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Die Deutsche Bank – ein kriminelles Unternehmen?

Die Deutsche Bank gerät trotz des eigentlich schon längst ausgerufenen „Kulturwandels“ immer wieder aufgrund gesetzeswidriger Geschäftsvorgänge in die Schlagzeilen. Dahinter stehen keine einmaligen Verfehlungen einzelner Manager zu einer bestimmten Zeit; vielmehr hat dieses Geschäftsgebaren eine lange Tradition und erfasst weite Teile der Bank. Dies soll im Folgenden dargestellt werden, um anschließend einige Forderungen zu formulieren, die gesetzgeberisch nötig wären, um dem Treiben ein Ende zu machen und schließlich die Frage zu beantworten, ob die Deutsche Bank eine kriminelle Vereinigung darstellt.

 

Ein kurzer Blick in die Geschichte ist nötig um zu begreifen, dass die skandalösen Geschäftspraktiken sozusagen in der DNA der Bank verankert sind:

Seit Gründung der Bank 1870 war diese immer aufs engste verquickt mit der Politik: als führendes nationales, wenn auch nicht staatliches, Finanzinstitut. Es wurde gegründet und gebraucht als Beschaffer von Monopolkapital für industrielle Großprojekte, z.B. für Elektrifizierung Berlins oder von Eisenbahnprojekten oder als Finanzier von Kolonialprojekten (z.B. Bagdad-Bahn), sowie zur Finanzierung des deutschen Außenhandels. Das ist nicht trivial: Auch heute noch meint der Finanzminister Scholz, man brauche eine global agierende Bank; so gab es immer schon eine enge Allianz mit dem Staat und Protektion durch den Staat.

Im 3. Reich war die Deutsche Bank in vielerlei Hinsicht in die verbrecherische NS-Politik involviert: bei der Finanzierung der Aufrüstung, bei Raubgold-Transfers ins Ausland, als Finanzier des Holocaust (z.B. des KZ-Krematorium-Produzenten Topf und Söhne oder der IG-Farben, die ein Werk in Auschwitz betrieb und deren Aufsichtsrat der Deutsche Bank-Vorstand H.J. Abs war); bei der Ausplünderung eroberter Staaten und der Abwicklung der Aneignung ausländischen Kapitals durch die deutsche Besatzungsmacht und bei der Arisierung jüdischen Vermögens, besonders auch der Übernahme einiger jüdischer Privat-Banken. Fast das ganze Kapital der Bank wurde im NS-Staat investiert.

1947 erging daher folgerichtig der Beschluss zur Liquidation der Bank durch die US-Militärverwaltung wegen der Mitwirkung am Holocaust und anderen NS- Verbrechen; 1948 erfolgte die Zerschlagung der Bank in 10 regionale Institute. Die Verantwortlichen entgehen aber einer Anklage vor dem Nürnberger Kriegsverbrechergericht dank hoher politischer Einflussnahme. Im Zusammenhang mit dem politischen Wandel im Zeichen des beginnenden Kalten Krieges wird die Deutsche Bank ab 1952 schrittweise wiedervereint und 1957 als nationales Institut wiedergegründet. Die Deutsche Bank spielt fortan eine tragende Rolle bei der wirtschaftlichen Stärkung des strategisch wichtigen Kalten-Kriegs-Frontstaates BRD. Langjähriger Vorstandsvorsitzender wird H.J. Abs, ehemals (NS-Zeit) als Vorstand für die Arisierung und die verbrecherische IG Farben zuständig.

In der BRD war die Deutsche Bank lange das „Zentralorgan“ des rheinischen Kapitalismus; die Bankvorstände hielten Dutzende von Aufsichtsrats-Mandaten bei führenden Industrieunternehmen; so fungierte die Deutsche Bank als Herzkammer der deutschen Wirtschaft. Unter Vorstandschef Herrhausen bis zu dessen Ermordung war die Deutsche Bank federführend bei einer großen Kampagne für den Schuldenerlass der ärmsten Länder – eigentlich eine gute Sache, aber nicht ganz selbstlos: die Deutsche Bank hatte sich entsprechend positioniert, während Konkurrenten darunter „gelitten“ hätten.

Einige (legale, normale) Geschäftsfelder der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart:

Die Deutsche Bank betätigte sich neben dem gewöhnlichen, moralisch unspektakulären Filialgeschäft immer schon auch auf problematischen Geschäftsfeldern, solange man Profite erwarten durfte:

So hat die Deutsche Bank sich mit ihren Rohstoff- und Agrarfonds an Nahrungsmittelspekulationen und Landgrabbing beteiligt. Beides ist ein Geschäft mit dem Hunger. Nahrungsmittelspekulation verteuert die Lebensmittel in den armen Regionen, Landgrabbing raubt der Bevölkerung das Land für eigenen Lebensmittelanbau. Aufgrund einer für das Image der Deutsche Bank schädlichen, inzwischen etwas eingeschlafenen Kampagne gegen Nahrungsmittelspekulation hatte die Deutsche Bank den Handel mit Nahrungsmittelderivaten zwischenzeitlich eingestellt, später jedoch wieder aufgenommen mit der Begründung, ein Zusammenhang mit der Verteuerung von Nahrungsmittel sei nicht erwiesen.

Die Verantwortlichen der Deutschen Bank hatten auch keine Hemmungen, ihre Profite auf Kosten von Umwelt, Klima, Menschenrechten und sogar Menschenleben zu machen. Dass sie gleichzeitig Greenwashing betreiben, der Bank also einen grünen, also einen nachhaltigen und umweltbewussten Anstrich geben wollen, erscheint daher eher zynisch. Denn die Bank gehört zu den größten Investoren bei der Finanzierung von Atomkraftwerken, Staudämmen oder anderen Megaprojekten.

Klima- und umweltschädliche Investitionen der Deutschen Bank in Kohleabbau umfassten beispielsweise die Betreuung des Börsengangs und die weitere Unterstützung des weltgrößten Kohleproduzenten COAL INDIA, dessen Abbaugebiete direkt an indische Nationalparks grenzen, in denen die letzten freilebenden Tiger vorkommen, deren Existenz damit massiv gefährdet wird.

Auch die Finanzierung von extrem schädlichen Abbaumethoden, wie zum Beispiel dem Mountaintop Removal in den US-amerikanischen Appalachen, bei dem ganze Bergspitzen abgesprengt werden und der teils toxische Abraum einfach in das nächste Tal geschüttet wird, trägt zu den Profiten der Deutschen Bank bei.

Des Weiteren kritisierten Umweltschützer des Vereins Rettet den Regenwald im Juni 2012, dass die Deutsche Bank das malaiische Palmöl-Handelsunternehmen FELDA, das den Regenwald abholzt, bei seinem Börsengang unterstützte und so indirekt die weitere weitläufige Rodung kostbarer Waldflächen förderte. Das schadet ebenfalls in gleichem Maße der Umwelt wie dem Klima.

