Grüner Wasserstoff aus Namibia – ein neues Kapitel deutscher Kolonialgeschichte?

Vom 1. bis 15. Oktober veranstaltet Attac Deutschland die Speakers Tour „Grüner Wasserstoff aus Namibia – ein neues Kapitel deutscher Kolonialgeschichte?“ in zehn Städten. Die kostenfreien Veranstaltungen beleuchten das geplante Wasserstoffprojekt „Hyphen“ in Süd-Namibia und die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung kritisch. Im Fokus stehen die Perspektiven der betroffenen namibischen Bevölkerung, die durch Paul Thomas (Mitglied der Nama Traditional Leaders Association) und Tjipura Unaune Tjipura von der Organisation Social Economic Justice Trust vertreten werden.
Das Großprojekt „Hyphen“ im Süden Namibias soll grünen Wasserstoff für die Energiewende in die reichen Länder des Nordens liefern. So plant beispielsweise der deutsche Energiekonzern RWE jährlich 300.000 Tonnen Ammoniak, welches über eine chemische Reaktion aus Wasserstoff gewonnen wird, aus der „Hyphen“-Anlage zu beziehen.
Für Attac trägt das „Hyphen“-Projekt zweifellos neokoloniale Züge. Die Pläne bereiten der namibischen Bevölkerung sowie lokalen zivilgesellschaftlichen Kräften große Sorgen: Unter anderem soll der Hafen von Lüderitz vor der Haifischinsel („Shark Island“) massiv ausgebaut werden. An dieser Stelle errichteten Truppen während der deutschen Kolonialherrschaft das erste Konzentrationslager, in dem sie Schätzungen zufolge bis zu 4.000 Menschen der Volksgruppen Nama und Ovaherero auf brutale Weise ermordeten. Der Gedenkort ist durch die Ausbaupläne direkt bedroht. Auch bei der Entscheidung für das Projekt und dessen Umsetzung wird die lokale Bevölkerung nicht beteiligt. Alles geschieht intransparent und ohne eine Risikoanalyse. Bedenken hinsichtlich weitreichender Umweltauswirkungen werden ignoriert.
Die Veranstaltungen sollen das Bewusstsein für die Kolonialgeschichte Namibias schärfen und zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den dort begangenen Verbrechen und dem Völkermord anregen. Angesichts der deutschen Kolonialherrschaft tragen insbesondere deutsche Projekte wie die Beteiligung an „Hyphen“ Verantwortung dafür, die Reproduktion kolonialer Konzepte in Namibia zu vermeiden.
Die Speakers Tour wird von der Attac-Projektgruppe „H2-Namibia“ organisiert, die Teil der bundesweiten Attac-Kampagne „RohstoffEnergieHunger“ ist. Kooperationspartner sind die Rosa-Luxemburg-Stiftung, Medico International, Powershift und die Werkstatt Ökonomie. Unterstützt wird die Speakers Tour von Brot für die Welt, der Stiftung Umverteilen und dem Katholischen Fonds.