Bahn-Gewerkschaften dürfen sich nicht vor Mehdorns Karren spannen lassen
Mit Besorgnis hat das Bündnis "Bahn für Alle" auf das heute fortgesetzte Schlichtungsgespräch zwischen der Deutschen Bahn AG und den beiden Gewerkschaften Transnet und GDBA reagiert. "Nach wie vor sprechen sich Transnet und GDBA gegen den Willen der Beschäftigten für einen integrierten Börsengang aus. Die Gewerkschaftsbasis ist überwiegend gegen eine Privatisierung, egal nach welchem Modell", sagte Hans-Gerd Öfinger von "Bahn von unten", einer Gruppe kritischer Transnet-Gewerkschafter, die sich dem Bündnis "Bahn für Alle" angeschlossen hat. Im November 2000 hatte sich der Transnet-Gewerkschaftstag noch für die Erhaltung einer "einheitlichen, flächendeckenden und bundeseigenen Bahn" ausgesprochen und jede Form von Börsengang und Ausverkauf abgelehnt. Zudem hat sich der Transnet-Vorsitzende Norbert Hansen Ende Mai 2006 in einem gemeinsamen Papier mit seinem Verdi-Amtskollegen Frank Bsirske gegen eine Privatisierung der Deutschen Bahn AG ausgesprochen. "Statt sich von DB-Chef Hartmut Mehdorn vor den Privatisierungskarren spannen zu lassen, sollten die Spitzen aller Bahngewerkschaften jetzt ihre ganze Energie dafür einsetzen, gemeinsam eine Privatisierung zu verhindern. Damit ist den Beschäftigen am besten gedient", erklärte Öfinger.
Anlass für die Tarifverhandlungen ist ein Beschäftigungspakt, der bis 2010 betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. Nach Ansicht von "Bahn für Alle" sichert der Vertrag aber selbst im Fall eines integrierten Börsengangs der DB Holding kaum Arbeitsplätze. Seit der 1994 begonnenen Bahnreform, deren Ziel die Börsenfähigkeit des bundeseigenen Konzerns sein soll, hat sich die Zahl der Beschäftigten bereits auf 180.000 halbiert – obwohl das Unternehmen als Ganzes bestand. Nach vorsichtigen Schätzungen würden bei einer Privatisierung weitere 50.000 Stellen abgebaut. Öfinger: "Auch das integrierte Modell ist kein Garant für den Erhalt von Arbeitsplätzen. Schon jetzt geht der Stellenabbau tagtäglich weiter. Allerspätestens ab 2010 droht dann eine große Kündigungswelle."
Über den Stellenabbau hinaus befürchtet "Bahn für Alle" Verschlechterungen für die Fahrgäste: Eine Börsenbahn würde sich nur auf hochprofitable Strecken konzentrieren. Abgelegene Regionen, kleinere und mittlere Städte würden abgehängt. Insgesamt stehen 5000 Kilometer Strecke vor dem Aus. Auch würde Bahnfahren teurer: Mehdorn hat in einem Stern-Interview (28/2006) zugegeben, dass "die Fahrpreise sicher nicht sinken würden". Erfahrungen aus Großbritannien haben darüber hinaus gezeigt, dass eine Privatisierung zu Fahrplanwirrwarr und Sicherheitsrisiken führt. Chris Methmann vom Attac-Koordinierungskreis: "Die Bundesregierung handelt verantwortungslos, wenn sie unsere Mobilitätsbedürfnisse der Willkür privater Investoren ausliefert." Der angestrebte Verkauf wäre laut Methmann zudem eine "beispiellose Verschleuderung öffentlichen Vermögens".
Das Bündnis "Bahn für Alle" wird getragen von Attac, Robin Wood, BUND, Bürgerbahn statt Börsenbahn, Bahn von unten, UMKEHR e.V. sowie den NaturFreunden Deutschlands und setzt sich ein gegen die Privatisierung der Deutschen Bahn AG.
Am morgigen Samstag, 9. September, beginnen zwei bundesweite Aktionswochen: Aktivistinnen und Aktivisten des Bündnisses protestieren mit Aktionen in zahlreichen deutschen Städten gegen den geplanten Ausverkauf der Bahn.
Rückfragen:
- * Hans-Gerd Öfinger, Bahn von unten, 0173-652 8418
- * Chris Methmann, Attac, 0179-454 8798
"Bahn für Alle" im Internet: www.bahn-fuer-alle.de