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Attac fordert die Grünen zur Umkehr auf

"Die Wirtschaft soll den Menschen dienen"

Der folgende Text wurde von der Koordinierungsgruppe der AG Genugfüralle verfasst. Durch ein Versehen geriet vor Verschickung die Formel "Für den Koordinierungskreis" unter den Text. Wir entschuldigen uns für diesen Feh ler: Der Text wird ausschließlich von uns verantwortet. Sein Zweck bestan d darin, in die aktuelle Auseinandersetzung innerhalb der Grünen Partei u m die Agenda 2010 zu intervenieren und ihren Parteitag nicht unkommentiert zu lassen. Es bestand nie die Absicht Positionen von attac-Deutschland insg esamt zu beschreiben. Für die Formulierungen des Offenen Briefes besteht auch im Koordinierungskreis von attac Deutschland kein Konsens.

Die Kooridinierungsgruppe Genugfüralle.

"Ihr befasst Euch in Dresden u.a. mit der Zukunft des Sozialstaats - wir auch", heißt es in einem offenen Brief an die Delegierten des Bundesparteitages der Grünen. Die Globalisierungskritiker von Attac kritisieren die Unterwerfung unter das Wettbewerbsdiktat der Unternehmen und fordern die Umkehr der Politik.

Mit Agenda 2010 komme die Bundesregierung den Wünschen der Unternehmen so weit entgegen, wie nie eine Bundesregierung zuvor. "Die Wirtschaft dient hier nicht den Menschen, sondern umgekehrt. Das ist doch nicht die "Gestaltung der Globalisierung," von der in Sonntagsreden und Parteiprogrammen immer die Rede ist. Alles wird den Interessen der Global Player und institutionellen Anleger unterworfen" kritisiert Sabine Leidig von der Attac-Arbeitsgemeinschaft "Genug für alle" Bereits die "größte Steuerreform aller Zeiten" in der letzten Legislaturperiode habe 50 Mrd. ? in die Kassen der Unternehmen gespült, ohne dass Arbeitsplätze geschaffen wurden.

Attac fordert die Grünen auf, für eine Umkehr der Politik einzutreten: Tabus wie Umverteilung von oben nach unten oder die neoklassischen Dogmen zur Staatsverschuldung müssten geknackt werden. Unternehmen und Vermögende müssten endlich raus aus der Hängematte bzw. ihrem Himmelbett. Es müssten wieder Steuern nach Leistungsfähigkeit bezahlt werden, dann ließe sich auch die Verarmung der öffentlichen Hände stoppen. Arbeitszeiten müssten deutlich verkürzt werden. Massive öffentliche Investitionen in Entwicklung für den Süden, Bildung und soziale Infrastruktur, in Energie- und Agrarwende, in den Einstieg in ein qualitatives, umweltgerechtes, zukunftsfähiges Wachstum seien nötig. Dazu gehöre der Abschied von der platten Marktideologie, die aus dem "Muff des frühen 19. Jahrhunderts" käme. "Der so genannte Stabilitätspakt gehört endlich auf die Deponie für intellektuellen Sondermüll", so Sabine Leidig.

Der Koordinierungskreis von Attac bedauert in dem offenen Brief, dass die Parteiführung den Vorschlag eines grünen Kreisverbandes abgelehnt hat, jemanden von Attac auf dem Parteitag reden zu lassen: "Da im Zuge der Polemik von Frau Beer u.a. im Vorfeld der Demo der Hunderttausend am 1.11. Eure Parteispitze angekündigt hatte, in Dialog mit uns zu treten, wäre das natürlich eine gute Gelegenheit gewesen."

Für Nachfragen:
Sabine Leidig, Tel. 0175 - 2924257

Offener Brief an den Dresdener Parteitag von Bündnis 90/Die Grünen

Frankfurt/M. 28.11.2003

Liebe Delegierte des grünen Parteitages,

eigentlich hätten wir gerne direkt mit Euch gesprochen, aber Eure Führung hat den Vorschlag eines grünen Kreisverbandes abgelehnt, jemanden von uns auf Eurem Parteitag reden zu lassen. Da im Zuge der Polemik von Frau Beer u.a. im Vorfeld der Demo der Hunderttausend am 1.11. Eure Parteispitze angekündigt hatte, in Dialog mit uns zu treten, wäre das natürlich eine gute Gelegenheit gewesen.

