GATS-Konferenz in Berlin: Attac fordert Stopp der Verhandlungen
Bei einer Konferenz des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac heute seine Kritik am Dienstleistungsabkommen GATS erneuert und den Stopp der Verhandlungen gefordert. "Die Forderungen nach völliger Marktöffnung im Dienstleistungssektor unterminieren die staatliche Regelungshoheit und behindern den Zugang armer Bevölkerungsteile zu notwendigen öffentlichen Gütern", sagte Thomas Fritz, Koordinator der Anti-GATS-Kampagne von Attac. Er sprach als Referent auf der Tagung, bei der die Auswirkungen des GATS (General Agreement on Trade in Services) auf Entwicklungsländer im Mittelpunkt standen. Besonders skandalös sei, dass die Verhandlungen trotz ihrer weitreichenden Konsequenzen von der EU-Kommission fast völlig unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt werden.
Dieser Kritik an der Geheimhaltungspolitik schloss sich Heidmarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit, ausdrücklich an. "Die staatlichen Verhandler dürfen nicht alleine im stillen Kämmerlein ihre Strategien entwerfen", so Wieczorek-Zeul. Dies sei in der Öffentlichkeit "zu Recht kritisiert" worden: "Die Information von Öffentlichkeit und Parlament ist unzureichend." Auf Kritik stieß die Ministerin mit ihren Aussagen, dass durch das GATS kein Privatisierungsdruck entstehe, staatliche Regulierungen weiterhin möglich seien und der Kernbereich staatlicher Daseinsvorsorge, etwa bei Bildung, Gesundheit und Wasserversorgung, nicht zur Disposition gestellt werde. "Das Gegenteil ist richtig", sagte Thomas Fritz. So liegen Forderungen an die EU vor, den Bildungs- und Gesundheitsbereich zu öffnen, und die EU hat ihrerseits die Öffnung der Wassermärkte in anderen Ländern gefordert. Staatliche Regulierungen wertet das GATS explizit als Handelshemmnis, und staatliche Subventionen sollen privaten Anbietern in gleicher Weise zur Verfügung gestellt werden.
[Sperrfrist für letzten Absatz: 17.2.03, 17 Uhr] Peter Wahl, Mitglied im bundesweiten Attac-Koordinierungskreis, unterstützte in einer Podiumsdiskussion mit der Ministerin einige ihrer Ziele, bezweifelte aber ihre Umsetzung. "Die Forderung, dass die Handelsrunde die Entwicklungsländer stärken soll, ist richtig, aber sie scheitert an den machtpolitischen Realitäten. Deswegen ist es entscheidend, dass aus der Gesellschaft genug Druck entsteht, um der Macht von Konzernen und Industrieländern etwas entgegenzusetzen." Darum wird Attac die Auswirkungen des GATS verstärkt in die Öffentlichkeit tragen, unter anderem mit regionalen Konferenzen, mit bundesweiten Aktionstagen vom 13. bis 15. März und bei den Protesten gegen den nächsten G8-Gipfel in Evian vom 1. bis 3. Juni.