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Etappenerfolg Hartz-IV-Urteil

Das Bundesverfassungsgericht hat heute eine gesetzliche Neuregelung der Hartz-IV-Sätze verlangt. Laut Grundsatzurteil verstößt deren bisherige Berechnung gegen das Grundgesetz, da sie kein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten. Attac fordert als ersten Schritt eine Grundsicherung für Kinder und startet eine Volksinitiative in MV.

Das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist ein Etappenerfolg beim Kampf gegen die zunehmende Umverteilung von unten nach oben. Die Richter haben deutlich gemacht, dass die geltenden Hartz-IV-Sätze in Widerspruch zu Artikel eins des Grundgesetzes stehen: Ein menschenwürdiges Leben ist mit Hartz IV nicht möglich. Mit einer Erhöhung der Regelsätze allein ist es jedoch nicht getan. Das gesamte System Hartz IV hat versagt und gehört abgeschafft.          

Ein Viertel der Kinder in Deutschland ist von Kinderarmut betroffenAls ersten Schritt in Richtung einer gerechten Gesellschaftsordnung, die jedem Menschen ein Leben in Würde ermöglicht, fordert Attac die Einführung einer Kinder-Grundsicherung in Höhe von mindestens 500 Euro im Monat. Das Anwachsen der Kinder- und Familienarmut seit Einführung der Hartz-IV-Gesetze ist besonders skandalös. Nirgendwo hat die soziale Herkunft so starke Auswirkungen auf den Bildungsverlauf, wird soziale Benachteiligung so zementiert wie in Deutschland. Dabei wäre Deutschland als eines der reichsten Länder weltweit leicht in der Lage, Kinderarmut effektiv zu verhindern.

2,4 Millionen Kinder in Deutschland leben in Armut, darunter 1,8 Millionen, deren Eltern Arbeitslosengeld II beziehen. Mehr als jedes vierte Kind hier zu Lande ist arm. Besonders häufig betroffen sind dabei Kinder von Alleinerziehenden und Erwerbslosen sowie Kinder in den östlichen Bundesländern. Dies ist ein weiterer Skandal: Armut in Deutschland hat eine rassistische und geografische Konnotation. Die Situation der einkommensschwachen Familien wird sich dabei noch drastisch verschlimmern, sobald die Finanznot der Kommunen zur Erhöhung von Gebühren und zu Schließungen öffentlicher Einrichtungen führt.


Mit Aktionen in mehreren ostdeutschen Städten will Attac Kinderarmut dort sichtbar machen, wo sie besonders dramatisch ist – etwa in Schwerin, das mit mehr als 40 Prozent eine der höchsten Kinderarmutsraten deutschlandweit aufweist. Dafür hat Attac gleichzeitig mit der Urteilsverkündigung am heutigen Dienstag in Mecklenburg-Vorpommern eine Volksinitiative gestartet, die ein kostenloses warmes Mittagessen für alle Kindergarten- und Grundschulkinder im Land fordert. Ziel der Initiative ist es, das Thema Kinderarmut in den Landtag und die öffentliche Diskussion zu tragen. René Zeitz, aktiv bei Attac Schwerin und Mitglied im bundesweiten Attac-Koordinierungskreis: "In unserer Stadt wird die Armut immer sichtbarer. Viele Kinder kommen hungrig in die Schule und erhalten kaum eine warme Mahlzeit pro Woche. Um gegen Kinderarmut anzugehen, brauchen wir eine gesamtgesellschaftliche Debatte um die Verteilung von Vermögen. Aber als erste Hilfe soll ein kostenloses Essen die Lebensqualität der Kinder verbessern."

Attac Karlsruhe arbeitet seit mehreren Jahren zum Thema und hat im Januar 2010 bereits den vierten Kongress der Reihe "Arme Kinder - Reiches Land" veranstaltet. Auf der Webseite finden sich weitere Texte und Links.