Attac dringt auf Einführung der Flugticketabgabe
Im Rahmen einer phantasievollen Aktion hat das globalisierungskritische Netzwerk Attac am heutigen Mittwoch die Bundesregierung und die Abgeordneten des Bundestags aufgefordert, der Einführung einer Flugticketabgabe in Deutschland zuzustimmen. Attac-Aktivisten zogen mit einem großen Modellflugzeug vom Berliner Hauptbahnhof zum Bundesfinanzministerium, wo sie 3300 von Bürgern unterschriebene Postkarten abgaben. Die Unterzeichner fordern Finanzminister Peer Steinbrück auf, eine Steuer auf Flugscheine nicht länger zu verhindern. Da Steinbrück sich im Vorfeld geweigert hatte, die Attac-Delegation zu empfangen, konnten die Karten nicht persönlich übergeben werden.
Anlass für die Aktion waren die heutigen Sitzungen des Entwicklungs- und des Finanzausschusses, in denen je ein Antrag von Grünen und Linksfraktion zur Einführung der Flugticketabgabe beraten wurden. Am Freitag stehen die Anträge im Bundestag auf der Tagesordnung. Die Regierungskoalition will sie ablehnen, ohne selbst einen eigene Initiative einzubringen. Und das, obwohl sich Deutschland bereits im Jahr 2005 in einer UN-Deklaration für die Abgabe ausgesprochen hat. Auch der Koalitionsvertrag verpflichtet die Regierungsfraktionen auf innovative Finanzierungsinstrumente für die Entwicklungszusammenarbeit. Den Aufruf von Attac zur Einführung der Flugticketabgabe haben 117 Bundestagsabgeordnete unterschrieben unter ihnen 28 von der SPD mit Ex-Bundesfinanzminister Hans Eichel an der Spitze. Die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul, hält die Flugticketabgabe ebenfalls für ein gutes Finanzierungsinstrument für Entwicklung.
Die Flugticketsteuer soll helfen, die Millenniums-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen zu erreichen. Diese sehen vor, die Armut in den Entwicklungsländern bis 2015 um die Hälfte zu verringern. Die Einnahmen aus der Abgabe sollen für den Kauf von Medikamenten verwendet werden. Frankreich hat die Ticketsteuer bereits im Juli eingeführt. Weltweit haben bisher 18 Länder erklärt, die Abgabe einzuführen. Fünf Länder – Brasilien, Frankreich, Norwegen, Großbritannien und Chile - haben in der vergangenen Woche in New York einen Fonds namens Unitaid ins Leben gerufen, der aus den Einnahmen der Flugticketsteuer gespeist wird und mit dessen Hilfe große Mengen an Medikamenten vor allem für Aids-Kranke in Entwicklungsländern gekauft werden sollen. "Wir empfinden es als Schande, dass Deutschland nicht dabei ist", sagte Detlev von Lacher vom Attac-Koordinierungskreis.
Deutschland gehört einem Aktionsbündnis von 30 Staaten an, das auf der Pariser Konferenz in diesem Frühjahr gegründet wurde. Aufgabe des Bündnisses ist die Weiterentwicklung von Abgaben für Entwicklung allgemein und einer Steuer auf Flugscheine im besonderen. Wieczorek-Zeul ist Vorsitzende der entsprechenden Leading-Group. "Das Verhalten der Koalition ist ein Affront gegen das Aktionsbündnis und eine Desavouierung der eigenen Ministerin", sagte von Larcher.
Eine "besonderes Geschmäckle", so von Larcher, bekomme die Haltung der Koalition durch einen Brief, den die amerikanische Botschaft an alle Mitglieder des Haushaltsauschusses geschickt hat: In diesem raten die USA von der Einführung der Flugticketabgabe ab und begründen dies offen mit den Interessen der amerikanischen Luftfahrtindustrie.
Infos und druckfähige Bilder (in Kürze) im Internet: http://www.attac.de/internationale-steuern/neu/
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