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"Ein Lehrstück über Willkür und Machtmissbrauch der Gläubigerregierungen"

Attac fordert eine radikale Demokratisierung internationaler Politik

Nicht nur in Zeiten des Krieges werfen Regierungen langgehegte politische Prinzipien gerne über Bord, sobald sie den eigenen Zielen im Wege stehen. In Kriegszeiten allerdings hoffen Machtpolitiker, dass ihr Opportunismus vom Säbelrasseln übertönt wird und daher umso drastischer ausfallen darf.

Was mit der plötzlichen Verkehrung des pakistanischen Militärdiktators Parvez Musharraf vom "bad guy mit Atombombe" zum vielgepriesenen Partner der "Internationalen Allianz gegen den Terror" durch die westlichen Regierungen begann, findet nun seine Fortsetzung in der Schulden- und Finanzpolitik:

Die im Pariser Club zusammengeschlossenen Gläubigerregierungen wollen Musharraf mit dem großzügigsten Umschuldungspaket in der Geschichte des Clubs für seine Unterstützung im Krieg gegen Afghanistan entlohnen.

Attac tritt seit seiner Gründung entschlossen für Schuldenstreichung und die Demokratisierung internationaler Politik ein. Die Vorgehensweise des Pariser Clubs ist aber das genaue Gegenteil dessen. "Hier wird nicht in demokratisch kontrollierten internationalen Institutionen eine Verschuldungssituation bewältigt, sondern die Regierungen der mächtigsten Industrieländer entscheiden nach poltischer Tageslage selbstherrlich über das Schicksal vom hunderten von Millionen Menschen" sagt Philipp Hersel, Schuldenexperte von BLUE 21 und Mitglied des Attac-Koordinierungskreises. "Aller Rhetorik zum Trotz orientieren sie sich dabei nicht an Armutsbekämpfung und sozialer Entwicklung. Sie missbrauchen die Auslandsschulden vielmehr in altbewährter Weise als Hebel zur Durchsetzung ihrer Hegemonialinteressen." Das Zuckerbrot "Schuldenreduzierung" wird dabei durch die Peitsche der "Konditionalität von Neukrediten" ergänzt.

Dieselben Industrieländer, die die Stimmenmehrheit im Internationalen Währungsfonds haben, stellen Pakistan jetzt großzügig billige Kredite aus der IWF-Fazilität für Armutsbekämpfung und Wachstum ("Poverty reduction and growth facility"- PRGF) in Aussicht. Schon jetzt melden Beobachter Zweifel an, ob diese Gelder tatsächlich in Grundschulen und Krankenhäuser investiert werden. Vielmehr ist zu befürchten, dass sie mit Wissen der Gläubiger für die Aufrüstung des pakistanischen Geheimdienstes und Militärs ausgegeben werden sollen.

"Die Umschuldungspläne für Pakistans sind ein Paradebeispiel für die Willkür, mit der die westlichen Industrieländer ihre Macht mißbrauchen", so Hersel. "Es ist genau diese Machtwillkür und das dahinter stehende Dominanzverhalten der westlichen Regierungen, das vielen Menschen in Entwicklungsländern das Gefühl von Ohnmacht und Entrechtung vermittelt. Gepaart mit wachsender Verelendung und wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit treibt auch die Bundesregierung damit ein Klima voran, das Menschen in die Arme von Fanatismus und Terrorismus treibt."

Als Alternative fordert Attac eine radikale Demokratisierung der internationalen Finanzinstitutionen wie IWF und Weltbank und ein Ende der einseitigen selbsternannten Politik-Zirkel der reichen Industrieländer wie Pariser Club oder G7.