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Streitfall: Geldschöpfung, Geldmengensteuerung, Entstehung der Gewinne

Bei der Diskussion über Lösungsansätze für eine postkapitalistische Ökonomie gibt es unterschiedliche Auffassungen über eine angemessene Geldpolitik und es wird von namhaften Ökonomen (Binswanger, Peach u.a.) die These vertreten, dass in einer nicht mehr wachsenden Ökonomie per Saldo keine Gewinne mehr erzielbar sind. Diese Thematik wird in diesem Beitrag behandelt.

Zunächst zum Thema Geldschöpfung und Geldmengensteuerung

Uneinigkeit besteht darüber, wie zusätzliches Geld geschaffen (geschöpft) wird und wie die Geldmenge kontrolliert werden kann.

Unstrittig ist, wie das Bargeld geschaffen und in den Umlauf gebracht wird, unstrittig ist auch, dass (Buch-)Geld von der Notenbank geschaffen und über die Banken den Kreditnehmern (Staaten und Wirtschaftsakteuren) zur Verfügung gestellt wird. Weitgehend unstrittig ist ebenfalls, dass im heutigen System auch die Geschäftsbanken zusätzlich Giralgeld schaffen und per Kredit an Nichtbanken in den Umlauf bringen. Dass Banken auch bei der Vergabe von Krediten an andere Banken zusätzlich erhebliche Mengen an Geld schöpfen, wurde von Klaus Simon in einem Beitrag im Buch „Das dienende Geld“ dargestellt.

Mit diesem Beitrag möchte ich das Sparen der Nichtbanken als eine weitere Quelle der Geldmengenausweitung in die Debatte einbringen. Die Banken, die dieses gesparte Geld als Kredit an die Kreditnehmer vermitteln, schaffen nicht wirklich dieses zusätzliche „Geschäftsbankengeld“ sondern die „Sparer/innen“, indem sie mehr Leistung erbringen, als sie konsumieren. (Zu den Sparer/innen gehören auch die Unternehmen, die mehr Geld durch Gewinne erwirtschaften, als sie selbst investieren.) Die Banken sind für dieses gesparte Geld nur die Intermediäre, sie sorgen dafür, dass das Geld, das die Sparer/innen vorläufig nicht selbst in den Wirtschaftskreislauf zurückfließen lassen wollen, an andere Wirtschaftsteilnehmer/innen gelangt und so weiter im Wirtschaftskreislauf zirkulieren kann. Die Banken sorgen über die Vergabe von Krediten für das Funktionieren der Wirtschaft. (Bis jetzt habe ich nur im Buch „Die neue Wirtschaftspolitik“ von Richard A. Werner die Ansicht bestätigt gefunden, dass bei diesem Vorgang nicht die Banken als die „Schöpfer“ des Geldes zu werten sind.)

Bei einem Sparvolumen von 170 – 180 Mrd. €/Jahr ist in Deutschland das Sparen der weitaus größte Beitrag zur Geldmengenausweitung. Aus dem Buch „Monetäre Modernisierung“ von Prof. Joseph Huber ist zu entnehmen (Seite 131), dass in Deutschland von den Banken durch die Kreditvergabe an Nicht-Banken „nur“ 14 – 42 Mrd. € pro Jahr neu „geschaffen“ werden.

Für all diejenigen, die daran zweifeln, dass durch das Sparen das Geldvolumen ausgeweitet wird, möchte ich den Ablauf an einem Beispiel erläutern.

Ein Unternehmen überweist seinen Arbeitskräften aus seinen liquiden Mitteln die Löhne auf deren Girokonten. Die Geldmenge M1 bleibt dadurch konstant. Wenn nun jemand einen Teil des Lohnes nicht in voller Höhe verausgabt, sondern auf das Sparkonto oder eine andere längerfristige Anlage transferiert, dann reduziert sich zunächst die Geldmenge M1, die Geldmenge M2 oder M3 bleibt im ersten Schritt noch konstant. Wenn die Bank dieses Geld z.B. für Investitionen an ein Unternehmen per Kredit weiterreicht, erhöht sich M1 (fast) wieder auf den alten Stand, womit M2 oder M3 um das Kreditvolumen ansteigt, denn das Guthaben auf dem Sparkonto bleibt ja bestehen. Und durch den erneuten, zusätzlichen Einsatz der Produktionsfaktoren Arbeit und natürliche Ressourcen entsteht weiteres Realkapital.

Daraus folgt die These, dass zusätzliches Geld-(Kapital) dadurch entsteht, in dem mehr Leistungen erbracht werden als für den Konsum verbraucht wird.

