"Tiefe Legitimationskrise der WTO"
Die neue Einigkeit der Entwicklungsländer bei den WTO-Verhandlungen in Cancún und die Proteste der Zivilgesellschaft bieten nach Ansicht des globalisierungskritischen Netzwerks Attac die Chance, die verfehlte Politik der Welthandelsorganisation zu stoppen. "Die WTO ist in eine tiefe Legitimationskrise gestürzt worden", sagte Thomas Fritz, der als Attac-Vertreter die Verhandlungen in Cancún verfolgt. "Die Industrieländer kommen mit ihren leeren Versprechungen nicht mehr weiter."
Neben den Agrarverhandlungen, bei denen die Industriestaaten nicht zu einem Abbau ihrer Exportsubventionen bereit scheinen, steht die Forderung nach einem "Investitionsschutzabkommen" im Mittelpunkt der Kritik. Obwohl eine Gruppe von 70 Entwicklungsländern diesen Plänen in Cancún eine klare Absage erteilt hat, macht sich vor allem Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement für ein solches Abkommen stark, das die Rechte von internationalen Konzernen massiv ausweiten würde. Fritz: "An diesen Fragen wird sich zeigen, ob die Entwicklungsländer sich durchsetzen können, oder ob das Gerede von der 'Entwicklungsrunde' hohle Rhetorik bleibt."
Nun steht zu befürchten, dass die Industriestaaten als Reaktion auf die neue Einigkeit der Entwicklungsländer deren Regierungen massiv unter Druck setzen. In der Vergangenheit war mit Entzug von Entwicklungshilfe oder Krediten gedroht worden. "Es wäre ein Skandal, wenn auch diesmal wieder mit undemokratischen Mitteln eine 'Koalition der Willigen' geschaffen würde", sagte Thomas Fritz.
Die Nichtregierungsorganisationen mussten in Cancún bereits erleben, wie ihre Arbeitsmöglichkeiten eingeschränkt werden, sobald die Proteste Wirkung zeigen. So dürfen auch akkreditierte NGO-VertreterInnen inzwischen nicht mehr an Pressekonferenzen teilnehmen und sind dadurch von vielen Informationen abgeschnitten. Mit einem Marsch gegen Trinkwasserprivatisierung (heute) und einer Demonstration gegen die WTO (morgen) werden die Aktionen in Cancún fortgesetzt. In Deutschland plant Attac am Samstag in über 30 Städten Protest- und Informationsveranstaltungen zur WTO-Konferenz.
Weitere Informationen zur WTO-Konferenz in Cancún mit täglichem Newsletter:
Ansprechpartner in Cancún:
- Thomas Fritz (zu WTO generell, TRIPS, GATS): Tel. 0052-9981-209369
- Pia Eberhardt (zu Agrar, Investitionen etc.): Tel. 0052-9981-076041
- Christina Deckwirth (zu GATS, Investitionen): Tel. 0052-9981-209501
- Hans Steinmüller (zu Agrar): Tel. 0052-9981-204277
Informationen über Aktionen in Deutschland:
- Oliver Moldenhauer, Tel. (0163) 307 1523