Johannesburg: Gipfel der Ernüchterung
„Der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung ist ein Gipfel der Ernüchterung“, kommentiert Christa Wichterich, Mitglied des wissenschaftlichen Beirats von Attac in einer Zwischenbilanz den UN-Gipfel zu nachhaltiger Entwicklung in Johannesburg, den sie vor Ort verfolgte.
Der Gipfel stand von Anfang an unter negativen Vorzeichen. Die Abkommen sowie der viel beschworene Geist von Rio gerieten spätestens 1995 unter die Räder, als die WTO gegründet und damit Liberalisierung und Deregulierung endgültig zum Maß der internationalen Politik wurde. So ging es bei dem Gipfel in Johannesburg kaum um Nachhaltigkeit und auch nicht um Umwelt und Menschen, sondern um Handel und Finanzinteressen. Transnationale Konzerne sitzen inzwischen, gestützt durch ihre wirtschaftliche Macht, wie selbstverständlich am Verhandlungstisch. Zwar durften NGOs –begrenzt – auch mitdiskutieren, „doch leider folgenlos“. „Das (Abschluss-)Dokument ist eine überflüssige Angelegenheit, weil es zeitliche Festlegungen und Verbindlichkeiten scheut und der neoliberalen Gloablisierung und transnationalen Konzernen als ihren Protagonisten keine verbindlichen sozialen und ökologischen Grenzen setzt.“, so Wichterich weiter. Verhandelt wurde nicht die nachhaltige soziale und ökologische Entwicklung, sondern Armutsreduktion (nicht mehr ihre Überwindung), Zugang und Nutzungsvorteile im globalisierten Markt und – konkreter – sanitäre Einrichtungen und erneuerbare Energien. Hier standen privatwirtschaftliche Exportinteressen, nicht zuletzt deutscher Firmen, unübersehbar im Vordergrund.
Die etwa 200 NGOs aus 57 Ländern formulierten gemeinsam die Forderung, dass Umwelt und Menschen den Regeln des Welthandels nicht untergeordnet werden dürfen. Nachhaltigkeit muss sich auf ökonomische Vielfalt, Biodiversität, kulturelle Vielfalt und sozialen Frieden stützen. Gänzlich unberücksichtigt blieb die grundsätzliche Kritik der globalisierungskritischen Bewegung am Rio-Prozess, die ihren Protest gegen die Politik von IWF, Weltbank und WTO jenseits des offiziellen Gipfel-Theaters in Johannesburg auf die Straße trug. „Jegliche Chance für eine nachhaltige Entwicklung wird durch die neoliberale Globalisierung zunichte gemacht“, erklärt Eleonore Wiedenroth von Attac. Dem nichtssagenden Abschlussdokument des offiziellen Gipfels stand die klare Botschaft vor allem südafrikanischer sozialer Bewegungen gegenüber:
Unser Leben und unsere Welt sind keine Ware