Selbst nach dem Super-GAU im japanischen Fukushima hält die Deutsche Bank an ihren Investitionen in und der Finanzierung von Atomkraftwerken fest. Sogar für den Betreiberkonzern des havarierten Atomkraftwerks Fukushima, den japanischen Energiekonzern TEPCO, gab die Bank Anleihen heraus – selbst nachdem bekannt wurde, dass der Konzern Sicherheitsberichte gefälscht und Reparaturen unterlassen hatte.

Außerdem erhielten Unternehmen wie AREVA Kredite, die im Uranbergbau tätig sind, der eine massive Schädigung sowohl der Umwelt als auch der Gesundheit der Arbeiter und der in der Umgebung lebenden Bevölkerung mit sich bringt.

Über Aktien und Anleihen pflegt die Deutsche Bank darüber hinaus mit dem weltgrößten Rohstoff-Multi GLENCORE umfangreiche Geschäfte. Damit ist die Deutsche Bank direkt verwickelt in die endlos lange Liste von Verstößen und Verbrechen gegen Menschen- und Arbeitsrechte sowie gegen den Umweltschutz im Rahmen der Rohstoff-Förderung, bes. in Afrika (Coltan, Kongo).

Auch mit Rüstungskonzernen und deren Zulieferern werden vielfältige Geschäftsbeziehungen unterhalten – sei es nun in Form von Anleihen, Krediten oder Aktien an den Unternehmen. Dazu gehörten Unternehmen, die geächtete Streubomben oder sogar Atomwaffen produzieren und die ihre Waffen auch an Staaten liefern, die Menschenrechte missachten und die eigene Bevölkerung unterdrücken oder Krieg führen, wie derzeit im Jemen. Dies wurde auf der letzten Hauptversammlung (2019) moniert. Das Eurofighter- Konsortium lieferte mindesten 72 Eurofighter an die Saudis, obwohl die im Krieg gegen Jemen sind, mitfinanziert durch die Deutsche Bank. Insgesamt finanzierte die Deutsche Bank seit 2015 allein in der Krisenregion Nahost/ Nordafrika Waffengeschäfte mit einem Volumen von 1,8 Mrd. Inzwischen hat sich die Deutsche Bank wenigstens aus dem Streubombengeschäft zurückgezogen. Vor einem Jahr führte die Deutsche Bank auch eine neue Richtlinie zu sogenannten umstrittenen Waffen ein, womit wenigstens Atomwaffengeschäfte künftig möglichst vermieden werden sollen. Interessant ist die Begründung: Dies soll die Bank „vor Reputationsrisiken schützen“ (!), wird aber offenbar trotzdem nur halbherzig umgesetzt, es gibt wohl weiterhin Beziehungen zu Atomwaffenherstellern wie Raytheon (NGO „Facing Finance“); laut einer Ican-Studie von 2018 habe allein die Deutsche Bank 6,6 Mrd. in Atomwaffenunternehmen investiert.

Die Deutschen Bank hat mit riskanten Zinsswap-Geschäften missbräuchlich ihre Macht für Geschäfte eingesetzt zu haben, die öffentliche Einrichtungen wie Kommunen schädigten. Bei solchen Geschäften tauschte man Kredite mit hohen Zinsen in Kredite einer anderen Währung, bei der die Zinssätze niedriger liegen, ausgehend von der sich als falsch erweisenden Prognose, dass die Zinsverhältnisse sich nicht zuungunsten des Geschäftspartners ändern würden. Mit solchen hochriskanten Wettgeschäften, an denen die Deutsche Bank hohe Provisionen verdiente, verloren Städte, Gemeinden und europäische Regionen – darunter Pforzheim, Hagen und Neuss - Millionenbeträge, was die betroffenen Kommunen finanziell schwer belastete.

2017 wurden die Pforzheimer Bürgermeisterin und ihr Kämmerer deswegen zu Bewährungsstrafen (Veruntreuung, verbotene Spekulationsgeschäfte) zu Bewährungsstrafen verurteilt, die Bank und die Banker jedoch nicht – sie musste jedoch in manchen Fällen Schadensersetz leisten.

Die Deutsche Bank agierte auch als Treuhänder für die Besitzer von Hypothekenkrediten; in dem Zusammenhang bekannt wurden Klagen der Stadt Los Angeles gegen die Deutsche Bank wegen der Verwahrlosung zwangsvollstreckter Häuser und illegaler Zwangsräumungen; die Stadt verlangte Entschädigungen für die ehemaligen Mieter. Die Deutsche Bank sei der größte „Slumlord“ (Ausbeuter) der Stadt. Die Deutsche Bank kam vor Gericht aber ungeschoren davon – alles angeblich ganz legal. Die Bank konnte sich damit retten, dass sie kriminelle Teile der Geschäftsvorgänge an „Subunternehmer“ ausgelagert hatte.

[persönliche Beobachtung des Autors: Eine Bekannt von mir freute sich im Jahr 2000 über einen Geldsegen von 80 000 Mark und legte das Geld für ihre Altersvorsorge bei der Deutsche Bank an. Auf mein entsetztes Nachfragen, wieso gerade dort, sagte sie mir, man habe ihr vorgerechnet, dass sie später mit einer Rente von 4000 Mark monatlich rechnen könne. Das hat sich natürlich nicht ansatzweise bewahrheitet. Aber mit solchen damals wohl noch formal-legalen Bauernfängermethoden – vulgo Beratungsbetrug – arbeitete man offenbar bei der Deutsche Bank Düsseldorf. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Deutsche Bank in Düsseldorf berichtete den attac-Finanz-AG-Mitgliedern über ähnliche Praktiken, bei denen wissentlich problematische Anlagen verkauft werden, solange nur die Provisionen stimmen. Der Mann verließ die Bank, als er wegen Gewissenskonflikten psychisch erkrankte.]

Alles legale, erlaubte Geschäfte.

Gesetzeswidrige Geschäfte vor dem 2012 ausgerufenen „Kulturwandel“:

Eine repräsentative Auswahl aus der Skandalchronik Stand 2018: noch knapp 20000 Ermittlungs- und Gerichtsverfahren anhängig.

- Mitwirkung an Steuerhinterziehung (Panama-Papers 2016, Offshore Leaks 2013): Im April 2013 begann ein Konsortium internationaler Medien, Berichte über Steueroasen zu veröffentlichen, die etwa 130.000 Personen und alle Großbanken betrafen. Nach Recherchen des Norddeutschen Rundfunks und der Süddeutschen Zeitung hat die Deutsche Bank über ihre Niederlassung in Singapur mehr als 300 Firmen und Trusts in mehreren Steueroasen, größtenteils auf den Britischen Jungferninseln, gegründet. In vielen Fällen setzte sie dabei ihre Tochterfirma Regula Ltd. ein. Nach Ansicht von Kritikern leistete sie der Verschleierung von Geldströmen Vorschub und begünstigte damit mögliche Straftaten. In wessen Auftrag sie dies tat und was der Geschäftszweck war bzw. ist, wollte die Deutsche Bank nicht mitteilen. Mit Offshore-Konstrukten können Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Korruptionsgelder verschleiert werden. In einer Broschüre offerierte die Deutsche Bank ihren Kunden unverblümt die „Gründung, das Management und die Verwaltung“ von Trusts, Firmen und Stiftungen in verschiedenen Ländern. Dafür arbeite man eng mit den Rechts- oder Steuerberatern der Kunden zusammen. Auf der Website Deutsche Bankoffshore.com warb sie für ihre Offshore-Dienste. Dort hieß es beispielsweise, die Steueroase Mauritius biete „eine steuer-neutrale Umgebung“.

Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch US-Bürger: 2015 einigte sich die Deutsche Bank auf einen Vergleich mit der US-Justiz. Diese hatte der Schweizer Konzerntochter vorgeworfen, zwischen 2008 bis 2013 mehr als 1.000 US-Kunden betreut zu haben, die 8 Mrd. US-Dollar in der Schweiz angelegt hatten. Die Deutsche Bank richtete dafür Stiftungen in Liechtenstein ein und verheimlichte die Transaktionen mithilfe von banklagernder Post (wie es eben Kriminelle so tun). Mit 31 Mio. Euro Strafe kam die Deutsche Bank vergleichsweise glimpflich davon – sie hatte zuletzt kooperiert, um die Strafe zu senken.

Umsatzsteuerbetrug: die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelte gegen die Deutsche Bank wegen betrügerischer Geschäfte mit CO2-Emissionszertifikaten. Die Verschmutzungsrechte wurden in Karussellgeschäften hin- und her gehandelt, damit sich die Händler von Finanzämtern die Umsatzsteuer rückerstatten lassen konnten, die jedoch tatsächlich nie gezahlt wurde. Ein von der Deutschen Bank bestellter Prüfbericht hatte festgestellt, dass Alarmsignale bankintern systematisch missachtet wurden.

Die Staatsanwaltschaft sprach von „bandenmäßiger Steuerhinterziehung“, es entstand ein Schaden von 850 Mio. Euro. Später wurden acht an diesen Geschäften beteiligte Mitarbeiter der Bank angeklagt, gegen 15 weitere wurde ermittelt. Nur einer kam ins Gefängnis (3 Jahre Haft), die anderen kamen mit Bewährungsstrafen oder Geldbußen davon.

Cum-Ex-Geschäfte: Mitarbeiter der Deutschen Bank waren offenbar auch an betrügerischen „Cum-ex-Transaktionen“ beteiligt. Dabei wurden Aktiengeschäfte um den Dividenden-Stichtag eingefädelt mit dem Ziel, die nie abgeführte Kapitalertragsteuer mehrfach geltend zu machen. Im Sommer 2015 gab es deswegen eine Razzia bei der Deutschen Bank, die Ermittlungen laufen noch.

Pikant: Die Deutsche Bank wusste laut Recherchen der SZ, NDR und WDR seit 2007 über die Cum-EX-Geschäfte Bescheid; sie riet aber davon ab die Regierung zu warnen. Man wollte lieber noch ein bisschen mitverdienen am Geschäft, das den deutschen Fiskus um je nach Quelle gut 10 Mrd. Euro, nach anderen Quellen um 31 Mrd. betrog. Ende 2018 zahlte man dafür gerade mal 4 Mio. Euro Bußgeld.

Inzwischen (Juni 2019) ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln weiter gegen 70 Manager der Deutschen Bank, darunter Ackermann, Jain und Ritchie. Sie sollen mitverantwortlich dafür sein, dass die Bank zwielichtigen Geschäftsleuten geholfen hat den deutschen Fiskus zu betrügen.

Manipulation des Libor / Euribor: Mitarbeiter der Deutschen Bank hatten über Jahre hinweg wichtige Referenzzinssätze wie den Libor und Euribor manipuliert und für profitable Geschäfte ausgeschlachtet. Libor und Euribor sind grundlegend für viele Derivategeschäfte, deren Volumen in die Billionen geht. Nach der Liberalisierung der Finanzmärkte in den 90er Jahren wurde der Libor-Satz unter einigen Großbanken unkontrolliert ausgemacht. Die Institutionen, die den LIBOR und den Euribor festlegen, sind also nicht etwa staatlich organisiert, sondern deren Organisation wurde im Zuge der Deregulierung den Banken selbst überantwortet. Alle Banken sollten also an eine gemeinsame Stelle den Zinssatz melden, zu dem sie sich selber refinanzieren kann. Der Libor berechnet sich dann als Durchschnittswert dieser Meldungen. Ein Mitarbeiter der Bank, Christian Bittar, sprach sich mit Managern anderer Banken, z.B. Barclays, ab und manipulierte so den Liborsatz in die Richtung, die den eigenen Geschäften dienlich waren. Bittar soll dadurch Hunderte von Mrd. Euro für die Bank und für sich selbst in 2008 einen Bonus von 80 Mio. US-Dollar – in nur einem Jahr!- verdient haben. Ein mit den Vorgängen betrauter Richter sprach von der „Abwesenheit jener Integrität, die das Bankwesen charakterisieren sollte“ (Zit. nach Hetzer 2015, s.u.).

In einem Vergleich mit der US- und britischen Justiz hat die Deutsche Bank 2,5 Mrd. US-Dollar berappt – mehr als jede andere Bank. Die besonders hohe Strafe wurde mit dem unkooperativen und irreführenden Verhalten der Deutschen Bank begründet (zum Verhalten gegenüber der Justiz siehe weiter unten). Auch die EU-Kommission hatte die Deutsche Bank in dieser Sache bereits Ende 2013 zu einer Strafe von 725 Mio. Euro verdonnert. Christian Bittar wurde 2018 zu einer 5-jährigen Haftstrafe in Großbritannien verurteilt, der Star-Händler Tom Hayes zu 14 Jahren. Weitere deutsche Manager entgingen einer Verurteilung, weil die deutsche Justiz sie nicht den britischen Behörden auslieferte.

Zeugnis von den Zuständen im Innern der Bank gibt ein Zwischenbericht der Bafin zur Libor-Affäre, der vom Wall Street Journal veröffentlicht wurde. Die Bafin moniert darin eine Kultur des Wegsehens, in der nur Gewinne zählen und führt darin auch auf, wie die Aufklärung behindert wurde. Etlichen Topmanagern der Bank konnte zwar keine aktive Mittäterschaft attestiert werden, aber ein Verhalten, das diese Praktiken, die intern mindestens seit 2008 vermutet wurden, begünstigt hat. Ähnliche Kritik hatten auch schon amerikanische und britische Aufseher gegen die Bank erhoben. Offenkundig handelt es sich bei den vielen Delikten nicht um das Tun von Einzeltätern, sondern ein „System organisierter Unverantwortlichkeit“.

