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Aktivitäten der AG Steuern und Finanzmärkte 08/09

Nach der Asien-, New Economy und TelCom-Blase zeigt die durch die Spekulation am Immobilienmarkt ausgelöste jüngste Finanzkrise dass jahrezehntelange Deregulierungen das neoliberale Finanzsystem außer Kontrolle gebracht haben. Finanzmärkte dienen nicht wie ursprünglich intendiert der Realwirtschaft und Gesellschaft, sondern der Bereicherung weniger AnlegerInnen und AkteurInnen der Finanz- und Beratungsindustrie. Steueroasen und Offshore-Zentren verstärken die Krise, weil sie die Regulierung von Finanzprodukten behindern. Sie schaffen den Rahmen für eine Zweiklassen-Gesellschaft, in der Regulierungen für die Masse gelten während sich andere freikaufen können. Das globale Finanzsystem befördert globale Ungleichgewichte: Dem Handelsüberschuss asiatischer und europäischer Staaten entspricht das Außenhandelsdefizit der USA - eine tickende Zeitbombe. SpekulantInnen weichen von den Immobilien- auf Rohstoffmärkte aus und verschärfen Preisschwankungen bei Rohstoffen und Lebensmitteln, was häufig zu Preiserhöhungen führt und KonsumentInnen global tangiert. Die Finanzkrise scheint sich zu einer Wirtschaftskrise auszuweiten. Die sinkende Nachfrage in den USA wird sich auf die europäische Exportwirtschaft auswirken, von der Finanzkrise betroffene Finanzinstitute entlassen Angestellte, Banken halten Geld zurück, das für Investitionen fehlt, und Kreditvergabebedingungen werden insbesondere für kleine und mittlere Betriebe verschärft. Betriebe werden nach Finanzkriterien umstrukturiert, wobei in der Regel Löhne gekürzt, Beschäftigte entlassen werden und langfristige Investitionen ausbleiben.

Selbst Vorzeigebanker sehen nun in den Finanzmärkten Monster und rufen nach staatlichen Eingriffen.Tatsächlich springt der Staat zur Rettung von Finanzinstituten mit Steuergeldern ein. Darüber hinaus ergreifen die Finanzminister unzulängliche Einzelmaßnahmen, die der Finanzindustrie kaum weh tun. Stattdessen sind grundsätzliche Änderungen des Finanz- und Steuersystems notwendig, wie sie im Diskussionsspapier der AG oder dem der europäischen Finanzmarkt-AG gefordert wurden:

Diskussionsspapier der AG

Positionspapier der europäischen Finanzmarkt-AG

Geplantes Betätigungsfeld der AG Finanzmärkte und Steuern im Jahr 2008/2009

Verschiedene Pleiten im Finanzsektor und der durch staatliche Finanzspritzen abgewendete Kollaps des Systems, die Liechtenstein-Affäre und der Einbruch der Konjunktur sind eine Steilvorlage für Attac, auf diesem Kerngebiet stärker tätig zu werden.

Die AG ist jedoch mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass sich der Bezug von Finanz- und Wirtschaftskrise eher indirekt äußert und die Zusammenhänge einem Großteil der Bevölkerung zuerst nahe gebracht werden müssen. Aus der Krise lassen sich schwer allgemein verständliche, und prägnante Forderungen ableiten. Maßnahmen zur (De)Regulierung der Finanzmärkte werden häufig unter Ausschluss der Öffentlichkeit getroffen (BIS, Ecofin). Eine Fokussierung auf eine Forderung wie z.B. die Durchsetzung des Speculator-Pays-Prinzips oder der Finanztransaktionssteuer oder eine Schwerpunktsetzung auf andere Themen wie der Spekulation mit Rohstoffen, FinanzinvestorInnen oder die Clearing Union eignen sich momentan nicht, da damit nur Teilaspekte abgedeckt werden bzw. die Informationsgrundlage unzureichend ist.

Aus diesen Gründen werden die Aktivitäten der AG im Jahr 2008/2009 im Bereich Finanzmärkte ein breites Spektrum an Themen umfassen und primär einen aufklärenden Ansatz verfolgen. Konkrete Möglichkeiten zur Druckausübung sich im Bereich Offshore, Steueroasen und Steuern geplant. Als Antwort auf die jüngsten, durch den Zusammenbruch der Bank Lehman Brothers ausgelösten Turbulenzen werden AG-Mitglieder zusammen mit Personen aus dem Bundesbüros Aktivitäten (v.a. Aktionen) entfalten unter dem Motto "Das Kasino schließen".

