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Kritiker bezeichnen angekündigte Maßnahmen des Discounters als unzureichend / Lidl lässt Übergabetermin für 12.000 Protestunterschriften platzen

"An globalen sozialen Rechten führt kein Weg vorbei"

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), die Fair-Handelsorganisation BanaFair und die NGO Weed haben ihre Kritik am Discounter Lidl bekräftigt und weitreichende Änderungen bei Einkaufspolitik und Arbeitsbedingungen des Konzerns gefordert. Beim heutigen "Unternehmertag Lebensmittel" in Köln (wo Kaufland aus der Lidl-Gruppe zu den Sponsoren gehörte) spannten sie ein Transparent mit dem Slogan "An globalen sozialen Rechten führt kein Weg vorbei!" auf. Das erfuhren die Teilnehmer des Unternehmenstags am eigenen Leib: Die Veranstaltung erreichten sie nur durch einen Vorhang aus Protestpostkarten, auf denen die Einhaltung sozialer Rechte gefordert wurde.

Am Rande der Veranstaltung war geplant, rund 12.000 Unterschriften und Postkarten an den Lidl-Kommanditisten Richard Lohmiller zu übergeben, doch dieser hat den Termin kurzfristig und ohne Angabe von Gründen absagen lassen. "Sozial-, Preis- und Umweltdumping führt in die Sackgasse - vor dieser Tatsache darf sich Lidl nicht verstecken", sagte Jutta Sundermann vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac. Attac hatte im vergangenen August eine Kampagne gegen Lidl gestartet und seitdem in mehr als 50 Städten vor Filialen protestiert. Sundermann: "Die Geheimniskrämerei, die Lidl um die Herkunft der Produkte betreibt, verhindert bewusste Kaufentscheidungen." Als nächster Schritt sollen Verbraucherinnen und Verbraucher unter dem Motto "Geist ist geiler!" über Alternativen zum Billig-Wahn der Discounter und Handlungsmöglichkeiten aufgeklärt werden.

Lidl hat unterdessen auf die von vielen Seiten vorgebrachte Kritik reagiert. In einem Gespräch mit Attac, AbL und BanaFair kündigte Lidl-Geschäftsführer Klaus Gehrig an, die Aufnahme von Produkten aus fairem Handel und biologischem Anbau ins Sortiment zu prüfen, während er Forderungen nach mehr Informationen über die Herkunft der Lidl-Produkte sowie nach besseren Rechten für die Angestellten zurückwies. Die Organisationen begrüßen zwar, dass sich Lidl überhaupt bewegt, halten die bisherigen Ankündigungen jedoch überwiegend für Kosmetik. "Die Discounter sind mitverantwortlich für die miesen Ar-beitsbedingungen auf den Bananenplantagen. Diese Verantwortung lässt sich nicht mit einigen wenigen fair gehandelten Bananen neben vielen Früchten aus Billig-Produktion beiseite schieben", sagte Bettina Burkert von BanaFair. Notwendig sei eine veränderte Beschaffungspolitik für das ganze Sortiment.

Beim Thema Milchpreise habe sich Lidl zwar gesprächsbereit gezeigt, doch tatsächliche Veränderungen gebe es bisher keine, kritisierte Sonja Korspeter von der AbL. "Als starker Marktteilnehmer ist Lidl mitverantwortlich dafür, dass Milch unter den Produktionskosten verkauft wird und immer mehr Höfe aufgeben müssen." Diese Einkaufspolitik könnten die Bauern nicht länger akzeptieren, so Korspeter: "Wenn die Dumping-Politik der Molkereien und der Supermärkte weiterläuft wie bisher, sehen sich die Bauern ge-zwungen, den Hahn zuzudrehen, bis faire Preise erreicht sind. Lidl hat die Möglichkeit, diesen Milchstreik abzuwenden."

Mit der Aktion beim "Unternehmertag Lebensmittel" wollen die Organisationen auch andere Handelskonzerne auffordern, soziale Rechte zu achten. "Lidl ist das Zugpferd der 'Discountierung', doch die 'Haupt-sache-billig-Strategie' setzt sich zunehmend im gesamten Einzelhandel durch - auf Kosten der Beschäftigten hier und in den globalen Zulieferketten", sagte Sarah Bormann, Mitarbeiterin bei Weed. Die aggressive Expansions- und Preispolitik führe zu einem verschärften Konzentrationsprozess im Einzelhandel und damit zu immer stärkerem Druck auf die Produzenten.

Für Rückfragen und weitere Informationen:

Fotos von der Aktion