Devisen-Skandal: Auch bei Währungsgeschäften sollen Händler der Deutschen Bank Kurse manipuliert haben. Anders als andere Banken, die bisher Strafen von insgesamt 10 Mrd. Euro auferlegt bekommen haben, ging die Deutsche Bank bisher straffrei aus. Die Deutsche Bank, zweitgrößter Devisenhändler der Welt, hat wegen der Affäre einige Händler vom Dienst suspendiert und einigte sich in einem Vergleich zu Zahlungen in Millionenhöhe, um den Prozess zu beenden.

weitere Marktmanipulationen, z.B. Edelmetalle / Isdafix: Die Aufsichtsbehörden ermittelten gegen die Deutsche Bank auch wegen des Verdachts auf illegale Preisabsprachen im Edelmetallhandel. Zudem ermittelten deutsche und US-amerikanische Behörden gegen die Bank wegen Manipulationen am Marktindex für Swap‐Geschäfte (Isdafix). Zusammen mit anderen Banken zahlte die Deutsche Bank eine Geldstrafe. Für Goldpreismanipulationen zahlte die Deutsche Bank 30 Mio. Strafe – Peanuts in der Sprache der Deutsche Bank.

Kirch-Gruppe: Prozessbetrug / Falschaussage vor Gericht Der frühere Vorstandschef Jürgen Fitschen und vier Ex-Vorstände mussten sich einem Verfahren wegen des Verdachts auf Prozessbetrug stellen, Verdacht auf Absprache zu falschen Zeugenaussagen. Der frühere Deutsche Bank-Chef Rolf Breuer hatte in einem Interview 2002 die Kreditwürdigkeit des Medienkonzerns von Leo Kirch angezweifelt, der dann kurz darauf Pleite ging. Die Bank hatte sich Anfang 2014 mit den Kirch-Erben auf einen Schadenersatz von 925 Mio. Euro geeinigt. Anschließend hieß es, die Deutschbanker sollen sich zu Falschaussagen vor Gericht abgesprochen haben, um Strafzahlungen zu vermeiden. Nach Freisprüchen 2015 verhandelt der Bundesgerichtshof demnächst über die Revision.

Prinzlinge-Affaire: Die Deutsche Bank soll Kinder hochrangiger chinesischer Politiker angestellt haben, um an Großaufträge zu kommen.

Geldwäsche in Russland und Iran: Die Deutsche Bank spielte auch im russischen Geldwäsche-Skandal eine unrühmliche Rolle. Ihre Kunden sollen über die Finanzplätze Moskau, New York und London rund zehn Milliarden Dollar an Rubel-Schwarzgeld aus Russland gewaschen haben. Und das Geldhaus soll da nicht so genau hingeschaut haben. Die Deutsche Bank habe unzureichende Vorkehrungen dagegen unternommen, befand die US-Notenbank Fed – also wieder ein „System organisierter Unverantwortlichkeit“. Die US-Behörden brummten der Bank ein Bußgeld von 41 Millionen Dollar und später nochmal weitere 700 Millionen an Strafe auf, weil sie russischen Kunden half, Geld außer Landes zu schaffen. Weil das mit der Geldwäsche-Kontrolle offenbar immer noch nicht recht klappt, hat die BaFin der Deutschen Bank inzwischen sogar einen Aufpasser an die Seite gestellt.

Ähnliche Vorwürfe wurden zu verbotenen Geldwäschegeschäften im Iran erhoben. Peinlich für die Deutsche Bank ist, dass etliche der aufgedeckten Fälle auch noch in der Zeit begangen wurde, als sie längst einen Kulturwandel ausgerufen hatte. Das gilt sowohl für die Manipulationen von Referenzzinssätzen und Devisen als auch für die verbotenen Russlandgeschäfte, die noch bis in das Frühjahr 2015 betrieben wurden, dazu gleich noch mehr.

Zur Rolle der Deutschen Bank bei der Finanzkrise von 2007ff:

Vorgeschichte: In den 90er und Nuller-Jahren erfolgte ein rascher und kaum kontrollierter Aufbau einer international agierenden Investmentbank, für deren Geschäfte man in der Frankfurter Zentrale kaum Expertise hatte; Man wollte sich dieses „moderne, zeitgemäße“ Geschäftsfeld jedoch auch nicht entgehen lassen. So kam es zur Übernahme der Investmentbanken Morgan Grenfell, der großen US-Bank Bankers Trust (die nach ruinösen Spekulationen mit dem Hedgefond LTCM billig zu haben war) und der Abwerbung von teuren Investmentbanker-Gruppen von Merrill Lynch. Nach der Übernahme von Bankers Trust ist die Deutsche Bank die der nach Bilanzsumme größte Bank der Welt. Sie übernimmt mit dem neuen Geschäftsfeld angelsächsische Banktraditionen und Geschäftspraktiken, die mit dem seriös-langweiligen traditionellen, deutschen Bankgeschäft nichts zu tun hatten. Die neuen Investmentabteilungen in London und New York behielten so eine hohe Eigenständigkeit und waren kaum kontrolliert durch die Zentrale in Frankfurt.

Die Investmenttöchter in New York und London handelten in großem, amerikanischen Stil mit verbrieften Immobilien-Krediten.

Handel mit US-Hypothekenramsch: Auf dem US-Häusermarkt fand die Finanzkrise bekanntlich ihren Ursprung: Schlechte Immobilienkredite wurden in bestimmten Finanzprodukten gebündelt und weiterverkauft – bis die Blase platzte. Die Deutsche Bank konnte vorher noch große Bestände z.B. bei der IKB (Deutsche Industriebank) abladen, die dann auf Kosten des Steuerzahlers gerettet wurde (sie geriet in Schieflage, nachdem ausgerechnet die Deutsche Bank ihr die Kreditlinie gekürzt hatte). Auch Pensionsfonds und weitere Banken waren betroffen. Die Deutsche Bank nahm es also mit seriöser Bankpraxis nicht sonderlich genau. Das holte die Deutsche Bank jedoch wieder ein. Für falsche Angaben beim Verkauf der Wertpapiere verurteilte die US-Justiz sie Ende 2013 zu einer Strafzahlung von umgerechnet 1,4 Mrd. Euro, 2016 wurden nochmal 7,2 Mrd. fällig. Vor deutschen Gerichten wurde dafür niemand verurteilt.

Die Deutsche Bank war einer der großen Akteure bei der Verbreitung minderwertigen Hypothekenpapieren, die viele Banken in Existenznot gebracht haben. Das besondere bei der Deutsche Bank: Die Papiere wurden selbst dann noch weiter verkauft, als man längst den Braten roch und absehen konnte, dass die verscherbelten Hypotheken, denen willfährige Ratingagenturen eine gute Bonität attestierten, doch nicht so sicher sind wie die Atteste der Ratingagenturen vorgaukelten. Da man in der Deutsche Bank davon ausging, dass diese Papiere bald an Wert verlieren würden, wettete man zugleich auf den Wertverlust dieser CDOs, die man offiziell weiter als sichere Anlage verkaufte. So konnte man Provisionen am Verkauf verdienen und zugleich Kasse machen, sobald die Papiere dann platzen würden.

