Attac kritisiert "Doppelzüngigikeit" - Ernsthafter Kampf gegen Steuerflucht gefordert
Der Vorschlag der von der Bundesregierung eingesetzten Expertenkommission, eine "duale Einkommensteuer" einzuführen, ist auf scharfe Kritik des globalisierungskritischen Netzwerks Attac gestoßen. Die Sachverständigen haben gestern dafür plädiert, Kapitaleinkünfte künftig pauschal mit einem niedrigeren Steuersatz von maximal 25 Prozent zu besteuern. "Nach diesen Plänen würden die Zinseinkünfte eines Millionenerben niedriger besteuert als die Arbeitseinkünfte eines normalen Angestellten", kritisierte Sven Giegold von der Attac-AG Steuern. "Die soziale Schieflage würde damit weiter wachsen. Die immer wieder beklagte Schere zwischen lässt sich nur mit einem umverteilenden, progressiven Steuersystem schließen."
Begründet wird dieses offensichtlich sozial ungerechte Vorgehen mit dem internationalen Steuerwettbewerb. Da die deutschen Steuersätze für Unternehmensgewinne im internationalen Vergleich hoch seien, müssen sie nach Ansicht der Kommissionsmitglieder gesenkt werden. Weil eine Senkung der Unternehmensteuern allein für nicht praktikabel gehalten wird, werden sämtliche Kapitaleinkünfte besser gestellt. Für die Autoren der Kommission ist dabei die duale Einkommensteuer nur die zweitbeste Lösung. Vorzuziehen sei eigentlich eine "flat tax", bei der durch einen Einheitssteuersatz die Progressivität am oberen Ende der Einkommenskala auch für die Arbeitseinkünfte schlicht abgeschafft würde. Diese noch weiter gehende Umverteilung sei aber nicht zu finanzieren, deshalb solle das Grundprinzip zunächst nur für Kapitaleinkünfte eingeführt werden.
Die Argumentation der Kommission geht dabei nach Attac von der falschen Grundannahme aus, dass die Nationalstaaten dem internationalen Steuerwettbewerb nichts entgegenzusetzen haben. Giegold: "Steuerwettbewerb ist kein Schicksal. Die Bundesregierung hat nie konsequent versucht, diesem ein Ende zu bereiten." Weil ein umverteilendes Steuersystem eine Schicksalsfrage für einen "demokratischen und sozialen Bundesstaat" sei, müssten international abgestimmte, konsequente Maßnahmen ergriffen werden, etwa erhöhter Druck auf Banken und Finanzdienstleister Adressen von Steuerflüchtigen herauszugeben, die Einführung automatischer Kontrollmitteilungen für Kapitaleinkünfte, ein Niederlassungsverbot in Steueroasen für deutsche Unternehmen und die konsequente Anwendung des Sitzlandprinzips für die Besteuerung von Unternehmensgewinnen.
Das vom Bundesfinanzministerium angeforderte Gutachten offenbart zudem eine Doppelzüngigkeit: Im SPD-Wahlprogramm ist von einer dualen Einkommensteuer nichts zu lesen, sondern dort wird eine "Reichensteuer" wird gefordert. Im Gegensatz dazu arbeitet Finanzminister Eichel schon lange an einer Dualisierung der Einkommensbesteuerung und gibt entsprechende Gutachten in Auftrag. Dazu erklärt Detlev von Larcher, Mitglied der Attac-AG Steuern sowie langjähriges Mitglied im Finanzausschuss des Bundestags: "Die duale Einkommensteuer hat mit sozialdemokratischer Politik nichts zu tun. Sie exekutiert vorgebliche Sachzwänge der Globalisierung statt konsequent und in internationaler Kooperation gegen Steuerschlupflöcher und Steuerwettbewerb vorzugehen."
Für Rückfragen:
- Sven Giegold, Tel. 0033-672 162 245
- Detlev v. Larcher, Tel. 0160-9370 8007
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