"Regierungsantrag ungenügend"
Anlässlich der heutigen Bundestags-Debatte über das internationale Dienstleistungsabkommen GATS hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac seine Kritik an den Geheimverhandlungen der Welthandelsorganisation (WTO) erneuert. Das Parlament berät heute einen Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, der sich gegen die weitere Liberalisierung des staatlichen Bildungswesens und der kulturellen Dienste ausspricht. "Dieser Antrag ist ungenügend", kritisiert Thomas Fritz, Koordinator der GATS-Kampagne von Attac. "Die Regierung fällt damit weit hinter die Vorschläge der Enquete-Kommission zur Globalisierung zurück." Attac fordert einen sofortigen Stopp der GATS-Verhandlungen und eine öffentliche Debatte.
Hintergrund des Antrags ist die Neuverhandlung des Dienstleistungsabkommens GATS (General Agreement on Trade in Services). Dieser äußerst umstrittene Vertrag soll sämtliche Handelsschranken in fast allen Dienstleistungssektoren beseitigen. "Die Konzerne reiben sich schon jetzt die Hände", sagte Thomas Fritz. "Die Filetstücke der öffentlichen Daseinsvorsorge werden ihnen zum Fraß vorgeworfen." Vor allem öffentliche Aufgaben wie die Gesundheits- und Wasserversorgung, Bildung und Kultur geraten zunehmend unter Privatisierungsdruck. Bis Ende März müssen die EU-Mitglieder, ebenso wie alle übrigen WTO-Staaten, erste Liberalisierungsangebote unterbreiten.
Die Verhandlungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die EU-Kommission und das deutsche Wirtschaftsministerium weigern sich beharrlich, bereits vorliegende Forderungen zu veröffentlichen. Diese richten sich einerseits an die Adresse der EU, andererseits formulierte auch die EU weitreichende Ansprüche gegenüber anderen WTO-Staaten. "Diese Bismarcksche Geheimdiplomatie ist Ausdruck eines völlig unterentwickelten Demokratieverständnisses", klagt Attac-Aktivist David Hachfeld. "Wir wissen mittlerweile, dass gefordert wurde, private Bildungsträger in gleichem Maße zu subventionieren wie staatliche Schulen oder Hochschulen. Das wäre das Ende eines frei zugänglichen Bildungswesens", so Hachfeld. Aber auch kulturpolitische Maßnahmen wie die Filmförderung oder der öffentlich-rechtliche Rundfunk drohen niedergewalzt zu werden. Einmal zugestandene Liberalisierungen sind praktisch unumkehrbar.
Zudem kritisiert Attac, dass sich der Regierungsantrag über die massiv vorgebrachten Exportinteressen Deutschlands und der EU ausschweigt. Die EU fordere als einziges WTO-Mitglied die Liberalisierung der Trinkwasserversorgung, erklärte Fritz. "Es ist ein Skandal, dass Rot-Grün die im Inland höchst umstrittene Privatisierung von Wasserwerken über das GATS nun im Ausland durchsetzen will." Wasser sei keine Ware, die den Profitinteressen von RWE und E.ON überlassen werden dürfe. Attac fordert daher einen sofortigen Stopp der GATS-Verhandlungen. Sämtliche öffentlichen Dienste müssen grundsätzlich aus dem GATS herausgenommen werden. In den nächsten Monaten werden die Globalisierungskritiker ihre Mobilisierung gegen das GATS noch verstärken, unter anderem mit einem europaweiten Aktionstag am 13. März.