Während andere Banken, z.B. Commerzbank, IKB usw. durch den Staat gerettet werden mussten und Milliarden zur Stützung von bankrottgefährdeten Banken ausgegeben wurden, brüstete sich der damalige Vorstandssprecher Ackermann damit, dass er sich schämen würde, wenn die Deutsche Bank Staatshilfe in Anspruch nehmen müsste. Obwohl auch die Deutsche Bank damals schon in bedrohlicher Schieflage war (was erst später offensichtlich wurde und zu Kursstürzen der Deutsche Bank-Aktie führte), gab sie sich nach außen als solides Institut. Das ist in mehrerer Hinsicht perfide: Erstens konnte sich die Deutsche Bank nur vor gewaltigen Verlusten retten, weil sie anderen Banken, die noch blöder waren als die Deutsche, viele Schrottpapiere andrehen konnte und so ihr Verlustrisiko minderte, und zweitens, weil es bestenfalls eine Halbwahrheit war: Die Deutsche Bank erhielt zwar keine direkten Staatshilfen von der BRD, nahm jedoch Kredite der US- Notenbank (über 70 Mrd.) in Anspruch, die ihre Liquidität retteten, und profitierte davon, dass ihre Schuldner, z.B. AIG, von der US- Regierung gerettet wurde. Wäre das nicht geschehen, dann wäre auch die Deutsche Bank pleite gewesen. Sie profitierte also sehr wohl von Staatshilfen. Die deutschen Medien verbreiteten aber weiterhin die Mär von der starken Deutschen Bank.

Inzwischen hat sogar der IWF (!) eingeräumt, dass auch die sogenannte Griechenlandhilfe in Wahrheit eine Bankenrettung war – auch zugunsten der Deutsche Bank. So wurden die griechischen Schulden erst von den Banken auf die öffentlichen Haushalte verlagert und dann erst umstrukturiert (2009, 2010, 2012). Jedes Mal konnte die Deutsche Bank ihre Verluste auf den Steuerzahler abwälzen.

Noch heute gilt die Deutsche Bank laut IWF (2016) als „gefährlichste Bank der Welt“ – immer noch ist sie vollgestopft mit riskanten Papieren (ca. 331 Mrd. an Derivaten und einer Bilanzsumme von 1,44 Billion Euro bei nur ca. 4,5% Eigenkapital) und damit eine der Zeitbomben, die wie Lehman 2007 eine neue weltweite Krise auslösen könnte. Allerdings gibt es politische Signale – z.B. in Bundeswirtschaftsminister Altmeiers kürzlich verkündeter Industriestrategie 2030 - , dass die deutsche Regierung ein großes Interesse am Erhalt einer großen deutschen, global agierenden Bank habe. Mit dieser „Rettungsgarantie“ im Falle eines Falles kann man Verlustrisiken getrost eingehen, denn im Zweifelsfall wird man ja vom Staat gerettet. Nebenbei bemerkt führt diese Rettungsgarantie auch zu niedrigen Refinanzierungskosten – quasi ein Wettbewerbsvorteil: Müsste man sich ohne diesen staatlichen Hintergrund am Kapitalmarkt finanzieren, wären deutlich höhere Zinsen fällig, denn das Risiko wird ja bei der Kreditvergabe eingepreist. Das spart der Deutschen Bank jährlich Milliarden.

Bei der Bank selbst gibt es neuerdings (2019) verzweifelt wirkende Pläne, durch eine neue interne „Bad Bank“ das Problem toxischer Papiere in den Bilanzen zu entschärfen.

Nach dem Kulturwandel: Die rechtswidrigen Geschäfte gehen weiter

2012: Der Vorstandssprecher Ackermann tritt ab, und die neuen Chefs Jürgen Fitschen und Anshu Jain (ausgerechnet Jain, der für den Augiasstall der Londoner Investmentabteilung der Deutsche Bank verantwortlich war!) proklamieren, auf immer lauter werdende öffentliche Skandalisierung und den damit einhergehenden Reputationsverlust reagierend, einen „Kulturwandel“. Der kommt aber nicht recht voran; immer neue Skandale werden öffentlich. 2015 übernimmt John Cryan den Vorstandsvorsitz. Er forciert den sogenannten Kulturwandel, der die Bank sauber machen soll. Tatsächlich kommt die Bank jetzt zunächst aus den Schlagzeilen. Doch der Schein trügt, wie die folgenden Meldungen alleine seit Herbst 2018 zeigen:

- Nach dem Schließen der der Gesetzeslücke, die Cum-Ex-Geschäfte zur Ausplünderung der Staatskassen ermöglichten, suchte und fand man neue Lücken, die diese Geschäfte in neuen Varianten ermöglichten; und zwar auf der Basis von ADR (American Deposit Reciepts, fiktive Aktien, die einen Aktienhandel in den USA in Dollar ermöglichten). Dabei nutzte man aus, dass die Finanzbehörden aufgrund einer Gesetzeslücke und einem gegenseitigen Informationsverbot der verschiedenen Steuerbehörden nicht erkennen konnten, ob den ADR tatsächlich reale Aktien unterlegt waren. Diese Geschäfte liefen teilweise noch bis 2018 weiter.

- Die Deutsche Bank kooperierte bis 2015 mit der estnische Danske Bank bei der Geldwäsche von bis zu 200 Mrd. Euro. – also gigantisch mehr als bei den früheren Geldwäscheskandalen. Die BaFin wurde erst im November 2018 informiert – allzu groß kann der Wille zum Kulturwandel und zur Zusammenarbeit mit den Behörden bei der Deutsche Bank also nicht gewesen sein. Bei einer Anhörung im EU-Parlament antwortete der Geldwäschebeauftragte der Deutsche Bank, Wilken, auf die Frage von MdEP Sven Giegold, wie viele Mitarbeiter wegen der Geldwäsche-Aktivitäten entlassen wurden, dass er das nicht wisse: „Das ist nichts, was wir tracken“. Soviel zum internen Aufklärungswillen der Deutsche Bank in dieser Sache.

