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UN-Verhandlungen: Zeitenwende in der internationalen Steuerpolitik

Globale Allianz fordert global gerechte Steuerregeln

Am UN-Hauptsitz in New York wird derzeit die Geschichte der internationalen Steuerpolitik neu geschrieben. Nach jahrelangen Vorbereitungen und auf Druck der internationalen Zivilgesellschaft finden vom 4. bis 15. August die ersten beiden Verhandlungsrunden über eine UN-Steuerkonvention statt. 

Zum ersten Mal werden damit die internationalen Steuerregeln gleichberechtigt und öffentlich zwischen allen Staaten (außer den USA) verhandelt. Damit beginnt eine neue Ära internationaler Steuerzusammenarbeit. Denn bisher wurden die internationalen Steuerregeln in der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) vor allem von den reichen Industriestaaten verhandelt – auf Kosten der armen Länder im Süden. 

Das ehrgeizige Mandat für die Verhandlungen wurde mit überwältigender Mehrheit 2024 verabschiedet. Es hat das Ziel, „ein inklusives, faires, transparentes, effizientes, gerechtes und wirksames internationales Steuersystem für nachhaltige Entwicklung“ zu schaffen. In den ersten Verhandlungsrunden stehen die rechtlich bindenden Verpflichtungen sowie, Transparenz- und Kontrollmechanismen im Zentrum, die die Regierungen mit der Unterzeichnung der Steuerkonvention eingehen werden. In zwei zusätzlichen Protokollen wird über die Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen den Ländern, die Besteuerung von Dienstleistungen in der digitalisierten Wirtschaft sowie über die Verhinderung und Lösung von internationalen Steuerstreitigkeiten verhandelt.

Attac kritisiert, dass die bisherigen Steuerregeln veraltet, ungerecht, komplex und voller Schlupflöcher sind. Eine UN-Steuerkonvention bietet die historische Chance, ein gerechtes, effizientes und multilaterales Steuersystem zu schaffen. „Ein solches System muss Besteuerungsrechte fair zwischen Ländern aufteilen und den aggressiven Steuermissbrauch durch multinationale Konzerne und Überreiche endlich wirksam bekämpfen. Jetzt liegt es an den Regierungen, diese Chance zu nutzen“, sagt Alfred Eibl, Steuerexperte von Attac.

Gemeinsam mit der Global Alliance for Tax Justice (GATJ) und über 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert Attac grundlegende Reformen im internationalen Steuersystem. Dazu zählen:

  • Die Abschaffung des alten Systems der Konzernbesteuerung (des Transferpreissystem), das Steuermissbrauch ermöglicht, und die Einführung einer Gesamtkonzernsteuer – ergänzt durch effektive Mindeststeuersätze.
  • Mehr Steuertransparenz – etwa durch öffentliche Vermögensregister und öffentliche, länderbezogene Konzernberichte.
  • Eine progressive Vermögensbesteuerung der Reichsten sowie Umweltsteuern nach dem Verursacherprinzip, etwa auf die Gewinne fossiler Konzernen.
  • Den Ersatz zwischenstaatlicher (bilateraler) Steuerabkommen durch einen multilateralen Rahmen, der gleiche Rechte für alle Staaten sichert.
  • Keine intransparenten Schiedsgerichte und „Opt-out“-Regelungen, die die Wirksamkeit der Steuerkonvention untergraben könnten.

Entgegen bisheriger UN-Praktiken fanden einige Verhandlungen in New York ohne Beteiligung der Zivilgesellschaft statt. „Wir fordern eine Rückkehr zu einem transparenten Verfahren – so wie es das Verhandlungsmandat vorsieht. Ein gerechtes globales Steuersystem kann nicht hinter verschlossenen Türen entstehen“, erklärt Eibl.

Die EU und Deutschland gehörten bislang zu den Bremsern des inklusiven UN-Prozesses. Attac fordert insbesondere die deutsche Regierung auf, eine ambitionierte Steuerkonvention zu unterstützen, von der alle Staaten profitieren. Die USA haben die UN-Steuerverhandlungen im Februar 2025 verlassen. Sie ignorieren damit wie so oft internationale Prozesse. Niemand erwartet, dass die USA ein globales Steuerabkommen jemals umsetzen würden. Auch in der OECD haben sie zuerst die Ergebnisse verwässert und danach die Umsetzung verweigert. Der Ausstieg der USA eröffnet daher die Chance auf ein ehrgeizigeres Ergebnis der UN-Verhandlungen.