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US-Studie: TTIP würde zu Rückgängen 
des Volkseinkommens, der der Arbeitseinkommen 
und der Beschäftigung in Europa führen

Die Tufts University, eine der angesehensten Forschungseinrichtungen der USA, hat soeben eine Untersuchung der wahrscheinlichen Wirkungen des von den USA und der EU derzeit ausgehandelten Transatlantischen Handels- und Investitionsabkommens herausgebracht. Jeronim Capaldo vom „Global Development and Environment Institute“ der Tufts Universität hat für seine Berechnungen das „United Nations Global Policy Model“ zugrunde gelegt, das „vernünftigere Annahmen über makroökonomische Angleichung, Beschäftigungsdynamiken und den globalen Handel macht“ als das von den TTIP-Propagandisten (vorneweg: das ifo-Institut) benutzte „Computable General Equilibrium Model“ (Allgemeine Gleichgewichtsmodell). Die US-Forscher gehen realistischerweise von einer länger anhaltenden Austeritätspolitik und geringem Wachstum in den USA und der EU aus.

Das Ergebnis der Analyse: „TTIP wird zu einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts, der persönlichen Einkommen und der Beschäftigung führen. Ebenfalls vorauszusagen ist ein Anwachsen der Instabilität im Finanzsektor und ein kontinuierliches Absinken der Lohnquote. .. TTIP begünstigt offenkundig die wirtschaftliche Desintegration in Europa eher als die Integration. Auf jeden Fall zeigt die Untersuchung, dass die offiziellen Studien keine solide Basis für eine sachlich fundierte Entscheidung über TTIP bieten.“

  • Unsere Ergebnisse, resümieren die US-Forscher, unterscheiden sich dramatisch von den vorgelegten Einschätzungen. Für Europa stellen sie u.a. fest:
  • Verglichen mit dem Szenario „No TTIP“ würde TTIP nach einem Jahrzehnt zu einem Rückgang der Netto-Exporte führen. Deutschland wäre mit einem Verlust von 1,9 % des BIP betroffen.
  • Das Bruttoinlandsprodukt in Europa würde zurückgehen – in Deutschland um 0,29 %.
  • Die Arbeitseinkommen würden zurückgehen – in Deutschland jährlich um 3.400 Euro pro Beschäftigtem.
  • Die Beschäftigung würde zurückgehen. In Deutschland um 134.000 Arbeitsplätze.
  • Die Lohnquote würde zugunsten der Profiteinkommen sinken. In Deutschland um 4 Prozentpunkte.
  • Die Staatseinnahmen würden sinken. In jedem EU-Staat würden die Staatsdefizite zunehmen.
  • TTIP würde zu größerer Instabilität im Finanzsektor und zur Anhäufung von Ungleichgewichten führen. Bei sinkenden Exporteinnahmen, Lohnquoten und Staatseinnahmen würde die Nachfrage sich auf Profite und Investitionen stützen müssen. Doch bei einem erlahmenden Konsum-Wachstum ist nicht zu erwarten, dass Gewinne durch wachsende Umsätzen entstehen. Eine realistischere Annahme ist, dass Profite und Investitionen (die meisten in Finanzanlagen) durch steigende Preise für Anlagegüter getragen werden. „Das Potential für gesamtwirtschaftliche Instabilität dieser Art von Wachstumsstrategie ist nach der jüngsten Finanzkrise wohl bekannt.“

Die Studie zieht zwei Schlussfolgerungen. Erstens bieten die vorhandenen Einschätzungen von TTIP keine tragfähige Basis für wichtige Handelsreformen. Wenn realistische Modelle zugrunde gelegt werden, ändern sich die Ergebnisse dramatisch. Zweitens ist die Suche nach einem höheren Handelsvolumen keine vernünftige Wachstumsstrategie. Im gegenwärtigen Kontext von Austeritätspolitik, hoher Arbeitslosigkeit und niedrigem Wachstum würde ein weiterer Druck auf die Arbeitseinkommen die wirtschaftliche Entwicklung weiter schwächen. Die Wiedergewinnung wirtschaftlichen Wachstums in Europa muss auf einer starken politischen Anstrengung zur Stärkung der Arbeitseinkommen aufbauen.

Für die Anti-TTIP-Bewegung ergibt sich mit der Tufts-Studie eine neue Lage. Bewiesen wird, dass die EU-Gewaltigen nicht nur im Geheimen ihre Pläne vorantreiben, sondern dass, was sie an die Öffentlichkeit bringen, unwahr ist. Die Propaganda der TTIP-Betreiber fußt auf der Behauptung, bei allen möglichen Problemen sei das Abkommen für Wachstum und Beschäftigung doch sehr förderlich. Dies ist offenkundig falsch. TTIP würde zu einem Schrumpfen der Volkswirtschaft, der Arbeitseinkommen und der Beschäftigung führen. TTIP ist nicht nur Gift für die Demokratie, für Gewerkschaftsrechte, für die kommunale und allgemeine öffentliche Versorgung – TTIP würde den Transnationalen Konzernen helfen, aber die Wirtschaft im allgemeinen empfindlich treffen.

Jeronim Capaldo: The Trans-Atlantic Trade and Investment Partnership: European Disintegration, Unemployment and Instability. Global Developmernt and Envorinment Institute, Working Paper No. 14-03. Tufts University. http://ase.tufts.edu/gdae

Eine Übersetzung des Abstracts und des “Executive Summary” findet sich unter „Die TTIP-Hoffnungen der Europäer sind trügerisch“ in
Informationsbrief Weltwirtschaft und Entwicklung (W&E), Luxemburg, 19. November 2014 (www.weltwirtschaft-und-entwicklung.org)
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Siehe auch:
isw-report 97: Wirtschafts-Nato TTIP – STOP
 http://isw-muenchen.de/report970.html

 


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