Steueroasen trockenlegen!
Pressemitteilung
Tax Justice Network in Deutschland
Postchef Klaus Zumwinkel soll einen zweistelligen Millionenbetrag am Finanzamt vorbei in die Steueroase Liechtenstein gebracht haben. Wenn das stimmt, ist es ein erneutes Beispiel für milliardenschwere Steuerflucht in Oasen weltweit. Berechnungen des Internationalen Netzwerks Steuergerechtigkeit zufolge sind Vermögen von elf bis zwölf Billionen US-Dollar global in Steueroasen angelegt. Daraus lässt sich ableiten, dass den Finanzbehörden weltweit jährlich Steuereinnahmen von 255 Milliarden Dollar verloren gehen. Nicht enthalten in dieser Zahl sind die zusätzlichen Verluste, die dadurch entstehen, dass Unternehmen ihre Gewinne teilweise in Steueroasen verschieben und so der heimischen Körperschaftsteuer entgehen. Die Vermögen, die deutsche Anleger am Fiskus vorbei in die Schweiz, nach Luxemburg, Liechtenstein und ein paar andere Steueroasen gebracht haben, betragen nach Schätzungen der Deutschen Steuergewerkschaft 300 Milliarden Euro.
Die Milliardenverluste bei den Steuereinnahmen muss der ehrliche Steuerzahler wettmachen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent ist ein Beispiel dafür. Indirekte Steuern, das heißt Umsatz- und Verbrauchssteuern, treten immer häufiger an die Stelle von direkten Steuern – insbesondere Unternehmens- und Kapitalertragsteuern, aber auch Vermögensteuern. Denn die Staaten müssen fürchten, dass noch viel mehr Kapital die Flucht antritt, wenn es besteuert wird. Steuern auf den Konsum aber belasten die Bezieher kleiner Einkommen überdurchschnittlich. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer.
"Der eigentliche Skandal besteht darin, dass der deutsche Staat de facto vor den Steuerhinterziehern schon kapituliert hat. Mit dem lapidaren Verweis auf die internationale Mobilität des Kapitals senkte die Regierung schon zweimal innerhalb der vergangenen acht Jahre die Unternehmenssteuern. Als nächstes wird den reichen Privatanlegern ein Steuergeschenk gemacht. Dank der 2009 kommenden Abgeltungssteuer müssen sie ihre Kapitalerträge nicht mehr mit ihrem individuellen Steuersatz versteuern, sondern mit einem pauschalen Satz von 25 Prozent", betont einer der Koordinatoren des Netzwerkes, Detlev von Larcher. "Zugleich tut der Staat viel zu wenig, um die ohnehin schon reduzierten Steuern einzutreiben. Die Steuerfahndung wird – angeblich aus Sparzwängen heraus – personell ausgetrocknet. Überdies werden zu eifrige Steuerfahnder immer wieder zurückgepfiffen, so wie es unter der Regierung Roland Kochs in Hessen geschah, angeblich um dem Finanzplatz Deutschland nicht zu schaden."
Die Bundesregierung sollte den Fall Zumwinkel zum Anlass nehmen, um sich in EU und OECD konsequenter für die Bekämpfung von Steuerflucht einzusetzen. Druck ist nötig, damit sich auch die Schweiz, Liechtenstein und andere europäische Steueroasen am automatischen Informationsaustausch über die Kapitalerträge von Ausländern beteiligen Alle Banken und Finanzinstitute sollten per Gesetz dazu verpflichtet werden, alle Kapitalerträge wie Zinsen, Dividenden, und Erträge aus Investmentfonds sowie Tantiemen, Lizenzgebühren und andere Einkünfte (einschließlich solcher aus Arbeit), die sie jedes Jahr fremden Staatsbürgern gutschreiben, offen zu legen und dabei die Empfänger zu nennen. Informationen sollten unter Ländern automatisch ausgetauscht werden, damit jedes Land Zugang zu Daten über Einkommen seiner Staatsbürger und -bürgerinnen in anderen Ländern hat und so eine angemessene Besteuerung gewährleisten kann. Ebenso sollte ein automatischer Austausch stattfinden, wenn fremde Staatsbürger neue Unternehmen, Fonds, Stiftungen oder Trusts gründen oder Gesellschafter werden.
Wenn ein Land sich weigert, sollten ihm so lange wirtschaftliche Vergünstigungen verweigert werden, bis es zur Kooperation bereit ist. Solche Vergünstigungen könnten der zollfreie Zugang zu Märkten sein, das Recht, steuerliche Auskünfte im Austausch zu erhalten, das Recht seiner Staatsbürger und bürgerinnen, Einkommen steuerfrei zu empfangen, oder das Recht zur Befreiung unter Doppelbesteuerung. In der Kombination würden diese Maßnahmen dazu ausreichen, die meisten Länder zur Mitarbeit zu bewegen. "Kaum etwas trägt mehr zu Steuer-Ungerechtigkeit bei als die Existenz von Steueroasen. Es ist höchste Zeit, sie endlich auszutrocknen", so Detlev von Larcher abschließend.
Rückfragen an:
- Detlev v. Larcher: 0160-9370 8007, 0421-894 311
- Hansjörg Elshorst: 0331-70468
Das Tax Justice Network in Deutschland ist ein Netzwerk von Gewerkschaften, kirchlichen Verbänden, Einzelpersonen und Attac.