressourcenkrieg? Ist der Krieg gegen den Terror überhaupt noch mit Mitteln militärischer Ordnungsmacht zu gewinnen? Wie wirkt die asymmetrische Integration in den globalen Markt und die Angst vor kultureller Überformung auf die Entstehung von internationalem Terrorismus? Die Rekonstruktion von Zivilgesellschaft als repräsentative Demokratie und effektive Marktwirtschaft und die Einpassung in eine neoliberale globale Wirtschaftsordnung wird in Nachkriegsregionen gern am westlichen Modell orientiert. Verbirgt sich dahinter wieder ein kulturelles Dominanzstreben des Westens, und ist diese Homogenisierung wünschenswert?

ReferentInnen (angefragt): Mark Duffield, Herfried Münkler, Regina Heller

Forum 3

Neue globale Weltordnung

(die politische Dimension)

Sicherheitspolitik in der neuen Multipolarität – politische Antworten auf Krisen und Konflikte

Welche Vor- und Nachteile zeigt die neue Multipolarität in der globalen Weltordnung gegenüber der alten Supermächtekonstellation? Sind internationale Organisationen (UNO, NATO u.a.) geeignet, einen Ordnungsrahmen in der staatlichen Multipolarität zu bieten, oder sollte das Prinzip der Nichteinmischung gelten? Kann Staatlichkeit durch internationale Arrangements ersetzt werden, um menschliche Sicherheit auch ohne zwingende Nationalstaatlichkeit zu erreichen? Diese Staatlichkeit muss optimalerweise durch international kooperierende Institutionen ergänzt werden. Welche internationalen Organisationen können den neuen Ordnungsrahmen bieten? Kann Staatlichkeit durch internationale Arrangements ersetzt werden? Braucht Europa eine einheitliche Außen- und Sicherheitspolitik? Braucht das neue Sicherheitsrisiko Klimawandel eine global koordinierte Antwort? Ist der Atomwaffensperrvertrag noch ein zeitgemäßes Mittel zur Abrüstung und gegen die Bedrohungen der Zukunft?

ReferentInnen (angefragt): Joscha Schmierer, Otfried Nassauer, Gunilla Herolf

Themenstrang 7:

Neustrukturierung des globalen Raumes

Die Aufteilung der Welt im globalisierten Kapitalismus ist nicht erst das Projekt jüngerer Geschichte. „Integration“ in den weltweiten Verwertungsprozess folgte schon lange ökonomischen Interessen (Sklavenhandel, Kolonialisierung, Verschuldungsfalle). Jedoch zunehmend verläuft die Wohlstandsachse nicht mehr entlang des klassischen Nord-Süd-Gefälles. Gerade in den sog. Entwicklungsländern entstehen boomende Megacities, die mit ihrem wirtschaftlichen und flächenmäßigen Wachstum die Zentren der Alten Welt hinter sich lassen. Staaten wie China oder Indien schwingen sich zu neuen Weltmächten auf und entwickeln sich zu neuen Trendsettern. Andere Regionen dagegen kommen seit Jahrzehnten nicht voran, sondern versinken zunehmend in Armut, trotz oder gerade wegen reichhaltigen Rohstoffvorkommens.

Forum 1

Innerstaatliche / regionale Verschiebungen: Megacities, Landflucht und transnationale Eliten

Wie unterscheidet sich die Stadt-Land-Verschiebung in Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern? Was sind die Strategien der Marginalisierten und lassen sich da Gemeinsamkeiten erkennen? Wie tragen die Globalisierung, insbesondere durch die Strukturanpassungsprogramme, und insbesondere die Spezifität der Arbeitsmärkte zu dieser Entwicklung bei? Welche neuen Subjektidentitäten bilden sich in den Megacities heraus? (transnationale Eliten, traditionsbewusste Mittelschichten etc.) Entwickeln sich in den neuen Megacities Zentren der Macht, oder findet lediglich eine Akkumulation von Armut statt? Welche Entwicklung ist für die Zukunft zu erwarten? Kann die Urbanisierung umgedreht und Zentren in ländlichen Gebieten geschaffen werden?

ReferentInnen (angefragt): Hartmut Häußermann, Saskia Sassen, Rolf Jordan

Forum 2

Transnationale Migration

Die wachsende transnationale Migration ist eine unmittelbare Folge der Globalisierung. Gleichzeitig werden die Immigrationsbedingungen in den Industriestaaten immer restriktiver. Grenzschließungen und Einreisebestimmungen dienen dabei als eine der letzten Festungen nationalstaatlicher Souveränität. Dabei geht es nicht nur um den Schutz vor sog. Elendsflüchtlingen, sondern neuerdings auch vor Terroristen und anderen Kriminellen. Welche Auswahlmechanismen für ImmigrantInnen sollen zum Tragen kommen, oder wollen wir die Grenzen komplett öffnen? Könnte eine freie Migration dazu dienen, die weltweiten Lohnkostenunterschiede – eine enorme Triebkraft der globalisierten Wirtschaft – auszugleichen und damit den Wohlstand für alle zu erhöhen? Und wie würde sich dies auf die kulturellen Identitäten auswirken?