- Ende November 2018 kam es zur abermaligen Durchsuchung der Deutsche Bank, diesmal im Zusammenhang mit den bereits erwähnten Panama-Papers, also mit möglichen Steuerhinterziehungs-Dienstleistungen und Geldwäsche. Jetzt war der Anlass der Verdacht, dass diese Geschäfte nicht oder zu spät gemeldet worden waren, also pflichtwidrig Geldwäscheverdacht nicht angezeigt wurde, entgegen der Versicherung der Bank, mit den Ermittlungsbehörden zu kooperieren. Die Panama-Papers hatten offenbart, dass allein die Deutsche Bank 426 dubiose Firmen von der panamaischen Skandal-Kanzlei Mossak Fonseka gründen ließ; eine davon, die schon erwähnte Regula Limited, war noch bis 2016 aktiv; man vermutet, um illegal Steuern zu hinterziehen oder zur Geldwäsche. Die Beziehungen zu Mossak Fonseka bestanden somit über 2 Jahrzehnte. Die Deutsche Bank war jahrzehntelang ein „verlässlicher Partner für Geschäfte in Steueroasen“, wie die SZ formuliert (16.5.19). Die „Deutsche Bank-Abteilung „Global Trust Solutions“ (GTS), die Zugang zu Briefkastenfirmen, Scheindirektoren und Stiftungen (Trusts) in Steueroasen vermittelte, wurde erst im März 2018 verkauft und hatte bis dahin noch Neukunden angenommen. Über den Käufer, die Schattenbank Butterfield, sagte der Leiter Deutsche Bank-Abteilung für vermögende Privatkunden: „Wir freuen uns darauf, unseren Kunden gemeinsam mit diesem (Butterfield) und andern Anbietern ein breiteres Angebot an Trusts bieten zu können.“ Die Bank legt dabei stets Wert auf die Feststellung, dass es auch legitime Gründe gibt, Trusts zu nutzen.

- Mangelnde Kooperation mit den Behörden wird der Deutsche Bank auch im Zusammenhang mit dubiosen Geldbewegungen des Kunden Donald Trump vorgeworfen. Die US-Behörden untersuchen lt. Medienberichten, ob sich das Frankfurter Geldhaus an die Anti-Geldwäsche-Gesetze halte. Eine bei der Bank für die fragwürdigen Geschäfte des Herrn Trump zuständige Angestellte hat wohl ihre Vorgesetzten auf die Auffälligkeiten hingewiesen, doch diese reagierten mit Verschweigen gegenüber den Aufsichtsbehörden. Offenbar wollte man einen wichtigen Kunden nicht verprellen, so die Angestellte in einer aktuellen Einschätzung. Die Bank weist das zurück.

- Ebenfalls erst jetzt im Mai 2019 berichtet die SZ über einen Softwarefehler bei der Deutsche Bank: jahrelang seien Parameter der Programme falsch programmiert gewesen, sodass bestimmte Geldwäsche-Vorgänge gar nicht entdeckt werden konnten. Der Fehler wurde nicht behoben, obwohl die Deutsche Bank schon vorher Ärger mit der BaFin hatte, weil ihre Kontrollsysteme nicht gut genug funktionierten; Die Bafin schickte sogar einen Sonderbeauftragten, der helfen sollte, die IT-Systeme zu verbessern.

- Ende 2018 wurde auch bekannt, dass Marktmanipulationen, hier: Preisabsprachen bei Dollar-Anleihen, bis 2015 weitergingen, also drei Jahre nach Ausrufung des Kulturwandels. Vergleichszahlungen wegen des Verstoßes gegen das Kartellrecht in den USA von 48 Mio. für ähnliche Geschäfte in den Jahren davor waren also wohl nicht besonders abschreckend.

-„Internationale kriminelle Organisation“: Genau den Ausdruck gebrauchte 2017 der Richter im Mailänder Prozess um 2013 schon publik gewordene Bilanzfälschung und Zinsgeschäfte, mit der die Aufsichtsbehörden über den Zustand der Krisenbank Monte dei Paschi getäuscht werden sollte. Die Deutsche Bank, eine der beiden Haupt-Angeklagten in dem Prozess, der seit Dezember 2017 läuft, müsse nun den Beweis erbringen, dass es eben keine solche internationale kriminelle Organisation über Landesgrenzen hinweg aufgestellt habe, um Verluste der Bank aus Siena zu verschleiern. Es geht um dubiose Geschäfte, mit denen die Bilanz der angeschlagenen italienischen Bank aufgehübscht – vulgo: der Bankrott verschleiert - werden sollte. Gegen 6 (teil ehemalige) Deutschbanker, darunter Michele Faissola, ein Spezi von Anshu Jain, läuft derzeit ein entsprechendes Verfahren.

- Die Deutsche Bank gibt sich ein Saubermann-Image und installierte auch einen internen Integritätsausschuss, der die zahlreichen Skandale aufarbeiten sollte. Vorsitzender war das Aufsichtsrats-Mitglied RA Georg Thoma. Als dieser sein Amt tatsächlich wahrnahm und unangenehme Fragen stellte, warfen ihm Aufsichtsratskollegen 2016 öffentlich „Übereifrigkeit“ vor. Thoma musste sein Amt niederlegen.

Selbstbereicherung der Bankmanager

Die vielen Skandale sind für die Topmanager der Bank keineswegs schädlich. Trotz eines für eine Bank dieser Kategorie eher bescheidenen Gewinns für 2018 von 341 Mio. Euro gewährte der AR Boni von 1,9 Mrd. Euro – das 5einhalbfache des Gewinns also.

Dem selbsternannten Saubermann Cryan versüßte man seinen Abschied von der Bank 2018 mit einer Abfindung von 8,7 Mio. Euro zusätzlich zu seinem Gehalt von 1,9 Mio. nur für die letzten 3 Monate im Amt und einer Entschädigung von 2,2 Mio. dafür, dass er für eine bestimmte Zeit nicht zur Konkurrenz wechselt, macht insgesamt 12,8 Mio. Euro – noch nicht eingerechnet die Pensionsansprüche.

Schön ist auch das Beispiel des derzeitigen Leiters des Londoner Investmentbank-Geschäfts, Garth Richie: Er bekam 2018 8,6 Mio. Euro + Aufwendungen für die Altersvorsorge, + Boni in mir nicht bekannter Höhe, + 9 Mio. „Funktionszulage“ für zusätzliche Aufgaben bis 2020 im Zusammenhang mit dem Brexit – eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass ein Spitzenmanager manchmal mit Problemen befasst ist. Dabei ist ausgerechnet er für die berichteten Probleme mit der Geldwäsche verantwortlich. Er hat seine Aufsichtspflichten in einem Maße verletzt, dass die BaFin ihm den erwähnten Sonderaufpasser verpasste. Versagen im Job kann sich bei der Deutsche Bank durchaus auszahlen.

Es zeigt sich die Überheblichkeit einer neofeudalen Kaste, die niemand bei ihrer Selbstbereicherung in die Schranken weist. Das arrogante Bewusstsein, Masters oft the Universe zu sein, äußerte sich schon früher etwa in Breuers Vokabel „Peanuts“ für ausstehende Handwerkerlöhne von 50 Mio. bei der Pleite des durch die Deutsche Bank finanzierten Baulöwen Schneider oder Ackermanns Victory-Zeichen.

