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Gemeinwohlorientierte Finanzwirtschaft

Von einer Gemeinwohlorientierung ist das gegenwärtige Finanzsystem weit entfernt: Im Vorlauf der jüngsten Krise wurden komplexe Finanzprodukte weltweit  verkauft, die durch Immobilien besichert schienen, und das beste Rating (AAA) erhalten hatten.  Diese erwiesen sich als Schrottpapiere mit hohem Wertverlust und brachten viele Banken an den Rand des Ruins. Das Geld- und Kreditwesen, das für ein Funktionieren der Wirtschaft erforderlich ist, brach zusammen. Die Wirtschaft wurde in die Krise gerissen.

Zu dieser Lage kam es, obwohl Bankgeschäfte durch staatliche Einrichtungen beaufsichtigt und reguliert werden.  Denn die Banken schufen in Steueroasen Konstrukte, die wie Banken agierten, aber keiner Regulierung unterlagen. Die dort getätigten Geschäfte mit hohen finanziellen Risiken waren der Aufsicht entzogen. Als die dort gelagerten, spekulativen Wertpapiere massiv an Wert verloren, realisierten sich die Risiken als Verluste und kehrten in die Bankbilanzen zurück. In diesem Augenblick  erwiesen sich diese Banken als überschuldet und waren reif für den Konkurs.

Aber die meisten Banken wurden gerettet: Too big to fail. Diese Rettungen geschahen unter höchstem Zeitdruck, und nur wenige Politiker und einige hohe Verwaltungsbeamte waren in diese Aktionen eingebunden.  Milliardenbeträge wurden bewegt. Das Parlament hatte nahezu keine Gelegenheit mitzubestimmen, welche Rettungen gerechtfertigt waren.
Konjunkturprogramme, Bürgschaften, Sicherheitsgarantien,  Zuschüsse und die Übernahme von Schrottpapieren belasten die Haushalte der Staaten.

In unserem Workshop wollen wir uns mit den Bruchlinien des Finanzsystem auf drei Wegen beschäftigen:

  1. Wir steigen ein in die Diskussion, indem wir uns mit dem Hintergrundpapier von attac, verfasst von Stephan Lindner und Markus Henn, zum Bankenaktionstag am 29.9.2010 auseinandersetzen:
    Welche Fehlentwicklungen sind während der Finanzkrise sichtbar gewordenen?
    Welche Vorschläge zur Fehlerbehebung gibt es?
  2. Ausgehend von einem Positionspapier von Attac Österreich  schauen wir, wie eine demokratische Bank zu gestaltet wäre.
  3. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe für die Bankenwechselkampagne wollen wir die Kriterien und Leitgedanken präzisieren und erweitern, die erkennbar werden lassen, bei welcher Bank man sein Geld lassen sollte und bei welcher nicht.

Ein zusätzlicher Text ermöglicht es, sich vertieft mit der Rolle der Steueroasen während der jüngsten Finanzkrise auseinanderzusetzen:

Axel Troost,  Nicola Liebert:
Das Billionengrab. Von Steueroasen und Schattenbanken

Unser Ziel für diesen Workshop ist es, gemeinsam eine Positiv-Vision zu erarbeiten:

Welches Finanzsystem will Attac?
Was meinen wir mit der „demokratischen Kontrolle“?
Wo und wie können wir dafür im Hier und Jetzt streiten?
Wie sollen Banken aussehen?
Welche „Möglichkeitsfenster“ können wir ausmachen und nutzen?
Welche Handlungsperspektiven sehen wir im Kampf gegen Schattenbanken, im Einsatz für eine demokratische Bank und im Aufruf, Großbanken den Rücken zu kehren?

Für das weitere Arbeiten nach dem Ratschlag lesenswert ist auch der Text von Markus Henn (WEED) über ethisches Investieren (ca. 30 Seiten einer PowerPoint-Präsentation) sowie die  Ausarbeitung von Markus Meinzer vom Tax Justice Network (30 Seiten).

Die Deutsche Bundesbank gab 2008 die aufschlussreiche Veröffentlichung "Geld und Geldpolitik" heraus. Eine aktualisierte Fassung (Broschüre, ca. 125 Seiten) steht zum Download bereit. Auf die kleinen, aber feinen Unterschiede wird während des Workshops aufmerksam gemacht werden.

Sehr zu empfehlen ist auch die Online-Version des Gabler Wirtschaftslexikons (25.000 Stichworte).