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Bankenrettungsskandal

SoFFin: Aushöhlung der Demokratie

Als die Banken im Herbst 2008 auch in Deutschland zu wanken begannen, stellte die Bundesregierung gleich mehrere Rekorde auf: Noch nie wurde ein Gesetz mit so unvorhersehbaren Konsequenzen in so kurzer Zeit durch den Bundestag gepeitscht. 480 Milliarden Euro für Bürgschaften und Eigenkapitalspritzen wurden dem Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) anvertraut - fast das Doppelte des Bundeshaushaltes.

Das Brisante ist dabei nicht allein die Summe sondern auch die weitgehende Ausschaltung demokratischer Kontrolle. Selbst das neunköpfige „parlamentarische Kontrollgremium“ bekommt nur wenige Informationen und darf über das Wenige nicht einmal mit Parlamentskolleg/innen sprechen – von der Öffentlichkeit ganz zu schweigen. Damit hat der Bundestag seine verfassungsgemäße Aufgabe, über den Haushalt zu wachen, kurzerhand über Bord geworfen.

 

Hypo Real Estate: Chronik einer absehbaren Katastrophe

Allein dem in die Krise geratenen Immbolienfinanzierer Hypo Real Estate wurden 102 Milliarden Euro in Form von Krediten und Garantien zugesprochen. In einer dramatischen „Rettungsnacht“ am 29. September 2008 wurde das erste Milliardenpaket geschnürt. Die Rettung wurde als alternativlos dargestellt, von einer drohenden „Kernschmelze“ des Finanzsystems war die Rede. Von dem plötzlichen Zusammenbruch will vorher niemand etwas geahnt haben. Dabei gab es seit 2003 deutliche Warnhinweise, die sowohl die rot-grüne als auch die schwarz-rote Bundesregierung ignoriert hatten.

Inzwischen ist deutlich geworden, dass sich die Bundesregierung von den Bänkern erpressen und über den Tisch ziehen ließ. Heute versucht sie die „Beteiligung der Privatbanken“ an der Rettung als Erfolg zu verkaufen: Dabei sind diese Kredite vor allem sichere Zinsquellen für die Deutsche Bank und andere – ein Luxus in dieser Zeit.

Die Bundesregierung hat mittlerweile 10 Milliarden Euro Eigenkapital in die HRE gesteckt. Weiterer Finanzierungsbedarf: ungewiss.

 

Commerzbank: 18 Milliarden ohne Mitsprache

Auch bei der Rettung der Commerzbank ging es nicht mit rechten Dingen zu: Kurz nachdem der Bund 18 Milliarden Euro für eine 25-prozentige Beteiligung an der Bank zahlte, die zu dem Zeitpunkt als Ganzes nicht einmal ein Viertel dieser Summe wert war, vollzog diese die Fusion mit der Dresdner Bank – ein Institut, das mit all seinen Schrottpapieren längst zum Sorgenkind der Eigentümer geworden war. Entstanden ist eine Bank, die noch größer und intransparenter geworden ist – und damit gefährlicher für die Allgemeinheit.

Die Hände reiben konnte sich der Versicherungskonzern Allianz, Hauptaktionär der Dresdner Bank, dessen Einlagen mit gerettet wurden – ohne an den Kosten der Rettung beteiligt zu werden. Die Commerzbank ändert übrigens - wie auch die anderen geretteten Banken - ihre Praxis nicht, riskante Geschäfte in Steueroasen fortzuführen.

Seit der Commerzbankrettung gehört uns allen ein Viertel der Bank - doch die Bundesregierung weigert sich, von ihrem Aktionärsrecht auf Mitbestimmung Gebrauch zu machen.

 

Finanzmarktregulierung: Außer heißer Luft nichts gewesen

Als die Banken in Schwierigkeiten gerieten, gab es eine Phase von vollmundigen Ankündigungen schärferer Regulierungen. Ratingagenturen und Wirtschaftsprüfer, die von den Finanzinstituten für ihre „Kontrollarbeit“ bezahlt wurden und ihnen immer wieder Unbedenklichkeit attestiert hatten, sollten endlich an die kurze Leine. Die Finanzmärkte müssten kontrolliert werden, war über Monate aus den Parteizentralen aller Farben zu hören. In der Realität, jenseits der Rhetorik, hat sich allerdings sehr wenig getan. Die Ankündigungen der G20, der 20 mächtigsten Industrie- und Schwellenländer, die Finanzmärkte zu regulieren, lösten sich im Wesentlichen in Schall und Rauch auf. Weder intransparente Zweckgesellschaften, noch risikoreiche Geschäftspraktiken mit Finanzderivaten, noch undurchschaubare Mehfachverbriefungen unsicherer Kredite wurden verboten – im Gegenteil: Das Geschäft blüht wieder, die nächste Blase – und damit die nächste Krise – wird vorbereitet. Und die Banken rechnen fest damit, wieder von en Steuerzahlern gerettet zu werden.

 

Folgen der Krise

Die Finanzkrise zog weite Teile der Realwirtschaft mit sich in die Tiefe: Steigende Arbeitslosigkeit und durchlöcherte Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen untergraben die soziale Sicherung. Doch noch existentieller sind einmal mehr die Ärmsten in den Ländern des Südens betroffen: Weltweit gingen die Überweisungen von ArbeitsmigrantInnen, deren Geld in vielen Ländern einen großen Anteil der überlebenswichtigen Einkommen ausmacht, drastisch zurück. Vom Export abhängig gemacht, brachen vielen Ländern in Afrika, Lateinamerika und Asien auch durch den Rückgang der Nachfrage und den schwachen Dollar die Einkünfte ein. Viele sind gezwungen nun Kredite aufzunehmen wegen einer Krise, die andere verursacht haben. Dass die G20 in diese Situation den Internationalen Währungsfonds zum Phönix aus der Asche kürten und ihn mit Milliarden für Kredite an die ärmsten Länder ausstatten, ist beunruhigend angesichts der Tatsache, dass der IWF durch seine berüchtigten Strukturanpassungsprogramme seit 30 Jahren einer der Hauptverursacher von Armut im globalen Süden ist.

 

Vor diesem Hintergrund ist entschlossener Protest gegen die Bankenrettungspolitik und die Vorbereitung der nächsten Krisen unumgänglich.

Das Bankentribunal will aufklären, Widerstandskräfte wecken und ein Forum für Alternativen bieten.

 

Hintergrundtexte

Hier finden Sie eine Auswahl von Zeitungsartikeln und anderen Texten zum Thema Bankenkrise und Bankenrettung als Links oder Dateien zum Download.