Die Zentralbanken wollen die Geldmengenausweitung über den Zinssatz steuern. Prof. Richard Werner hat nachgewiesen, dass ihnen das damit nicht gelingt. Auch die klassische und neoklassische Lehr-Ökonomie geht von der Annahme aus, dass die Sparquote eine Funktion des Zinses ist. Wenn dies zutreffend wäre, dann müsste im Zustand des derzeitigen negativen Realzinses die Sparquote gegen Null streben oder zumindest drastisch einbrechen. Dies ist aber nicht der Fall. Für eine effektive Steuerung der Geldmenge sind deshalb ganz andere Methoden erforderlich. Da die Geldmengenausweitung ganz wesentlich durch das Sparen erfolgt, müssen Methoden zum Einsatz kommen, die das Sparen beeinflussen.

Seit der großen Steuerreform im Jahr 2000 ist das Sparvolumen stark angestiegen und die Nettoinvestitionsrate ist von 7 % auf weniger als die Hälfte eingebrochen, in den Jahren 2002 bis 2005 betrug sie im Durchschnitt nur 2,32 %. Im Jahr 2011 wurden von den privaten Haushalten 181 Mrd. € gespart, die Netto-Investitionen betrugen aber nur 85 Mrd. €. Das bedeutet, dass weniger als die Hälfte des Sparvolumens in der realen Wirtschaft im Inland investiert wurden. Durch geeignete politische Maßnahmen muss dafür gesorgt werden, dass mehr für die Zukunft investiert und weniger gespart wird.

Die Beweggründe zu sparen sind sehr vielfältig. Generell gilt, dass nur diejenigen sparen können, deren Einkommen den Mindestbedarf überschreiten. Damit scheiden schon etwa ein Drittel der abhängig Beschäftigten aus, sie sind auch nicht in der Lage für die vom Staat gewollte und subventionierte „Riesterrente“ zu sparen. Auch Rentner/innen mit geringen Ruhegeldbezügen können nicht sparen.

Ein weiteres Drittel der abhängig Beschäftigten und auch ein Teil der Selbständigen können nur in begrenztem Umfang für Notfälle, für die Alterssicherung, für zukünftige größere Anschaffungen oder für den Erwerb von Wohneigentum sparen. Sparen können aber auch Bezieher höherer Renten- und Pensionsbezüge. Sie sparen vor allem zur Absicherung für den Fall, dass sie schwer krank oder pflegebedürftig werden oder im günstigeren Fall für die „Enkel“. Diese bisher beschriebene Sparmotivation ist zu unterstützen, es muss vor allem dafür gesorgt werden, dass durch eine gerechtere Einkommensverteilung alle in die Lage versetzt werden, wenigstens im bescheidenen Umfang Ersparnisse bilden zu können, das erhöht das Sicherheitsgefühl und damit die Lebensqualität. Das dadurch entstehende Geld-Kapital wird von den Unternehmen und privaten Haushalten für Investitionen oder auch für Konsumausgaben benötigt.

Damit das Ziel der Steigerung der Zukunftsinvestitionen erreicht wird und damit nur so viel gespart wird, wie es für eine günstige wirtschaftliche Entwicklung erforderlich ist, sind in der derzeitigen Situation folgende Veränderungen erforderlich:

  1. Damit sowohl die Unternehmen wie auch die privaten und die öffentlichen Haushalte in die Zukunftsfähigkeit investieren, das heißt z.Z. vor allem in den Ressourcen- und Klimaschutz, sind geeignete Gesetze zu erlassen, die diese Investitionen auslösen. Kurzfristig kann dazu die Besteuerung der Rohstoffe eingeführt und Vorschriften zur energetischen Gebäudesanierung erlassen und die Umstellung auf erneuerbare Energien gefördert werden. (mehr dazu in F.Groll „Der Weg zur zukunftsfähigen Gesellschaft”)
  2. Damit die öffentlichen Haushalte die dazu erforderlichen finanziellen Mittel bekommen, sind die Besteuerung großer Vermögen und der Kapitaltransfers sowie Steuererhöhungen für hohe Einkommen und hohe Gewinne erforderlich.

Mit diesen beiden Maßnahmen können das Spar- und das Investitionsvolumen austariert werden, so dass das Geld-(Kapital) in der realen Wirtschaft verbleibt, also nicht in die Spekulation abwandert. Außerdem kann so die Ausweitung des Geldvolumens, das durch das Sparen entsteht, gesteuert werden.

Die Entstehung der Gewinne

Meinungsverschiedenheiten gibt es auch darüber, unter welchen Bedingungen die Erwirtschaftung von Gewinnen möglich ist.

