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Marokko ist kein sicheres Land: Politische Verfolgung seit 2011 verschärft

De Maizière opfert individuelles Asylrecht aus Populismus

Foto: www.attacmaroc.org

Das Vorhaben der Bundesregierung, Marokko, Algerien und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären, stößt auf scharfen Widerspruch."Marokko ist kein sicheres Land, weder für die Marokkaner, die von der Polizei und der Justiz verfolgt werden, noch für Migrant_innen und Flüchtlinge. Nach den Revolten und Demonstrationen von 2011 ist die staatliche Repression schärfer geworden", betont Lucile Daumas von Attac Marokko anlässlich der Maghreb-Reise von Bundesinnenminister Thomas de Maizière.

Vor allem politische Aktivist_innen und kritische Journalist_innen müssen in Marokko mit Verfolgung rechnen. Jüngste Beispiele sind der Rapper Mouad Belghouat, genannt El Haqed, dessen Parolen auf Demonstrationen 2011 breit übernommen wurden und der seitdem dreimal verhaftet wurde, sowie der Journalist Hicham Mansouri von der 2011 gegründeten Marokkanischen Vereinigung für investigativen Journalismus. Er wurde im Frühjahr 2015 in einem Schauprozess zu zehn Monaten Haft wegen angeblicher "Mittäterschaft bei Ehebruch" verurteilt. Menschen, die sich mit Streiks, Demonstrationen und Sit-Ins gegen die Verteuerung von Energie und Wasser, für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen sowie mehr politische Freiheiten einsetzen, müssen mit politischer Verfolgung rechnen. So wurden mehrere Aktivist_innen der Protestbewegung "20. Februar" zu langjährigen Haftstrafen verurteilt – unter ihnen auch der Attac-Aktivist Abdeljalil Agadil.

Nach Angaben von Amnesty International werden in Marokko zudem nach wie vor geheime Gefängnisse unterhalten, in denen Menschen regelmäßig schwer gefoltert werden. Auch laut der Marokkanischen Menschenrechtsvereinigung (AMDH) gibt es weiterhin schwere Menschenrechtsverstöße im Land.

"An veränderten Menschenrechtsbedingungen kann es nicht liegen, dass Marokko und andere Maghreb-Staaten plötzlich als sichere Herkunftsländer eingestuft werden sollen", stellt Thomas Eberhardt-Köster, Mitglied im Koordinierungskreis, fest. "Statt die rassistisch gefärbte Diskussion nach der Silvesternacht in Köln zu versachlichen, opfert Innenminister De Maizière das individuelle Recht auf Asyl von Menschen aus Marokko, Tunesien und Algerien, um populistisch Handlungsfähigkeit zu demonstrieren."