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Roland Süß: Verschärfte Armut – Was "Freihandel" in Afrika anrichtet

Gegenüber den „Freihandelsabkommen“ TTIP und Ceta, die die Europäische Union mit den USA beziehungsweise Kanada anstrebt, gibt es in Europa breiten öffentlichen Widerstand. Erst am vergangenen Samstag demonstrierten bis zu 250 000 Teilnehmer in Berlin gegen diese Abkommen. Dies war damit die größte Demonstration seit über zwölf Jahren in Deutschland.

Doch seit mehr als zwölf Jahren verhandelt die EU auch mit 78 Staaten aus dem afrikanischen, karibischen und pazifischen Raum (AKP-Staaten) über sogenannte Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, den EPAs (Economic Partnership Agreements). In Afrika wächst der Widerstand gegen diese Abkommen. Die Menschen dort nehmen diese zu Recht als Bedrohung war.

Mit ihnen zwingt die Europäische Union den wirtschaftlich schwächeren Staaten in Afrika und anderen Teilen der Welt Abkommen auf, die sie zwingen, ihre Märkte für Produkte aus der EU noch weiter zu öffnen.

Schon jetzt sind diese Länder oft nicht in der Lage auf ihren eigenen Märkten mit Produkten aus Europa zu konkurrieren. So haben hochsubventionierte Produkte aus Europa, aus unserer landwirtschaftlichen Überproduktion von Fleisch und Milch, ihre Märkte überflutet und die Lebensgrundlage vieler Kleinbauern zerstört. Noch mehr EU-Importe würden weitere heimische Produkte verdrängen. Die existenzielle Bedrohung von Industrie und Landwirtschaft würde gewaltig zunehmen. Zudem würden durch die EPAs massiv Zolleinnahmen verloren gehen.

Bei den Verhandlungen stehen sich ungleiche Länder gegenüber. Die AKP-Staaten sind erpressbar. Ihnen wurde die Pistole auf die Brust gesetzt. Entweder sie unterzeichnen oder ihr Zugang zu den europäischen Märkten wird eingeschränkt.

In Sonntagsreden predigen Europas Politiker, wie entschieden sie Fluchtursachen bekämpfen wollen. Die negativen Auswirkungen der EU-Handelspolitik zerstört jedoch die Lebensgrundlagen vieler Menschen. Sie sind dadurch eine wesentliche Fluchtursache der Menschen.

Wenn wir, wie auf der Demonstration am Samstag, einen gerechten Welthandel fordern, können wir zu den EPAs nicht schweigen. Dann sollten wir uns gemeinsam gegen diese Freihandelsagenda der EU wehren. Sie ist nicht im Interesse der Menschen, sondern nützt nur Konzernen und Investoren. Höchste Zeit für einen Kurswechsel!

Roland Süß ist Mitglied der bundesweiten Attac-Arbeitsgruppe „Welthandel und WTO“ und des bundesweiten Koordinierungskreises von Attac.
Der Gastbeitrag erschien am 14. Oktober 2015 in der Frankfurter Rundschau.