Auch der neue, seit einem Jahr amtierende Vorstandsvorsitzende der Bank, Christan Sewing, scheint nicht wirklich ein Mann zu sein, der den Sumpf austrocknen kann. Zum Start ins neue Amt forderte er, die Deutsche Bank möge ihre „Jägermentalität“ wiedergewinnen – das klang eher nach Rückkehr in die wilden Zeiten als nach Bändigung der Bestie. Als früherer Leiter der Konzernrevision hat auch er trotz seiner Zuständigkeit die Geldwäscheverstöße entweder nicht erkannt oder halt nicht geahndet. Jedenfalls ist er prima facie kein Mann, dessen Verdienste ihn geeignet erscheinen lassen, die Bank wieder seriös zu machen. Allerdings scheinen die jüngsten Entlassungspläne, die das ertragsschwache Institut wieder profitabel machen sollen, überwiegend den teuren und skandalträchtigen Investmentbereich zu treffen – also vielleicht doch „Bändigung der Bestie“, aus schierer Not.

Wenngleich manche der DB-Manager wie Soziopathen wirken, geht es hier nicht um moralische Kritik, es geht um die rechtlichen und politischen Strukturen des Bankensystems. Wie man die ändern könnte, dazu mehr nach einem kurzen Einschub zum Verhältnis Deutsche Bank und Justiz:

Die Deutsche Bank und die Justiz

Ackermann beim Mannesmannprozess 2004 (der mit dem Victory-Zeichen): „Dies ist das einzige Land, in dem diejenigen, die Erfolg haben und Werte schaffen, deswegen vor Gericht gestellt werden.“ So spricht einer, der keineswegs Werte schuf, sondern verbrannte und für Dutzende Rechtsverstöße steht. "Ich schäme mich für die Rechtstaatlichkeit Deutschlands", legt er 2015 im Betrugsprozess Fall Kirch nach: Arroganz der Macht statt Einsicht und Rechtsbewusstsein.

Da man dem Rechtsstaat offenbar nicht trauen kann, muss man manchmal etwas nachhelfen:

- Ein New Yorker Staatsanwalt, Richard Walker, der Untersuchungen gegen die Deutsche Bank im Zusammenhang mit vermuteter Kursmanipulation bei der Übernahme von Bankers Trust führte, wurde kurzerhand gekauft: Er bekam einen hochdotierten Job bei der Deutsche Bank. Damit endeten dann natürlich auch die Untersuchungen. Entgegen der US-Archivgesetze wurden beim Jobwechsel auch Akten vernichtet. Der Prozess war damit tot und die Börsenaufsicht SEC korrumpiert.

- Der Anruf Fitschens beim hessischen Ministerpräsidenten (2012) im Zusammenhang mit einer Razzia – ein Versuch der politischen Einflussnahme auf Justiz?

Über unkooperatives Verhalten gegenüber Gerichten wurde bereits oben berichtet.

Soviel zum Rechtsstaatsverständnis der Deutsche Bank, auch nur eine kurze, schlaglichtartige Auswahl.

Einige Forderungen

- Aufsichtshaftung: Vorstände sollen sich bei systematischen Rechtsverstößen nicht mehr damit herausreden können, nichts gewusst zu haben – für 10 Mio. Gehalt kann man erwarten, dass der Informationsfluss professionell gestaltet wird. Dafür sollten die Vorstände persönlich haftbar gemacht werden können.

- Einrichtung einer Bundesfinanzpolizei – das Nebeneinander von Finanzämtern der Länder, Bundeszentralamt für Steuern, BaFin und den Finanzministerien lähmt wirksame Ermittlungen bei organisierter Finanzkriminalität. Staatsanwaltliche Ermittlungskompetenzen sollten gebündelt werden, ähnlich dem BKA bei herkömmlicher organisierter Kriminalität. Falls dies aufgrund des Föderalismus nicht durchsetzbar ist, sollte zumindest eine sachgerechte und wirksame Prozessintegration der beteiligten Institutionen gewährleistet werden. Dazu gehört auch eine konsequente Umsetzung der europäischen Regeln. Die EBA (europ. Bankenaufsicht) hatte im Geldwäscheskandal der Danske-Bank Überprüfungen angeordnet, was die nationalen (dänischen und estnischen) Behörden pflichtwidrig nicht umsetzten. MdEP Sven Giegold forderte daher jüngst (SZ 19.04.19) auch eine europäische Finanzpolizei und eine europ. Geldwäschemeldestelle. Schätzungen zufolge werden allein in Deutschland jährlich 100 Mrd. Euro gewaschen. Dafür wurde die BRD von der EU-Kommission bereits ermahnt (wegen zu geringer Fortschritte bei der Geldwäsche-Bekämpfung).

- Die Ämter und Staatsanwaltschaften müssen besser und mit mehr Experten ausgestattet werden – man vergleiche, was eine Handvoll Journalisten aufdecken kann, siehe Panama-Papers oder Luxleak, aber die staatlichen Instanzen offenbar nicht. Möglicherweise ist dies sogar als Teil eines „Standortwettbewerbs“ gewollt – nach dem Motto: Kommt zu uns, wir prüfen nicht so genau.

- Unternehmensstrafrecht: In Deutschland können nur Personen bestraft werden, nicht Unternehmen, wie es in den USA etwa möglich ist. Bei uns können Unternehmen mit Bußgeldern belegt werden und Gewinne können abgeschöpft werden, aber ein Unternehmen kann nicht bestraft werden. Bei Enthüllungen zu den großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (auch durch Journalisten) wurden Fälle offenbar, die zeigen, dass man dort schön durchrechnet, wie viel Bußgeld man ggf. zahlen muss – manchmal rentiert sich der Gesetzesverstoß auch dann noch und wird daher munter betrieben. Es braucht also eine wirksame Strafdrohung bis hin zum

- Lizenzentzug von Banken (oder Prüfgesellschaften oder Autobauer etc.) bei wiederholten Gesetzverstößen. In Südkorea beispielsweise wurde die Deutsche Bank bereits 2011 mit einem halbjährlichen Handelsverbot belegt.

- Regulierung der Finanzmärkte, wie 2008 u.a. von Merkel versprochen: „Kein Produkt darf unreguliert bleiben“ – geschehen ist zu wenig. Keine Bank darf so groß werden, als dass man sie pleite gehen lassen könnte, ohne dass der Steuerzahler sie rettet. Die Übernahme der Postbank und die jetzt geplatzten Gespräche über eine Fusion mit der Commerzbank gingen in die entgegengesetzte Richtung; zu erwarten ist, dass eine neue Bank zur Fusion mit der Deutsche Bank gesucht wird, um diese vor einer absehbaren Pleite zu retten.

Die schiere Bankengröße ist auch daher ein Problem, weil Geldwäsche dadurch begünstigt wird, dass nur eine Handvoll Bankkonzerne rund 60% der internationalen Finanzströme abwickeln, also jeweils täglich mit Hunderten von Milliarden balancieren. Da lassen sich ein paar Millionen Schwarzgeld leicht verstecken.

- Cum-Ex-Varianten: Steuerrückerstattung nur, wenn die Aktie einige Tage vor und nach der Ausschüttung gehalten wurde und in diesem Zeitraum nicht verliehen wird.