Prof. Binswanger vertritt in seinen Büchern „Geld und Magie“ und „Die Wachstumsspirale“ die These, dass Gewinne nur dann erwirtschaftet werden können, wenn immer neues Geld in die Wirtschaft hineinfließt, also nur bei einer wachsenden Wirtschaft. Prof. Peach stützt in seinem Buch „Befreiung vom Überfluss“ (Seiten 105 ff) diese These mit einem einfachen Modell, in dem es nur einen Konsumgüterproduzenten gibt. Die produzierten Waren können deshalb nur von den Mitarbeitern des eigenen Betriebes gekauft werden, die natürlich nur so viel kaufen können, wie sie selbst erhalten. Die Erwirtschaftung von Gewinn ist in diesem Fall nur möglich wenn zusätzliches Geld geschaffen und per Kredit in die Wirtschaft fließt.

Nach meiner Überzeugung spiegelt dieses Modell die Realität nicht in der erforderlichen Präzision wieder und führt daher zu einer falschen Schlussfolgerung. Im Modell fehlt, dass es in der Realität außer der Konsumgüterindustrie auch eine Investitionsgüterindustrie gibt, in der die Gewinne (zum größten Teil) als Nachfrage auftreten. In dieser Investitionsgüterindustrie arbeiten ebenfalls Arbeitskräfte, die mit ihrem Lohn ebenso Konsumgüter kaufen müssen; so fließt der Gewinn ebenfalls als Nachfrage in die Konsumgüterindustrie und schließt die Lücke, die im Modell von Herrn Peach auftrat. Und der Teil des Gewinns, der nicht in die Investitionsgüterindustrie fließt, erscheint sofort als Konsumnachfrage und schließt den Kreis vollständig.

Dasselbe gilt für die Zinsen und die Steuern, auch sie tauchen entweder direkt bei der Konsumgüternachfrage wieder auf oder indirekt, wenn sie zur Finanzierung von Investitionen verwendet werden, über die Arbeitskräfte der Investitionsgüterindustrie.

Das Ergebnis dieser Analyse ist, dass es nicht zutrifft, dass nur bei einer wachsenden Wirtschaft, in die immer zusätzliches Geld gepumpt wird, Gewinne möglich sind.

Die Frage erhebt sich aber dann doch noch, wie Gewinn entsteht, wer muss ihn erwirtschaften bzw. wer muss auf etwas (auf Konsum oder Wohlstand) verzichten, damit ein Gewinn entstehen kann.

Gewinn führt (überwiegend) zur Vermehrung von Kapital. Wie wir weiter oben festgestellt haben, entsteht Geld-Kapital, indem wir weniger konsumieren als wir erarbeitet haben. Wie dieses Geld-Kapital entsteht, ob durch Sparen oder durch die Bildung von Rücklagen (auch von öffentlichen Institutionen) oder durch die Erwirtschaftung von Gewinnen, ist sekundär. Es handelt sich immer um einen freiwilligen oder erzwungenen Verzicht auf Konsum von denen, die die Werte erarbeitet haben, die sie aber nicht jetzt selbst verbrauchen (konsumieren). Wenn das so entstandene Geld-Kapital für Investitionen genutzt wird, entsteht Realkapital.

Damit ist es naheliegend zu sagen, dass alle Arbeitskräfte auf einen Teil ihrer Entlohnung verzichten, damit Gewinne entstehen können. Man kann aber noch einen Schritt weitergehen und sagen, dass alle Konsumenten, auch wenn sie gar nicht an der Wertschöpfung beteiligt sind, also z.B. Rentner/innen, für die Erwirtschaftung von Gewinnen Konsumverzicht üben müssen, denn wenn die Gewinne niedriger sind, können auch die Preise geringer sein und dann könnten auch sie mehr konsumieren. Generell gilt also, dass die Erwirtschaftung von Gewinnen immer eine Umverteilung zugunsten der Gewinnbezieher ist.

Zum Schluss müssen wir doch noch einmal kritisch hinterfragen, ob die These nicht vielleicht doch stimmt, dass für die Erwirtschaftung von Gewinn ein Zuwachs des Geldvolumens erforderlich ist, denn durch die Erwirtschaftung des Gewinns entsteht (in der Regel) mehr Geld-Kapital, das Geldvolumen nimmt also zu und wird dann zu Realkapital. Aber – wenn der Gewinn nicht für Investitionen verwendet wird, sondern für den Konsum, z.B. wenn er als Altersversorgung für ein Rentnerehepaar dient, dann führt er nicht zu zusätzlichem Geldvolumen, dennoch wurde Gewinn erwirtschaftet.

Es bleibt also bei der Feststellung, dass ein steigendes Geldvolumen keine Voraussetzung für die Erwirtschaftung von Gewinn ist. Gewinn führt aber bei der Verwendung für Investitionen zu einem zusätzlichen Geld-, Kapital- und Wirtschaftswachstum.

 

 


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