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160 Organisationen warnen vor Verschärfung der EU-Dienstleistungsrichtlinie

Demokratische Handlungsspielräume der Kommunen bedroht

Die von der EU-Kommission geplante Verschärfung der EU-Dienstleistungsrichtlinie, auch Bolkestein-Richtlinie genannt, würde den Spielraum von Kommunen in der Europäischen Union massiv einschränken und die lokale Demokratie bedrohen, warnen 160 zivilgesellschaftliche Organisationen, Gewerkschaften, Kommunalpolitiker und städtische Vertreter aus mehreren EU-Ländern in einer gemeinsamen Erklärung. Aus Deutschland beteiligen sich neben Attac unter anderem Verdi, der BUND , Powershift und LobbyControl an dem Protest. Das Bündnis hat ihr Protestschreiben am gestrigen Montag an die rumänische EU- Ratspräsidentschaft gesandt.

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die Europäische Kommission seit Januar 2017 an einem neuen Vorschlag für die bereits bei ihrer Verabschiedung 2006 stark umstrittene Richtlinie gearbeitet. Dem nun vorliegenden Vorschlag zufolge würde ein neues Notifizierungsverfahren für Dienstleistungen in der EU eingeführt: Städte, Gemeinden und Behörden müssten der EU-Kommission künftig neue Regelungen und Gesetze drei Monate im Voraus mitteilen und sich von ihr genehmigen lassen.

Maßnahmen gegen Wohnungsnot würden behindert

Dringende Maßnahmen von Städten gegen die Wohnungsnot etwa würden durch die verschärfte Richtlinie behindert, weil kommunale Satzungen gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum untersagt oder entschärft werden könnten, wenn Auflagen von der EU-Kommission als diskriminierend interpretiert werden.

"Diese weitere Verschärfung der EU-Dienstleistungsrichtlinie würde den Spielraum gerade auch von Kommunen massiv einschränken. Sie bedroht die lokale Demokratie und steht im Widerspruch zum Subsidiaritätsprinzip. Der Vorschlag der EU-Kommission ist daher völlig inakzeptabel", sagt Roland Süß vom Attac-Koordinierungskreis.

Entscheidungen der Europäischen Kommission wären mit der geänderten Richtlinie verbindlich. Sie würde sich selbst das Vorrecht erteilen, die Richtlinie auszulegen. So würde die Kommission beispielsweise entscheiden, ob eine Maßnahme verhältnismäßig, oder notwendig ist und damit ihre Rechtsauslegung durchsetzen. Arno Behlau von der bundesweiten Attac-Arbeitsgruppe Kommunen: "Dies wäre eine deutliche Ausweitung der Kompetenzen der EU-Kommission auf Kosten der Kommunen, die zudem dem Prinzip der Gewaltenteilung widerspricht."