Ihr befasst Euch in Dresden u.a. mit der Zukunft des Sozialstaats. Wir auch. Schließlich ist das ein ureigenes Thema der Globalisierungskritik. Schröder selbst hat ja zur Rechtfertigung von Agenda 2010 gesagt: "Im weltweiten Wettbewerb gilt es, den Standort Deutschland zukunftsfest zu machen." In der Tat, so wie die Globalisierung bisher läuft, entsteht ein gnadenloser Wettbewerb der Unternehmen über die Grenzen hinweg. Um unter diesen Bedingungen noch Profit machen zu können, werden Löhne gedrückt, Leute entlassen, Wochen- und Lebensarbeitszeit verlängert. Steuern, die Beteiligung an der Finanzierung von Bildung, Sozialem, Umwelt u.a. öffentlichen Gütern sind Unkosten, die aus betriebswirtschaftlicher Perspektive gesenkt werden müssen. Am besten auf Null. Wenn dieses Programm durchgezogen wird, ginge es der ganzen Gesellschaft besser - so das neoliberale Credo. Was gut ist für Daimler, ist gut für die Volkswirtschaft?

Mit Agenda 2010 kommt die Bundesregierung diesen Wünschen so weit entgegen, wie nie eine Bundesregierung zuvor. Soziale Gerechtigkeit, Umwelt u. a. öffentliche Güter bleiben auf der Strecke. Agenda 2010 ist eine gigantische Umverteilung von unten nach oben. Die Wirtschaft dient hier nicht den Menschen, sondern umgekehrt. Das ist doch wohl nicht die "Gestaltung der Globalisierung," von der in Sonntagsreden und Parteiprogrammen immer die Rede ist. Alles wird den Interessen der Global Player und institutionellen Anleger unterworfen. Oder, wie Joschka Fischer kürzlich formulierte: "Wir können nicht Politik gegen die Finanzmärkte machen." Dabei funktioniert das Ganze nicht einmal. Bereits die "größte Steuerreform aller Zeiten" in der letzten Legislaturperiode, hat 50 Mrd. Euro in die Kassen der Unternehmen gespült, ohne dass ein einziger Arbeitsplatz geschaffen wurde. Mit Agenda 2010 wird die Massenkaufkraft - immerhin das wichtigste Nachfrageaggregat - weiter geschwächt. So kriegt man die Konjunktur nicht hoch. Es gibt Alternativen. Natürlich brauchen wir Reformen. Die Frage ist nur, welche, in wessen Interesse und wer wieviel Belastungen trägt. Es muss ein Ruck durch's Land gehen. Tabus, wie Umverteilung von oben nach unten, oder die neoklassischen Dogmen zur Staatsverschuldung, müssen geknackt werden. Es ist genug für alle da. Dazu gehören auch Maßnahmen, die bei BDI, Analysten und FAZ unpopulär sind. Unternehmen und Vermögende müssen endlich raus aus der Hängematte bzw. ihrem Himmelbett. Es müssen wieder Steuern nach Maßgabe der Leistungsfähigkeit bezahlt werden. Dann lässt sich auch die Verarmung der öffentlichen Hände stoppen.

Arbeitszeiten müssen deutlich verkürzt werden. Wir brauchen massive öffentliche Investitionen in Entwicklung für den Süden, Bildung und soziale Infrastruktur, in Energie- und Agrarwende, in den Einstieg in ein qualitatives, umweltgerechtes, zukunftsfähiges Wachstum.

Die Zeit für einen Politikwechsel ist günstig. Wenn selbst ökonomischen Laien wie Hans Eichel zu dämmern beginnt, dass sture Sparpolitik in der Krise prozyklisch wirkt, solltet ihr Euch an die Spitze einer Wende setzen. Dazu gehört der Abschied von der platten Marktideologie, die - auch wenn sie noch dominiert - aus dem Muff des frühen 19. Jahrhunderts kommt. Nutzt die Tatsache, dass der sog. Stabilitätspakt bald dort ist, wo er hingehört - auf die Deponie für intellektuellen Sondermüll - und werdet offensiv für eine innovative Politik.

Das ist die einzige Chance, dass der Abstieg der SPD unter 20%, ein Regierungswechsel in NRW und bayerische Verhältnisse bei der nächsten Bundestagswahl noch verhindert werden können. Denn einen Kanzler Koch mit 60%, das wollt Ihr doch nicht, oder? Wir jedenfalls wollen das nicht. Dass Ihr als kleine Partei das nicht einfach mal so durchsetzen könnt, wissen wir. Aber offensiv dafür eintreten, zum Umschwung des Meinungsklimas beitragen, das könnt Ihr. Wir sind gespannt.

Mit freundlichen Grüßen
Für die Koordinierungsgruppe der AG Genug-für-Alle:
gez. Sabine Leidig