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EU-Erweiterung: Traum oder Albtraum im Osten?

Zweitägige Attac-Konferenz in Stuttgart zu Ende gegangen

Mit einer internationalen Gesprächsrunde zur Zukunft der EU und zur Überwindung der Spaltung innerhalb der EU ist die zweitägige Konferenz "EU global – fatal: Traum oder Albtraum im Osten?" in Stuttgart zu Ende gegangen.

Die Teilnehmer hatten Gelegenheit, in zahlreichen Vorträgen und Workshops differenzierte Analysen von Referenten aus neun Ländern zur wirtschaftlichen, politischen und sozialen Situation in Mittel-Ost-Europa zu hören und zu diskutieren.

Joze Mencinger, Ökonomieprofessor sowie ehemaliger Wirtschaftsminister und Vizepremier Sloweniens, räumte mit dem verbreiteten Vorurteil auf, der Osten werde vom Westen subventioniert. Stattdessen zeigte er, wie das Kapital von Ost nach West fließt. Ausländische Direktinvestitionen führen ihm zufolge nicht zu Wirtschaftsentwicklung und Technologietransfer, sondern werden im Finanzsektor und zum Einkauf in Ost-Unternehmen eingesetzt statt für Neuinvestitionen im Produktionssektor. Monopolbildung, die Zerstörung regionaler Wirtschaftsstrukturen, hohe Arbeitslosigkeit und Außenhandelsdefizite sind die Folgen.

Dorothee Bohle von der Central European University in Budapest kritisierte den Umgang der EU mit den Neumitgliedern bei den letzten Erweiterungsrunden: Die EU praktiziere ein selektives Beitrittsmodell: Die Integration in die EU-Freihandelszone werde schon vor dem Beitritt ohne schonende Übergangsfristen verlangt, die Teilhabe an EU-Subventionen hingegen mit langen Übergangsfristen versehen.

Darek Zalega von der polnischen Gewerkschaftszeitung "Trybuna Robotnicza" betonte, dass die Menschen in Polen trotz der hohen Arbeitslosigkeit und mangelhaften sozialen Sicherungssystemen nur deshalb überleben können, weil es in Polen wie auch in anderen Beitrittsstaaten noch ausgeprägte Strukturen von Subsistenzwirtschaft auf dem Land gibt. Diese werden von der EU-Agrarpolitik gefährdet.

Ulrich Duchrow, Theologieprofessor und Gründer von Kairos Europa, forderte, sich nicht von der falschen Alternative "staatsbürokratischer Sozialismus" und "privater Kapitalismus" gefangen nehmen zu lassen. Breite Zustimmung erhielt er für die Forderung, die Garantie privater Eigentumsrechte an öffentlichen Gütern zurückzunehmen und die Entwicklung neuer Formen sozialen Eigentums und der Mitbestimmung der Betroffenen als Baustein für ein solidarisches Europa voranzubringen.

Die Teilnehmer waren sich einig, dass Europa außer einem Sozialprojekt auch ein Friedensprojekt benötigt und die Aufstellung neuer US-Raketensysteme an der Ostgrenze der EU zu einer weiteren Spaltung Europas und einer neuen Rüstungsspirale führen kann.

Veranstalter der Konferenz waren unter anderem Attac, der Verein für gerechte Weltwirtschaft, ver.di Stuttgart und Kairos Europa.

Für Rückfragen:

  • Elke Schenk, Tel. 07042 – 959 868