Attac protestiert gegen größtes Deregulierungsprojekt aller Zeiten
Morgen debattiert das Europäische Parlament einen Entschließungsantrag, der die "Errichtung eines einheitlichen transatlantischen Marktes bis zum Jahre 2015" fordert. Die angestrebte Freihandelszone soll "den freien Verkehr von Waren, Kapital, Dienstleistungen und Personen" zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten verwirklichen. Zu diesem Zweck sei beim kommenden EU-USA-Gipfel am 25./26. Juni in Dublin ein Expertengremium einzusetzen, dessen Vorschläge in einen Rahmenvertrag zur Vollendung des transatlantischen Marktes münden. Nach den Attac vorliegenden Informationen könnte der Antrag (pdf hier) bereits übermorgen in Straßburg zur Abstimmung kommen.
Stichwortgeber für diese Resolution ist das "Transatlantic Policy Network", ein Zusammenschluss von Großkonzernen, Parlamentariern sowie neoliberalen Think Tanks von beiden Seiten des Atlantiks. Im Dezember vergangenen Jahres unterbreitete dieses Lobbynetzwerk Empfehlungen zur "Stärkung der transatlantischen Partnerschaft" (pdf hier), die sich nun wortwörtlich in dem Entschließungsantrag wiederfinden. Eingebracht wurde er von dem Bertelsmann-Mitarbeiter und christdemokratischen Abgeordneten Elmar Brok. "Ohne öffentliche Diskussion bringt das Europaparlament das größte Deregulierungsprojekt aller Zeiten auf die politische Agenda", kritisiert Thomas Fritz, Handelsexperte von Attac. "Es ist skandalös, innerhalb weniger Wochen die Weichen für einen euro-amerikanischen Markt stellen zu wollen, dessen Folgen überhaupt nicht abschätzbar sind."
Im "Transatlantic Policy Network" sind rund 30 Großunternehmen zusammengeschlossen, u.a. Bertelsmann, Boeing, Daimler-Chrysler, Deutsche Bank, Microsoft, Nestlé und Siemens. Hinzu kommen Abgeordnete des US-Kongresses und des Europaparlaments, darunter deutsche Christ- und Sozialdemokraten. "Mit dem ,Transatlantic Policy Network' haben sich einige der einflussreichsten Konzerne beiderseits des Atlantiks einen effektiven parlamentarischen Arm geschaffen", so Thomas Fritz. Hätten sie mit ihrem Vorhaben Erfolg, würden die beiden größten Wirtschaftsblöcke wechselseitig Handels- und Investitionsauflagen beseitigen und mit hoher Geschlossenheit ihre Interessen gegenüber dem Rest der Welt durchsetzen. Dies wäre auch für Entwicklungsländer ein erneuter Rückschlag, die seit der gescheiterten WTO-Konferenz von Cancún die Süd-Süd-Kooperation intensivieren, um Europa und den USA gerechtere Handelsbedingungen abzuringen.
Weitere Informationen:
- EP-Antrag als pdf-Dokument
- Strategiepapier des Transnational Policy Network als pdf-Dokument
Für Nachfragen:
- Thomas Fritz, Tel. 0160-93 23 15 48