Falls es eine Kampagne europäischer Attacs zu Finanzmärkten geben sollte, wird sich die AG höchstwahrscheinlich beteiligen.

Die Aktivitätsplanung ist zur Zeit noch offen, damit auch Raum bleibt unsere Themen und Forderungen in den Wahlkampf einzubringen.

Geplante Aktivitäten

Bildungsarbeit

Die AG Finanzmärkte und Steuern hat neben dem Diskussionspapier zu Finanzmärkten Infoblätter zu Finanzmarktthemen erarbeitet bzw. in der Pipeline. In einer ReferentInnenschulung haben sich AG-Mitglieder weitergebildet und sind bereit, zu Lokalgruppen Kontakt aufzunehmen. Foliensätze zu Finanzmarktthemen werden demnächst fertig. In diesem Rahmen sind lokale Veranstaltungen wie Diskussionsabende oder Vorträge auf Anfrage von Gruppen geplant.

Bündnisarbeit und Konferenz

Mit VertreterInnen von Gewerkschaften und anderen Organisationen wurden Bündnistreffen abgehalten um gemeinsame Tätigkeitsfelder zu umreißen. Als erstes Ergebnis wird Mitte November ein gemeinsames Treffen von ReferentInnen stattfinden. Eine Fortsetzung von Aktivitäten des Bündnisses ist geplant. Im Gespräch ist außerdem eine gemeinsame Konferenz, wobei diese Pläne noch nicht weiter konkretisiert wurden.

Eine weitere Mitarbeit in der europäischen Arbeitsgruppe zu Finanzmärkten ist geplant. Die AG wird sich außerdem am Kapitalismuskongress beteiligen.

Events

Aktivitäten bei Wahlkampfveranstaltungen, beim alternativen Ecofin und Treffen der Finanzbranche sind wahrscheinlich. Genaueres ist jedoch noch nicht geplant.

Weitere Aktivitäten

Film "Let's make Money"

Der Film "Let's make Money" des Regisseurs Wagenhofer behandelt globale Finanzmarktthemen; insbesondere das Problem der Steueroasen wird gezeigt. Zu den Filmvorführungen sind neben einer Postkartenaktion zum Thema Steueroasen Vorträge anlässlich der Vorführungen geplant.

Wanderausstellung zu Steueroasen und Offshore-Zentren in Europa

Die erste Empörung über die Liechtenstein-Affäre ist schnell verpufft, ohne dass entscheidende Schritte gegen Steueroasen eingeleitet wurden. Bundeskanzlerin Merkel schleimt in der Schweiz von "kulturellen Eigenheiten" und die Finanzbranche wirbt weiter mit paradiesischen Inseln. Die AG arbeitet in Kooperation mit dem Planungsbüro "Stadtblind" und dem internationalen Tax-Justice-Network an einer Fotoausstellung zu Offshore-Zentren und Steueroasen in Europa. Die Ausstellung ist als Wanderausstellung konzipiert und kann von Interessierten geordert werden. Bislang haben 10 Attac-Gruppen in Deutschland und Österreich, außerdem Attac Norwegen und Frankreich, das Tax-Justice-Network Großbritannien, ver.di u.a. Interesse angemeldet. Der Künstler Klaus Staeck hat uns zwei Poster versprochen.

Mit der Ausstellung soll durch die Darstellung konkreter Orte von Steueroasen die Rhetorik der Anbieter von Offshore- und Steuerflucht-Dienstleistungen dekonstruiert werden. Wir wollen zeigen dass Steueroasen keine Paradiese sind, sondern banale Orte, die der Bereicherung von Wenigen dienen und über die staatliche Regulierungen ausgehebelt werden. Einerseits führt das zu systemischen Unsicherheiten (die Finanzkrise wäre ohne Steueroasen so nicht möglich gewesen), andererseits zu Sozial- und Umweltdumping.

Neben Fotos sollen in der Ausstellung die Themen auf Plakaten allgemein verständlich aufgearbeitet werden. Zu der Ausstellung wird ein Katalog mit Fotomotiven und vertiefenden Texten von Mitgliedern des internationalen Tax-Justice-Networks, dem Steueroasenexperten Ronen Palan, Sven Giegold u.a. zum Thema erscheinen.