- wirksame Unterbindung des Einflusses von Lobbyisten, Consultingunternehmen und Großkanzleien auf die Finanzgesetzgebung. Bisher ist es so, dass etwa die Consulter den Staat beraten bei der Steuergesetzgebung und damit auch die Gesetzesschwächen kennen oder solche sogar bewusst in Gesetze hineinschmuggeln und dann dieses Wissen den Banken und Superreichen, die Steuern sparen wollen, verkaufen. Letztlich ist es Neofeudalismus, wenn nicht gewählten Parlamente, sondern Privatorganisationen die Gesetze mitformulieren.

Die Kungelei lässt sich auch personell festmachen: Ausgerechnet ein Mann wie Cajo Koch-Weser, ehemaliger Staatssekretär im Finanzministerium und BaFin-Chef, konnte 2006 problemlos zur Deutsche Bank wechseln. Was er da wohl machte?

- Nötig ist insgesamt ein Umbau des Finanzsystems, besonders die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, die viele der schädlichen Geschäfte unrentabel machen würde, und die Wiedereinführung des Trennbankensystems, das den Bankrott einer sich verspekulierenden Bank erleichtern würde.

Eine Verschärfung der Gesetze läuft jedoch ins Leere, wenn der politische Wille, notfalls auch einer Großbank auf die Zehen zu treten, gar nicht da ist. Es gibt ja den erkennbaren politischen Willen zu einer global agierenden deutschen Großbank, wie auch die geplatzten Fusionsüberlegungen Commerzbank-Deutsche Bank zeigten.

Auch die bisherigen, sicherlich nicht gerade bissigen Gesetze, werden ja nur halbherzig umgesetzt. Eine Kanzlerin, die eine Geburtstagsparty für Ackermann im Kanzleramt ausrichtet, ist nicht glaubwürdig als Bankenbändigerin. Wirtschaftsminister Altmeier nahm die Deutsche Bank namentlich in seine „Industriestrategie 2030“ auf, in der er Konzerne nennt, die die Politik bei Bedarf unterstützt. Im Denken unserer Polit-Eliten ist eben das nationale Interesse mit dem Interesse der Großkonzerne eng verknüpft. Politik für Deutschland zu machen ist dann gleichbedeutend damit, Politik für die deutschen Unternehmen zu machen. So lange die gedankliche und reale Kungelei nicht endet, greifen auch Gesetzesverschärfungen nicht wirklich.

Die Deutsche Bank – eine kriminelle Vereinigung?

Die Finanzverbrechen, von denen berichtet wurde, sind auch die Folge eines Politikversagens, das in absichtlicher Deregulierung im Interesse der Finanzwirtschaft kriminelle Geschäftsmöglichkeiten eröffnet hat. Die Politik hat also nicht nur nichts getan, um diese Exzesse zu verhindern, sondern durch die Deregulierung erst die Möglichkeit dazu geschaffen, siehe das Verfahren bei der Festlegung des LIBORs, oder die Kreditverbriefung, die in Deutschland unter Rot-Grün (Eichel / Asmussen) legalisiert wurde – damit die Banken ihre Bilanzen frei bekommen von alten Krediten und so neue Kredite vergeben konnten. Später beklagte sich Eichel, die Banken hätten ihn nicht auf die Gefahren dieser Derivate hingewiesen: Ein Finanzminister, der seine Naivität und Abhängigkeit von den Banken unverblümt eingesteht, wenn auch zu spät.

Die Finanzakteure machen sich dabei auch juristisch unangreifbar, indem sie an der Gesetzgebung selber mitwirken – im Zuge einer „Verschlankung“ des Staates hat dieser nämlich gar nicht mehr die personellen Kapazitäten dazu und ist auf die Beratung durch Rechtsanwaltskanzleien und Consulting-Firmen angewiesen, die ihrerseits eng mit den Banken verbandelt sind.

Dazu Dr. Wolfgang Hetzer, Ministerialrat, Wien, 2014 (der 2015 ein Buch mit der Frage nach der Kriminalität der Deutsche Bank verfasst hat): „Weder die Justiz noch die parlamentarische Demokratie scheinen über die Mittel zu verfügen, um den marodierenden Cliquen aus Finanzexperten, Rechtsberatern und sogenannten Wirtschaftsprüfern Einhalt zu gebieten. Trotz evidenten Schadens greifen Begrifflichkeiten wie „Untreue“ häufig nicht. Die Anforderungen der Beweisführung sind justizförmig kaum noch erfüllbar.“ Im juristischen Sinne ist die Behauptung, die Deutsche Bank sei ein kriminelles Unternehmen, also kaum nachweisbar.

Auch im öffentlichen Bewusstsein verbindet man mit kriminellen Vereinigungen Terrorbanden oder die Mafia, aber nicht die nach wie vor als seriös geltenden Banken. Dabei sind die Banken deutlich gefährlicher als die Mafia, wie die Verheerungen der Finanzkrise zeigen, die ja auch eine globale menschliche Krise mit Tausenden Toten war.

Großer Reichtum gilt bei uns nicht als Hinweis auf möglicherweise skrupellose Gier, sondern als Ausweis von Tüchtigkeit.

In unserer Gesellschaft wird zynisches, rücksichtsloses Profitstreben nicht geächtet oder gar kriminalisiert. Leute wie Ackermann werden hofiert und als Stars gefeiert.

Nach herrschender Rechtsauffassung sind diese Leute nicht kriminell. Kaum ein Banker wurde im Zusammenhang mit der Finanzkrise bestraft, und wenn doch, meist nur mit lächerlich geringen Geldzahlungen.

Man könnte sarkastisch sagen: Jede Gesellschaft bekommt die Eliten, die sie verdient. Und so wie wir den seinerzeit hochverehrten Kaiser Wilhelm heute als Verbrecher – wenn auch nicht im juristischen Sinn - sehen können, sehen vielleicht unsere Nachfahren in einigen Jahrzehnten unsere Banker als Verbrecher. Heute sind wir leider noch nicht so weit.

 

Quellenhinweis: Das vorliegende Dossier stützt sich bei den meisten Tatsachenbehauptungen auf laufende Berichte der seriösen Presse, insbesondere der Süddeutschen Zeitung. Verwendet wurden auch die folgenden Publikationen:

Dirk Laabs: Bad Bank. Aufstieg und Fall der Deutschen Bank. München 2018

Wolfgang Hetzer: Ist die Deutsche Bank eine kriminelle Vereinigung? Frankfurt 2015

Michael Lewis: The Big Short. Frankfurt /New York 2010

Internationaler ethecon Black Planet Award 2013 an Anshu Jain (Vorstand), Jürgen Fitschen (Vorstand) sowie die GroßaktionärInnen des FinanzKonzerns DEUTSCHE BANK (Deutschland): Dossier „Internationaler ethecon Black Planet Award 2013”


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