"Die EU darf sich vor den Menschen nicht verstecken"
Die französische Polizei hat verboten, dass die europäische Demonstration gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie am 11. Februar in Straßburg vor das Europa-Parlament ziehen darf, weil Ausschreitungen befürchtet werden. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac protestiert gegen diese Entscheidung und prüft rechtliche Schritte. "Völlig zu Recht wehren sich die Menschen in ganz Europa gegen die Dienstleistungsrichtlinie, die zu Sozial- und Umweltdumping führen würde", sagte Sven Giegold vom Attac-Koordinierungskreis. "Die EU-Parlamentarier dürfen sich vor dieser Kritik nicht verstecken, sondern sie müssen sie ernst nehmen und die Richtlinie stoppen."
Zu der Demonstration am 11. Februar in Straßburg mobilisieren Gruppen aus mehreren europäischen Ländern, darunter Attac, die französischen NON-Komittees, lokale Gewerkschaftsgliederungen, das Bündnis Sozialproteste und viele andere. Mit Verweis auf die Demonstration der Hafenarbeiter in der vergangenen Woche, bei der es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und den Demonstranten kam, will die Polizei in Absprache mit der örtlichen Präfektur die Demonstration nicht zum Parlamentsgebäude ziehen lassen. Diese Einschränkung der Demonstrationsfreiheit wollen die aufrufenden Gruppen nicht akzeptieren. "Seit Jahren fordern die EU-Parlamentarier, dass sich die Menschen mehr für ihre Arbeit interessieren sollten - doch nun wird dies durch eine neue Bannmeile konterkariert", kritisierte Giegold. "Es kann nicht sein, dass die Bürger vor dem Parlament nicht ihre Meinung sagen dürfen."
Über das auch als "Bolkestein-Richtlinie" bekannte Vorhaben wird das Europa-Parlament am 14. Februar 2006 in erster Lesung beraten. Besonders umstritten ist das Herkunftslandprinzip, das es Unternehmen ermöglichen würde, ihre Dienste europaweit nach den Regeln ihres Heimatlandes anzubieten. Dadurch würde in der EU ein Wettlauf um die niedrigsten Standards im Sozial-, Umwelt- und Verbraucherrecht beginnen. Die im EU-Binnenmarktausschuss vorgeschlagenen Einschränkungen ändern darin im Grundsatz nichts. Attac fordert, die Richtlinie zurückzuziehen und stattdessen die Standards innerhalb der EU langfristig am hohem Niveau zu harmonisieren und Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge vor Privatisierung und Wettbewerbsdruck zu schützen.
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- Sven Giegold, Tel. 0163-59 57 590