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Roland Süß: Rechtspopulisten haben bei Attac keinen Platz

US-Präsident Donald Trump ist ein Feind von Freihandel und Globalisierung. Haben die Globalisierungskritiker in der EU einen neuen Verbündeten? Nein, sagt Roland Süß vom Netzwerk Attac. Im heute.de-Interview begründet er, warum.

heute.de: Welche inhaltlichen Schnittmengen haben Donald Trump und das globalisierungskritische Netzwerk Attac?

Roland Süß: Wir haben keine Schnittmengen. Donald Trump stellt die USA an die erste Stelle. Wir stellen keine Nation an erste Stelle, uns geht es um globale Solidarität. Trump leugnet den Klimawandel. Wir wollen den Klimawandel stoppen und die durch ihn geschaffenen Ungerechtigkeiten auf der Welt beseitigen. Das geht nicht mit den nationalistisch-protektionistischen Mitteln eines Donald Trump.

heute.de: Der US-Präsident will neue Arbeitsplätze im abgewirtschafteten Nordosten der USA schaffen. Ist das ungerecht?

Süß: Ja, denn er will Arbeitsplätze schaffen auf Kosten anderer Länder wie Mexiko. Und er ist der Meinung, dass die USA stark genug sind, der Welt ihren Willen aufzuzwingen. Das kann keine Grundlage für eine gemeinsame Lösung einer gerechten Globalisierung sein.

heute.de: Wo ist der Schaden für Mexiko, wenn Arbeitsplätze in Detroit entstehen?

Süß: Trump will mit Strafzöllen Einfuhren aus Mexiko verhindern. So werden Mexikaner ihren Arbeitsplatz verlieren. Diese Art von National-Protektionismus lehnen wir ab.

heute.de: Gibt es Arten von Protektionismus, die Attac gut findet?

Süß: Wir kritisieren beispielsweise die ungerechten Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU mit afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten (EPAs). Wenn diese wirtschaftlich schwächeren Länder ihre Märkte öffnen müssen, stehen sie plötzlich in direkter Konkurrenz mit großen, starken Konzernen aus den Industrienationen. Es hat katastrophale Auswirkungen für die Landwirtschaft, wenn Fleisch, das in der EU subventioniert produziert wurde und hier kaum noch verkäuflich ist, auf afrikanische Märkte geworfen wird. Damit wird die Lebensgrundlage afrikanischer Bauern zerstört. Deswegen kann es besser sein, die schwächeren Märkte vorübergehend zu schützen, damit sie stark werden und die Bauern vor Ort die Bevölkerung im einen Land versorgen können.

heute.de: Trump hat ein Investitionsprogramm für die marode Infrastruktur in den USA versprochen. Was soll daran schädlich sein?

Süß: Der US-Präsident will zugleich die Steuern für Reiche und Unternehmen senken. So kann er kein Investitionsprogramm gerecht finanzieren.

heute.de: Trump nennt das Freihandelsabkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko (NAFTA) einen der schlechtesten Deals, die er je gesehen hat. Er will es abschaffen. Ist das nicht im Sinne von Attac?

Süß: In der Tat hat NAFTA den mexikanischen Bauern massiv geschadet, Arbeitsplätze in den USA vernichtet und Löhne gedrückt. Auch die US-Gewerkschaften kritisieren es seit vielen Jahren. Selbst US-Präsident Barack Obama lehnte das Abkommen ab. Aber er hat nichts unternommen. Es ist an der Zeit zu sagen, in welche Richtung die Entwicklung künftig gehen soll.

heute.de: In welche Richtung soll sie gehen?

Süß: Wir müssen einen Rahmen setzen, in dem wir diskutieren können. Es kann nicht sein, dass stets nur die Konzerne ihre Interessen durchsetzen ohne Rücksicht auf arme Länder und die Umwelt. In der Welthandelsorganisation (WTO) wollen die Industrienationen bislang keine Rücksicht auf schwächere Agrarnationen nehmen. Deswegen gibt es nun den Vorschlag, die Vereinten Nationen (UN) als übergeordneten Rahmen zu nehmen.

heute.de: Ihre Kritik an den Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) sowie zwischen der EU und den USA (TTIP) mobilisierte in den vergangenen Jahren viele Menschen in ganz Europa. Seit Trumps Amtsantritt finden einige Sozialdemokraten, aber auch Grüne, die Handelsabkommen gar nicht mehr so schlecht. Spaltet Trump die Bewegung der Freihandelskritiker?

Süß: Das glaube ich nicht. Denn die Leute, die jetzt auf eine schnelle Verabschiedung der Abkommen drängen und Trumps Politik als Begründung dafür nehmen, waren schon immer Befürworter der Freihandelsabkommen, so wie sie vorliegen. Diese Abkommen würden die gesellschaftlichen Probleme noch verschärfen, damit würden noch mehr Menschen Trump und AfD in die Arme getrieben.

heute.de: Warum laufen Globalisierungsopfer in großer Zahl rechts-nationalistischen Politikern und Parteien nach und werden nicht stattdessen Mitglied beim Attac-Netzwerk, das seit mehr als 15 Jahren eine gerechtere Welt fordert?

Süß: Es engagieren sich zum Glück mehr Menschen bei Attac als in der rechtspopulistischen AfD. Dennoch müssen wir an unserer Sprache arbeiten und der Art, wie wir unsere Anliegen rüberbringen. Aber für Rechtspopulismus ist in Attac kein Platz. Es gibt nicht die einfachen Lösungen, wie sie Trump, der französische Front National oder die deutsche AfD propagieren. Die neoliberale Globalisierung der vergangenen Jahre hat viele Krisen erzeugt, die sich nicht so einfach und rasch beseitigen lassen. Notwendig ist ein echter Kurswechsel. Dafür haben wir unter anderem den Vorschlag eines alternativen Handelsmandats für die EU gemacht.

heute.de: Was ist ein alternatives Handelsmandat?

Süß: Es legt Grundprinzipien für ein Handelssystem fest, das Mensch und Umwelt dient. Ein wichtiger Punkt ist, dass wir staatliche Regulierungen brauchen, wenn wir weltweit sozial gerechte Lösungen anstreben. Das hat mit National-Protektionismus à la Trump nichts zu tun. Wir dürfen die Globalisierung nicht der Wirtschaft und den Märkten überlassen.

Das Interview wurde von Katharina Sperber geführt und erschien am 17. Februar 2017 auf heute.de.

Roland Süß ist einer der Mitbegründer des Attac-Netzwerks. Er gehört zum Koordinierungskreis und ist einer der Handelsexperten von Attac.