Menü

"Sanierung auf dem Rücken der Ärmsten"

Attac kritisiert Pläne der Gesundheitsministerin

Die Eckpunkte zur Reform des Gesundheitssytems, die Ulla Schmidt gestern vorgestellt hat, gehen nach Ansicht von Attac in die falsche Richtung. "Statt endlich die überfällige Stärkung der Einnahmenbasis voranzutreiben, setzt die Ministerin auf unsystematische und unsolidarische Rationalisierungen", sagte Astrid Kraus von der Attac-Arbeitsgruppe Soziale Sicherungssysteme. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac setzt sich für ein solidarisches und paritätisch finanziertes, öffentlich getragenes Gesundheitswesen ein. Auf der Vollversammlung in Göttingen verabschiedeten die Mitglieder im Januar eine entsprechende Resolution, die unter anderem fordert, endlich alle Einkommensarten bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge zu berücksichtigen.

Während einzelne Punkte wie die verstärkte Zusammenlegung von ambulanter und stationärer Versorgung sich positiv auswirken könnten, stellen die Schmidt-Vorschläge nach Ansicht von Attac in vielen Bereichen falsche Weichen. So führen Einzelverträge zwischen Krankenkassen und Ärzten und der Ausbau der Konkurrenz zwischen Fachärzten und Kliniken zu einem Wettbewerb um das billigste Angebot. Einsparungen bei der medizinischen Versorgung ohne Verschlechterung des Leistungsangebotes sind aber nur in begrenztem Maß möglich. Darüber hinaus gehende Sparanstrengungen werden in der Regel auf dem Rücken des ohnehin schon schlecht bezahlten medizinischen Personals ausgetragen oder führen dazu, dass sich Ärzte verstärkt lukrativer Klientel widmen. Die Versorgung chronisch Kranker und Armer wird durch die zwangsläufige Einschränkung des Angebots verschlechtert. "Damit wird das Gesundheitssystem auf dem Rücken der Ärmsten saniert", kritisierte Kraus.

Vorbehalte hat Attac auch gegen das geplante Bonussystem zur Belohnung gesundheitsfördernden Verhaltens. Kraus: "Die finanzielle Sanktionierung von individuellem Verhalten kommt einer Einführung von Zwei-Klassen-Medizin durch die Hintertür gleich." Eine abschließende Antwort auf die Frage, was allgemein gesundheitsfördernd ist, kann und wird es nicht geben. Der Ausschluss von Menschen vom kostenfreien Zugang zu medizinischer Leistung wird daher immer mehr oder minder willkürlich sein.

Mit besonderer Sorge sieht Attac die von der Ministerin angekündigte Zusammenarbeit mit der Union bei der "Modernisierung" des Gesundheitswesens. "Wenn Modernisierung zum Synonym für Sozialabbau und Leistungskürzung wird, sehen wir schwarz für die öffentliche Daseinsvorsorge", so Kraus.