Zur Zeit läuft ein Fotowettbewerb zum Thema; parallel werden von den OrganisatorInnen Steueroasen aufgenommen. Die Ausstellung soll kurz vor der Sommerpause fertig werden und auf "Tournee" gehen. Dazu sind begleitende Vorträge geplant. Mehr zur Ausstellung.

Die Ausstellung ist außerdem sinnvoll, da Steuern Wahlkampfthema werden.

Privatisierung und Finanzmärkte

Momentan wird diskutiert, das Thema „Privatisierung und Finanzmärkte“ als einen thematischen Schwerpunkt ab Frühling 2009 zu behandeln. Dies umfasst zum einen die Privatisierung der Finanzmärkte selbst, vor allem der Banken. In ganz Europa ist über die letzten Jahrzehnte ein massiver Ausverkauf der öffentlichen Banken zu beobachten, besonders deutlich natürlich in den ehemals kommunistischen Staaten, aber auch in Westeuropa. Die AG wird versuchen, dieses Thema aufzuarbeiten und eine Kampagne zu entwickeln, die sich z.B. für den Erhalt der öffentlichen Banken einsetzt. Der zweite zentrale Aspekt des Themas ist die Rolle der Finanzmärkte als Triebkraft bei der Privatisierung anderer Sektoren. Die Privatisierung immer weiterer Bereiche der Wirtschaft schreitet weiter voran, entweder direkt wie durch den Bahnbörsengang oder indirekt wie durch die PPP-Förderung und die Begünstigung von Infrastrukturfonds sowie Real Estate Investment Trusts (REITs). Die Finanzbranche und die Vermögenden haben ein starkes Interesse an Privatisierungen, um so neue Renditemöglichkeiten zu schaffen. Die privatisierten Bereiche werden so dem Renditedruck der Finanzmärkte unterworfen, und das durch die Privatisierung neu entstehende Privatvermögen konzentriert sich immer stärker in den Händen weniger. Die AG wird versuchen, ein Bewusstsein für diese Entwicklung zu schaffen und geeignete Kampagnen zu entwickeln. Geplant ist ein Treffen mit Antiprivatisierungs-Aktivisten.

Beantragte Mittel

Die aufgelisteten Aktivitäten sind aus dem AG-Etat nicht zu finanzieren. Daher beantragt die AG Mittel für folgende Aktivitäten:

 

Posten

Erläuterung

Summe in €

Vier AG-Treffen

Reisekostenzuschuss für Bedürftige

1000

Bündnisarbeit

Fahrtkosten und Zuschuss zu gemeinsamen Projekten

1000

Events: Aktionen bei Wahlkampfveranstaltungen, bei Treffen der Finanzbranche (z.B. Euro Finance Week, Super Return) und dem Alternativer Ecofin

Letztes Jahr hat die AG Aktivitäten wie das "Börsell" zum Börsentag, einen Heuschrecken-Champagnerempfang zum Treffen der Private-Equity-Branche organisiert und an Aktionen zu Steueroasen teilgenommen. Es ist wahrscheinlich dass im kommmenden Jahr wieder Aktionen kurzfristig zustande kommen.

1500

Material für die Öffentlichkeitsarbeit

Flyer

1000

Steueroasenausstellung


Fahrtkosten Projektteam

Installationen (Sperrholz, Kappa Fix, Papier, Sprühkleber, Klebefolie, einfache Holzkonstruktion, Schrauben, Farbe, Textil)

Druckkosten für Fotos

Kaschieren von Text und Fotomaterial

Druckkosten für Plakate

Druckkosten für Postkarten und Einladungsflyer

Portokosten für die Versendung von Einladungsflyern

Honorar für Layout und Lektorat (Katalog, Postkarten)

Honorare für Hilfskräfte zum Aufbau vor Ort

Druckkostenvorschuss Katalog (Kosten werden durch Verkauf wieder erwirtschaftet)

500

ca. 2800



500

700

300

500

200


1000


300

(4000)

Insgesamt


11.300

(15.300)



Rückfragen an:

Silke Ötsch

AG Finanzmärkte und Steuern

silke.oetsch@attac.de