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Heute verhandelt der "Pariser Club" über Schuldenerlass für Tsunami-Länder

Attac kritisiert die einseitige Ausrichtung des Schuldenregimes an den Interessen der Gläubiger. » Pressemitteilung

 

Interview in der Süddeutschen Zeitung vom 12.1.2005

 

Attac kritisiert Einfluss des Clubs Globalisierungskritikern gilt der Pariser Club als Machtinstrument reicher Gläubiger-Nationen. Zu leiden habe die Bevölkerung der Schuldner-Länder, klagt Philipp Hersel, Finanzmarktexperte im Kritiker-Netzwerk Attac. Er tritt dafür ein, den Club durch eine neutrale Instanz zu ersetzen.

 

SZ: Herr Hersel, was haben Sie gegen den Pariser Club?

 

Hersel: Er ist ein ausschließlich von den Gläubigern dominiertes Gremium, in dem die Schuldner wenig Mitsprache haben. Es ist aber erwiesen, dass es nur zu vernünftigen Lösungen einer Verschuldungskrise kommt, wenn eine neutrale Instanz darüber entscheidet, wie groß die Überschuldung ist. So läuft es ja auch, wenn Unternehmen oder Personen Insolvenz anmelden. Das kann der Pariser Club als Zusammenschluss nur der Gläubiger aber nicht leisten.

 

SZ: Der Club will eben sein Geld wiederhaben, das ist doch normal.

 

Hersel: Es muss aber ein rechtsstaatliches Verfahren geben. Wenn Unternehmen nicht mehr zahlen können, entscheiden ja auch Gerichte darüber, wie viel diese Unternehmen wann zurückzahlen können und müssen. Man kann einem Privatschuldner nicht den Kühlschrank plündern, nur weil der Gläubiger gerade sein Geld gerne hätte.

 

SZ: Tun Sie dem Pariser Club nicht Unrecht? Er will doch Schulden erlassen.

 

Hersel: Das ändert nichts an seiner Funktion als Interessenvertretung der Gläubiger. Wenn überhaupt, dann will der Club Milde walten lassen - das ist aber genau das Gegenteil eines fairen Verfahrens. Die Länder bedürfen keiner Gnade, sondern gerechter Behandlung.

 

SZ: Immerhin waren die Gläubiger so großzügig, das Geld verliehen zu haben.

 

Hersel: Es ist fraglich, ob man die Gewährung von Krediten tatsächlich als "Großzügigkeit" begreifen kann. Leider ist es so, dass gerade in der Entwicklungshilfe die Interessen der Gläubiger auch eine Rolle spielen, weil sie etwa ihren Export steigern wollen. Wenn es aber an die Rückzahlung geht, leidet die Bevölkerung in den Schuldnerländern. Das ist nicht fair.

 

Interview: Michael Bauchmüller