Bericht vom Attac-NRW Treffen
Am Samstag, den 20. September fand in Sankt Augustin das diesjährige
Regionaltreffen der Attac-Gruppen in NRW statt.
Andreas Zumach – der UN-Korrespondent für die Taz und andere Medien jenseits des mainstream – war als Referent eingeladen, um die historischen und ökonomischen Hintergründe der aktuellen kriegerischen Konflikte auf dieser inzwischen sehr unruhigen und unübersichtlichen Welt sichtbar zu machen. Andreas Zumach hätte man ja gerne früher als tollen Gymnasiallehrer goutiert. So klar und wissend und verstehbar , der Urteilskraft förderlich - wie er auch komplizierte Zusammenhänge darzustellen in der Lage ist, verhielten und verhalten sich die Agenten der eher gräulichen, auf umgänglicher Anpassung erpichten Bildungsinstitutionen – in ihrer notorisch blöden Mischung aus pädagogischer Inkompetenz und Ignoranz den eigentlich ja wissbegierigen Schülern gegenüber – leider selten. Andreas Zumach erläuterte die geschichtlichen Ursachen aktueller Konfliktherde im Nahen und mittleren Osten, zeigte auf der gebeamten Weltkarte die einstigen Kolonien, wo „die Arroganz der Macht“ unserer europäischen Vorväter gnadenlos Raubbau betrieb, es den westlichen Staatenlenkern und ihren Wirtschaftsführern hauptsächlich darum ging, lukrativen Zugang zu den Rohstoffen – Öl, Metalle, Lebensmittel – vor Ort zu
erlangen. So wurden brutale Fakten geschaffen, deren Willkür sich heute bitter rächt, wie es auch Jean Ziegler in seinem Buch „Der Hass auf den Westen“ eindrücklich beschrieben hat. Auch die extrem hauptsächlich durch Saudi-Arabien hochgerüstete Terrormiliz „IS“ müssten wir zwar aktuell im Sinne der bedingungslosen Notwehr an der Seite der verfolgten irakischen und syrischen Zivilbevölkerung als eine internationale UN Aufgabe jetzt wirksam bekämpfen.
Jegliche strategische Spielchen, verbunden mit lukrativen Waffenexporten, zu denen sich nicht nur „Kanonen-Uschi“ herausgefordert fühlt, sind angesichts unserer historischen Verantwortung im postkolonialen Schlamassel nur als zynisch und eskalierend zu bewerten. Im Einzelnen referierte Zumach die entscheidende Schlüsselstellung des Iran seit 1950, die im Lauf der Zeit maßgeblich durch die strategischen Interessen der USA modifiziert wurde. Überhaupt kam in seinem Vortrag deutlich zum Ausdruck, dass aus der sozusagen höheren Warte jeweiliger Geopolitik permanent die ach so bewährte “ Teile und herrsche“ – Taktik der „Großmächte“ kalt kalkuliert betrieben wird. Und auch wenn noch so viele Zivilmenschen getötet, gequält, verelendet werden – in ihrer gnadenlosen Ignoranz unterscheiden sich die mächtigen Potentaten dieser Welt in keiner Weise. Was also kann so eine Phrase Schröders vom „lupenreinen Demokraten“ Putin bloß für die russische Bevölkerung bedeuten? Und was denkt sich eigentlich Obama dabei, ohne jegliche völkerrechtliche Legitimierung in aller Welt Tötungsbefehle ausführen zu lassen? Oder wer entscheidet da drüben sonst noch alles? Unsere Journalisten jedenfalls insistieren so gut wie gar nicht auf konkreten Antworten, nein, solche Fragen scheinen wohl zu banal. Diese Fragen jedoch verdienen auch in den kommenden Diskussionen bei attac weiterer Beachtung, will man nicht in einen unwürdigen „double standard“ verfallen. Ach was wäre es klasse, wenn es mal einen politischen Wettbewerb der Herrschenden für die konstruktivsten humanen Entscheidungen gäbe!
Lebhaft diskutierte das Plenum auch zum Konflikt mit der Ukraine. Einig war man sich im Sinne von De-Eskalierung, der Nato auf keinen Fall eine Vereinnahmung der Ukraine zu gestatten, und nach Parlamentswahlen endlich eine demokratische Verfassungsreform durchzuführen. Hier wie auch für den Nahen Osten gilt: Wir können dazu beitragen, jeweils vor Ort jene demokratischen Strukturen zu fördern, die den dort Lebenden den Zugang zu ihren eigenen Ressourcen rechtsverbindlich ermöglichen, damit sie sich an den politischen Entscheidungen maßgeblich beteiligen können. Vorrangig geht es in den ärmeren Ländern um eine Versorgungssouveränität, zunächst also um gesunde Ernährung und um Bildung und Ausbildung. Nur so kann eine verbindliche STRUKTUR entstehen, auf die sich die BürgerInnen verlassen können. Dies als Basis, um überhaupt selbstbewusst in der Lage zu sein, dann als Kollektiv demokratische Ansprüche endlich zu stellen! So wie wir hier in Europa für Transparenz von der Basis aus kämpfen, war an diesem sonnigen Herbstsamstag mit attac NRW dann Gegenstand eines workshops über ttip ceta tisa und andere „Freihandelsfallen“. Die konkreten Gefahren, die die fatale Ökonomisierung aller Lebensbereiche mit sich bringt, wenn die herrschenden Konzerne es – in der Tat - hinkriegen, im Verein mit willfährigen Politikern in Europa und transatlantisch per Geheim-Deals uns BürgerInnen auszuschalten – diese Gefahren sind immens.
Glücklicherweise kümmert sich besonders attac seit geraumer Zeit mit einer effektiven Kampagnen-Arbeit sowohl kommunal, als auch auf Länder – und Bundesebene um Aufklärung und folgereiche Initiativen. Am Beispiel einer kleinen rheinischen Stadt schilderte Norbert Baumgarten das konkrete Vorgehen von attac und anderen sozialen Bündnispartnern und es war eine Wonne zuvernehmen, wie erfolgreich besonders auch der aufgewachte Mittelstand in Erkrath sich in den Widerstand gegen multinationale Verheerungspläne solidarisch mit einreiht. Hier der link zu den Aktionen vor Ort.
Quelle: http://www.nachdenkseiten.de/?p=23368
Weiteres: http://theorieblog.attac.de/was-hat-das-ttip-mit-den-kommunen-zu-tun