Attac protestiert gegen "eklatante Wählertäuschung"
Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hat scharfe Kritik am sozialdemokratischen Rettungsplan für die EU geübt, der unter anderem die "gemeinsame Verabschiedung" der neoliberalen EU-Dienstleistungsrichtlinie vorsieht. Dieser Plan soll beim heutigen Treffen von Bundeskanzler Gerhard Schröder und Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Aachen besprochen werden. Während SPD-Chef Franz Müntefering noch am vergangenen Montag von einer "Zurückweisung" dieses umstrittenen Richtlinienvorschlags sprach und die rot-grünen Regierungsfraktionen sich nach Angaben des Grünen-Politikers Werner Schulz auf einen Antrag zu seiner Rücknahme einigten, gehört er nun zum Fünf-Punkte-Plan der sozialdemokratischen Fraktion im Europaparlament.
"Links blinken in Deutschland und rechts abbiegen in Europa: Diese Methode ist eine eklatante Wählertäuschung", sagte Thomas Fritz, EU-Experte von Attac. Mit der beabsichtigten Verabschiedung der Dienstleistungsrichtlinie stelle die SPD unter Beweis, dass sie nichts aus der Ablehnung des Europäischen Verfassungsvertrags in Frankreich und den Niederlanden sowie generell in weiten Teilen der Bevölkerung gelernt hat. "Die Menschen haben genug vom neoliberalen Kurs in Europa. Die Dienstleistungsrichtlinie steht jedoch für dessen ungebrochene Fortsetzung."
Der im Januar vergangenen Jahres vom damaligen Binnenmarkt- Kommissar Frits Bolkestein vorgestellte Gesetzentwurf zielt auf die weitere Privatisierung öffentlicher Dienste und auf verschärftes Sozialdumping ab. Mit der Einführung des so genannten Herkunftslandprinzips soll Unternehmen die reibungslose Ausnutzung der innereuropäischen Unterschiede bei Löhnen und Standards ermöglicht und damit ein schonungsloser Standortwettbewerb entfesselt werden.
Diese Kritik, die von vielen Sachverständigen bestätigt wird, ignoriert der gestern vorgestellte Fünf-Punkte-Plan vollständig; stattdessen wird dort behauptet, die Dienstleistungsrichtlinie – sowie die ebenfalls umstrittene Arbeitszeitrichtlinie – sei "wie keine andere geeignet zu zeigen, dass Markterfordernisse und soziale Stabilität zusammengehören". Dazu Thomas Fritz: "Nur Beratungsresistenz und Realitätsverlust können dazu verleiten, die Bolkestein-Richtlinie als Beitrag zur sozialen Stabilität zu stilisieren." Attac Deutschland und Attac Europa werden weiterhin darauf dringen, dass dieser Entwurf zurückgezogen wird. Unter anderem läuft derzeit eine Postkarten- und E-Mail-Aktion an EU-Abgeordnete.
Für Rückfragen:
- Thomas Fritz: 0160-93231548
Weitere Informationen:
- Hintergründe: www.attac.de/bolkestein
- E-Mail-Aktion: www.attac.de/bolkestein/mailomat