Attac zu den Koalitionsverhandlungen:
Die derzeitige steuerpolitische Diskussion im Laufe der Koalitionsverhandlungen ist in zweifacher Hinsicht wirtschaftpolitisch falsch:
1. Höhere Steuern auf Vermögen und Erbschaften haben konjunkturell positive Wirkungen. Da Haushalte mit großen Vermögen eine niedrige Konsumquote aufweisen, tragen sie wenig zur Überwindung der Rezession bei, die durch mangelnde Nachfrage bedingt ist. "Die pauschale Verurteilung von höheren Kapitalsteuern als wirtschaftsfeindlich, ist schlicht falsch." meint Sven Giegold, Mitglied des Koordinierungskreises von Attac Deutschland.
2. Entscheidend ist vielmehr, was der Staat mit den Steuereinnahmen macht. Wird während einer Rezession ein harter Sparkurs gefahren, so verschärft sich die Krise noch. Die rot-grünen Haushaltspläne sind daher wirtschaftspolitisch unverantwortlich. Die Maastricht-Kriterien sind derzeit nicht einzuhalten. "Der Gedanke, dass der Staat keine Schulden anhäufen soll, ist zwar im Grundsatz richtig, kommt aber zur Unzeit." sagt Giegold weiter.
Selbst der aktuelle Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz erklärte in einem Interview mit der ARD-Sendung Monitor (14. Mai 2002) auf die Frage: Unterstützen Sie die Vorstellung, dass der normale Bürger sich mit wirtschaftswissenschaftlichen Fragen befasst? Antwort Stiglitz: Oh ja, absolut. Und ich glaube, dass die Menschen viele dieser Fragen verstehen können. Ich glaube, es braucht keinen Doktor um zu verstehen, dass es die Nachfrage mindert und damit den Abschwung vertieft, wenn man im Falle eines wirtschaftlichen Abschwungs noch die Staatsausgaben beschneidet.
[Originaltext:Moderator: So you support the idea that the man in the street actually starts dealing and getting interested in economic science? Stiglitz: Oh, very much, very much so. And I think that many of these issues are ones that we can understand. I don´t think it requires a PHD to understand that when economy is going into a downturn, if you cut back on expenditures it reduces the demands and that makes the downturn deeper.]