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Geheime GATS-Dokumente der EU offenbaren hoch riskante Forderungen

"Entwicklungspolitische Versprechen sind Makulatur"

Die Europäische Union fordert von den Entwicklungsländern eine weitreichende und hoch riskante Liberalisierung und Privatisierung von Dienstleistungen, die auch sensible Bereiche wie die Trinkwasser- und Energieversorgung und die Finanzdienstleistungen einschließt. Das geht aus den bisher streng geheimen Forderungen der EU an 109 Staaten im Rahmen der Verhandlungen zum internationalen Dienstleistungsabkommen GATS hervor, die das kanadische Polaris-Institut jetzt veröffentlicht hat. "Diese Forderungen sind ein Frontalangriff auf die staatliche Daseinsvorsorge", kommentiert Thomas Fritz, GATS-Experte beim globalisierungskritischen Netzwerk Attac. "Damit erweisen sich die entwicklungspolitischen Versprechen von EU-Kommission und Bundesregierung als Makulatur."

Besonders kritisch sieht Attac, dass die EU von 72 der 109 Staaten fordert, die Trinkwasserversorgung zu liberalisieren. Dieser Bereich war bisher noch gar nicht als eigenständige Kategorie im GATS erfasst. "Die Liberalisierung der Wasserversorgung in aller Welt wäre ein Dammbruch, der bisher noch nicht einmal im Europäischen Binnenmarkt erfolgt ist", so Thomas Fritz. Nutznießer auf deutscher Seite sind die Wassermultis wie RWE, Aqua-Mundo, die Eon-Tochter oder Gelsenwasser. Fritz: "Sollten die betroffenen Entwicklungsländer den EU- Forderungen Folge leisten, hieße dies, dass sie auf wichtige staatliche Regulierungen und Auflagen verzichten müssten." Nicht minder problematisch ist der Energiesektor, bei dem die EU ebenfalls eine fast völlige Liberalisierung fordert.

Dramatische Folgen sind auch im Bereich der Finanzdienstleistungen zu befürchten. "Die hemmungslosen Forderungen im Bank- und Versicherungsgeschäft laufen auf eine Abschaffung der Kapitalverkehrskontrollen hinaus", so Thomas Fritz. Gerade die Einschränkung des Handels mit der eigenen Währung ist aber eine der wichtigsten Maßnahmen zur Eindämmung von Finanzkrisen. "Derartige Forderungen führen dazu, dass die ohnehin krisenanfälligen Finanzsysteme in Entwicklungsländern weiter destabilisiert werden."