ReferentInnen (angefragt): Saskia Sassen, Christoph Butterwege

Forum 3

Emerging markets auf der einen, krisengeplagte Supermächte auf der anderen Seite

Wie verändert das Aufkommen der BRICH-Staaten (Brasilien, Indien, China) die politischen und ökonomischen Kräfteverhältnisse der Welt? Führt der asiatische Boom zum Niedergang der Dominanz des Westens? Führen die Billiglohnexportfabriken zur Entindustrialisierung des Nordens? Die EU hat sich vor allem für die neuen aufstrebenden Staaten und ihre Märkte wie China, Indien und Brasilien eine neue Außenwirtschaftsstrategie „Global Europe“ geschaffen. Welche Interessen werden mit ihr verfolgt? Welche Rolle spielen die multinationalen Konzerne? Verstärkt der Aufstieg einzelner Mächte die Stagnation des Restes der Entwicklungsländer, oder können diese von der neuen Geographie der Macht auch profitieren?

ReferentInnen (angefragt): Giovanni Arrighi, Ralf Fücks, Herfried Münkler

Themenstrang 8:

Kommodifizierungsprozesse

Ein wichtiger Wesenszug des heutigen Kapitalismus ist die Vermarktung immer neuer Lebensbereiche. Dazu zählt die zunehmende Patentierung von Wissen, Technologie, die Inwertsetzung natürlicher Ressourcen, von menschlichem Leben selbst ("Biomacht"). Aber auch öffentliche Einrichtungen und Betriebe, Bildung oder Gesundheitswesen werden privatisiert, oder auf Marktförmigkeit getrimmt. Die Gründe und die gesellschaftlichen Folgen dieser Prozesse sollen untersucht werden – aber auch die Widerstände.

Alternativen

Wir wollen Alternativen skizzieren, diskutieren und zuspitzen, die halbwegs konsistente, umfangreichere Entwürfe liefern. Sie sollen kritisch hinterfragt werden: Geben die Alternativ-Modelle eine Antwort auf die ökonomischen, sozialen, ökologischen und demokratischen Probleme, die der Kapitalismus aufwirft? Ist eine plurale und komplexe Ökonomie im Rahmen des jeweiligen Modells denkbar?

Finanzen:

Da der Kongress ein originäres Attac-Projekt sein soll und eben nicht als Bündnisprojekt konzipiert werden soll, muss Attac für den Kongress einen substantiellen Eigenmittelanteil leisten. Natürlich sind wir trotzdem bemüht, möglichst viele Drittmittel einzuwerben (in Form von Organisationen, die den Kongress unterstützen, die aber nicht als Mitveranstalter auftreten). Hier gibt es auch bereits erste positive Reaktionen von verschiedenen Organisationen.

Aktuell planen wir mit 20.000 € Eigenmitteln für den Kongress. Davon wurden im letzten Jahr 10.000 € bewilligt. Nun beantragen wir für dieses Jahr die zweite Hälfte, also erneut 10.000€.

Wir haben im Vergleich zum letzten Ratschlag neben der offiziellen Finanzplanung auch eine Notfallplanung erstellt, mit der wir den Kongress auch dann solide finanziert haben, wenn uns die Stiftungen nicht mit den bisher beantragten Summen unterstützen. Wir bemühen uns natürlich weiterhin darum, von den Stiftungen eine höhere Förderung zu bekommen, sowie weitere Drittmittel-Geber zu gewinnen. Es ist also aus unserer Sicht so gut es geht sichergestellt, dass der Kongress nicht nur politisch, sondern auch finanziell erfolgreich über die Bühne geht.

Antrag

 





Antrag

Notfallplanung

Einnahmen

 

 

90.800,00 €

61.000,00 €

Eigenmittel

 

 

53.000,00 €

43.000,00 €

TN-Beiträge



30.000,00 €

20.000,00 €

Spenden



2.000,00 €

2.000,00 €

Party



1.000,00 €

1.000,00 €

Attac-Eigenmittel


20.000,00 €

20.000,00 €

Drittmittel

 

 

37.800,00 €

18.000,00 €

IG Metall




3.000,00 €

RLS




5.000,00 €

Böll




10.000,00 €











Ausgaben

 

 

90.800,00 €

61.700,00 €

Büro und Organisation

 

34.500,00 €

20.500,00 €

Büromiete / Ausstattung

500,00 €

500,00 €

Personal



30.000,00 €

15.000,00 €

Fahrtkosten


2.000,00 €

3.000,00 €

Laufende Kosten


2.000,00 €

2.000,00 €

Räume und Technik

 

23.600,00 €

19.500,00 €

Miete Universität


12.000,00 €

12.000,00 €

Übersetzungsanlagen


2.000,00 €

2.000,00 €

DolmetscherInnen


3.600,00 €

2.500,00 €

Sonstige Technik


5.000,00 €

2.000,00 €

Sonstiges Material


1.000,00 €

1.000,00 €

Öffentlichkeits-arbeit

 

11.000,00 €

6.000,00 €

Flyer und Plakate


5.500,00 €

2.000,00 €

Programmheft


3.500,00 €

2.000,00 €

Verschickungen


1.000,00 €

1.000,00 €

Sonstiges



1.000,00 €

1.000,00 €

ReferentInnen

 

21.700,00 €

15.700,00 €

Ausländische


16.000,00 €

10.000,00 €

Inländische



5.000,00 €

5.000,00 €

CO2-Kompensation


700,00 €

700,00 €