Attac fordert klare Positionierung der Regierung: "Lippenbekenntnisse reichen nicht"
Den Beschluss des SPD-Bundesvorstands, die Proteste gegen die EU-Dienstleistungsrichtlinie zu unterstützen, hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac amüsiert zur Kenntnis genommen. "Es ist schön, dass die SPD sich an ihre Wahlversprechen erinnert. Aber als Regierungspartei sollte sie nicht auf Demonstrationen angewiesen sein, um ihre Forderungen durchzusetzen", sagte Detlev von Larcher vom Attac-Koordinierungskreis. Attac forderte die Sozialdemokraten auf, die Bundesregierung auf eine klar ablehende Haltung festzulegen, so von Larcher: "Lippenbekenntnisse reichen nicht."
Um die umstrittene Richtlinie zu stoppen, ruft Attac am 11. Februar zu einer europäischen Demonstration in Straßburg auf und unterstützt zudem die von Gewerkschaften initiierten Proteste in Berlin. Wenn die SPD nun zu Demonstrationen aufrufe, ohne in der Regierung auf eine klare Position zu drängen, mache sie sich unglaubwürdig, sagte von Larcher. "Es ist eine skurile Vorstellung, dass die SPD gegen ihre eigene Politik auf die Straße geht. Transparente mit der Aufschrift 'Stoppt uns - SPD' stellen wir dafür gern zur Verfügung."
Über die Richtlinie, die nach ihrem Initiator auch als "Bolkestein-Richtlinie" bekannt ist, wird das Europaparlament am 14. und 15. Februar 2006 in erster Lesung beraten und abstimmen. Besonders umstritten ist das Herkunftslandprinzip, das es Unternehmen ermöglichen würde, EU-weit zu den Regeln ihres Herkunftslands zu arbeiten. Dadurch könnte Sozial-, Umwelt- und Verbracherrecht umgangen werden; in der ganzen EU würde ein Wettlauf um die niedrigsten Standards beginnen. Konservative und Liberale im EU-Parlament befürworten das Herkunftslandprinzip; die sozialdemokratische Fraktion hat sich bisher nur für eine Einschränkung, nicht jedoch für dessen Streichung ausgesprochen, während Linke und Grüne es komplett ablehnen. Attac fordert, die Richtlinie zurückzuziehen und stattdessen die Standards innerhalb der EU langfristig am hohem Niveau zu harmonisieren und Dienstleistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge vor Privatisierung und Wettbewerbsdruck zu schützen.
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Für Rückfragen:
- Detlev von Larcher, Tel. (0160) 9370 8007
- Stephan Lindner, Tel. (0176) 2434 2789