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Rede von Thomas Eberhardt-Köster (Attac-Koordinierungskreis) beim Protest gegen die Zustände in der Fleischindustrie vor Tönnies am 17. Juli 2020

"Wie durch ein Brennglas hat Corona die Schwächen unserer Art zu wirtschaften deutlich gemacht. Und es ist kein Zufall, dass das Tönnies-Fleischimperium zum Hotspot für Neuinfektionen mit Covid-19 wurde.

Die Fleischfabrik, vor der wir hier stehen, bringt alles an Schlechtem zusammen, was der aktuelle Kapitalismus zu bieten hat:
-    Unsichere Arbeitsverhältnisse mit miesen Löhnen, mangelhafter sozialen Absicherung und katastrophalen Arbeitsbedingungen,
-    Massentierhaltung und die damit einhergehende Tierquälerei,
-    Umweltzerstörung infolge der industriellen Landwirtschaft.

Ohne dies könnten nicht täglich über 20.000 Schweine allein bei Tönnies geschlachtet werden.
Ohne dies wäre Fleisch heute nicht zu Dumpingpreisen zu haben.
Ohne dies könnten sich Konzernschefs wie Tönnies nicht die Taschen vollstopfen.

Die Fleischindustrie ist eine der krassesten Auswüchse des globalen Wirtschaftssystems.

Die moderne, hochkapitalisierte Fleischwirtschaft steht wie kaum eine andere Branche für die maximale Ausbeutung von Mensch und Tier. Sie bedient einen gigantischen Markt. Hier geht es nicht um Ernährung.
Hier geht es um Profite auf Kosten von Mensch, Tier und Umwelt. Fleisch ist in der industriellen Massenproduktion zum Pfennigartikel geworden – die Kosten werden auf dem Rücken der Beschäftigten künstlich niedrig gehalten oder müssen an anderer Stelle gezahlt werden, etwa bei der Eindämmung der Klimakrisenfolgen oder bei Corona-Maßnahmen.

Es geht nicht allein um Tönnies, sondern um die Fleischkonzerne insgesamt:
Sie
-    setzen Bäuer*innen unter Preisdruck,
-    degradieren lokale Lebensmittelbetriebe zu Abverkäufer*innen,
-    beuten Arbeiter*innen über alle Maßen aus,
-    befeuern die Massentierhaltung, die die Klimakrise anheizt,
-    transportieren Tiere unter schlimmsten Bedingungen und lassen sie im Akkord töten,
-    betreiben Land-Grabbing,
-    produzieren regelmäßig „Gift- oder Gammelfleischskandale“ und
-    erzeugen und verbreiten Krankheiten vom Rinderwahn, über die Vogelgrippe bis zu Corona.

Nach dem Lockdown darf Tönnies wieder produzieren. Er musste dazu sein System nicht umstellen, ein paar kosmetische Korrekturen genügten.

Das wollen wir nicht hinnehmen. Ein Weiter-so darf es nicht geben, wir brauchen einen sozial-ökologischen Umbau des Wirtschaftssystems. Die Fleischindustrie muss zerlegt werden.

Attac fordert
-    kurzfristig:
o    bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne für die Beschäftigten in der Fleischindustrie,     -> Schluss mit Werkverträgen und Subunternehmertum
o    Tönnies muss die durch Corona bedingten Erwerbsausfälle alle Beschäftigten tragen
-    mittelfristig:
o    eine Zerlegung der Fleischkonzerne und ein Ende der industriellen Lebensmittelproduktion,       - > Dazu gehören:
•    eine demokratische Kontrolle der Produktion,
•    weniger Verbrauch von Ressourcen und Tierleben,
•    eine insgesamt umweltgerechte Produktion,
•    Stärkung des regionalen Wirtschaftens und kürzere Transportwege und
•    gesündere Produkte zu fairen Preisen.

Wir brauchen keine kosmetischen Reparaturen des Systems, wir brauchen andere Wirtschaft: solidarisch und ökologisch, statt am Profit orientiert."