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Amazons Corona-Bilanz: Zeit für eine Übergewinnsteuer

Um die Corona-Kosten fairer zu verteilen, sollte Deutschland eine einmalige Steuer auf alle Krisengewinne erheben

Angesichts der enormen Gewinne von Amazon in der Corona-Krise fordert das Netzwerk für Steuergerechtigkeit, in dem Attac mitarbeitet, unter anderem eine Übergewinnsteuer für Kisengewinnler.

Amazon hat im Corona-Jahr 2020 seinen Umsatz in Deutschland um 30 Prozent gesteigert. Die weltweiten Gewinne sind sogar um 84 Prozent auf zuletzt 21,3 Milliarden US-Dollar (17,6 Milliarden Euro) gestiegen. Unter anderem dank Sonderabschreibungen, Patentbox (FDII) und aktienbasierter Managervergütung zahlte Amazon 2020 nur 1,7 Milliarden US-Dollar (8 Prozent) Steuern. Jeff Bezos, Amazons Hauptanteilseigner, ist 2020 dank der Wertsteigerung seiner Aktien um 65 Milliarden Euro reicher geworden.

Um die Corona-Kosten fairer zu verteilen, sollte Deutschland eine einmalige Steuer auf alle Krisengewinne erheben – die Zusatzgewinne der großen Unternehmen, die nicht unter der Krise gelitten, sondern sogar von ihr profitiert haben. Ein umfassendes Vorgehen gegen Monopolbildung, Machtkonzentration und Gewinnverschiebung kann eine Übergewinnsteuer nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen.

Übergewinne aus der Krise besteuern

Während des ersten und des zweiten Weltkriegs besteuerten die USA die Extragewinne von Waffenindustrie und Co. mit bis zu 95 Prozent. Auch Großbritannien führte hohe Übergewinnsteuern ein. Winston Churchill begründete dies damit, dass sich niemand am Krieg bereichern sollte. In Deutschland wurde schon während der Ölkrise in den 70er Jahren intensiv über eine Zusatzsteuer auf Gewinne aus Erdöl und Erdgas diskutiert.

Die für den Sommer angekündigte internationale Unternehmenssteuerreform der OECD bietet einen guten Rahmen für eine Übergewinnsteuer. In der sogenannten ersten Säule unterscheidet die OECD nach Routine- und Residualgewinnen. Nach ähnlicher Methode könnte man im Rahmen einer zusätzlichen Säule auch die Übergewinne aus der Corona-Krise berechnen und verteilen. Dadurch träfe die Steuer gezielt die Unternehmen, die sie auch bezahlen können, und würde die Einzelhändler verschonen, die einen Teil ihrer Umsatzverluste durch die Verschiebung zum Online-Handel ausgleichen könnten.

Internationale Steuerreform wird nicht reichen

Dazu Dr. Markus Meinzer vom Tax Justice Network: "Aggressive Steuervermeidung multinationaler Unternehmen kostet die Welt jedes Jahr mehr als 200 Milliarden Euro oder das Gehalt von 19,5 Millionen Krankenschwestern. Dabei profitieren die größten und profitabelsten Unternehmen auf Kosten der armen Staaten und der kleinen, lokalen Unternehmen, die auch von der Corona-Krise am stärksten betroffen sind. Statt Krisengewinnler wie Amazon in der Corona-Pandemie zügig zur Kasse zu bitten, wartet man auf die große, wirksame internationale Steuerreform der OECD – die die hohen Erwartungen aber nicht erfüllen wird."

Karl-Martin Hentschel von Attac Deutschland ergänzt: "Amazon ist in der Vergangenheit immer wieder durch fehlende Tarifverträge, Missbrauch seiner Marktmacht und aggressive Steuervermeidung aufgefallen. Eine Übergewinnsteuer kann diese Probleme alleine nicht lösen, aber sie wäre ein guter Anfang. Bei der internationalen Unternehmenssteuerreform muss Deutschland sich zusätzlich für eine ambitionierte Mindeststeuer und eine faire Verteilung der Besteuerungsrechte entsprechend der wirtschaftlichen Aktivitäten einsetzen – auch, aber nicht nur für US-Digitalkonzerne."