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01.06.2006

Kommentar zum Bericht des Spiegel Online vom 30.05.2006

Bolkestein – Aktuelle Situation

Spiegel Online behauptet in seinem Artikel über die Bolkesteinrichtlinie vom 30. Mai 2006, dass die Liberalisierung des Dienstleistungsverkehrs nicht weit genug gehe, und dass der Ursprungsvorschlag von Kommissar Bolkestein im EU-Parlament und im Ministerrat verwässert worden sei. Lohn- oder Sozialdumping sei erst recht nicht zu befürchten, weil z.B. die deutschen Lärmschutzvorschriften so kompliziert seien, dass ausländische Dienstleister davon abgeschreckt werden, etwa im bundesdeutschen Markt tätig zu werden. Wenn dem so wäre, hätten die Proteste der sozialen Bewegungen erfolg gehabt und die Richtlinie wäre kein Grund zur Besorgnis mehr.

Dies stimmt leider nicht. Denn in den Beratungen im EU-Parlament und im Ministerrat wurden Bedenken der sozialen Bewegungen, dass diese Richtlinie zu massivem Lohndumping und europaweit sinkenden Löhnen führen wird, weitgehend ignoriert und die Bestimmungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf nur wenig verändert. Das Herkunftslandprinzip wurde zwar in „Freier Dienstleistungsverkehr“ umbenannt, aber im Prinzip beibehalten. Auch ist den Mitgliedsstaaten nach wie vor in vielen Bereichen die Kontrolle der ausländischen Dienstleister verboten.

Die Dienstleistungsfreiheit ist eine der vier Grundfreiheiten der Europäischen Union und sie gilt auch ohne eine spezielle Richtlinie. Lohndumping ist bereits heute eine europäische Realität. So wurden die Beschäftigten der Schlachthöfe in der BRD nach dem Beitritt der Osteuropäischen Länder weitgehend durch aus Polen stammende Leiharbeiter ersetzt, die nur ein Bruchteil der Löhne bekommen, die den bisherigen Beschäftigen gezahlt wurden. Dies haben die angeblich so „komplizierten Vorschriften“ offenbar nicht verhindert.

Auch das Herkunftslandprinzip (Artikel 16) wurde – wie gesagt – keineswegs gestrichen, sondern nur umbenannt und heißt jetzt „Freier Dienstleistungsverkehr“. Das dahinter stehende Prinzip wurde jedoch beibehalten. Dienstleister haben grundsätzlich das Recht, ihre Dienstleistungen in allen Staaten der EU nach den Regeln des Herkunftslandes zu erbringen.

Die Aufnahme und Erbringung einer Dienstleistungstätigkeit darf nur dann bestimmten Anforderungen unterworfen werden, wenn diese

•  diskriminierungsfrei,
•  erforderlich und
•  verhältnismäßig

sind (Artikel 16.1 a-c und 16.3). Allein dieser Drei-Stufen-Test setzt sehr hohe Standards für Regulierungen des Dienstleistungssektor und ermöglicht es Dienstleistern, gegen nationale Vorschriften beim Europäischen Gerichtshof zu klagen, der übrigens in den meisten Fällen für die Dienstleistungsfreiheit und gegen die nationalen Vorschriften entschieden hat.

Laut Artikel 16.1.b gelten als erforderliche Gründe für eine Regulierung der Aufnahme der Dienstleistungstätigkeit nur die öffentlichen Ordnung oder Sicherheit, der Schutz der Gesundheit oder der Umwelt, nicht jedoch Gründe der Sozialpolitik und des Verbraucherschutzes. Ein Mitgliedsstaat darf also z.B. die Anzahl der zu bauenden Hotels in einem Nationalpark beschränken (wenn ausländische Firmen dabei nicht diskriminiert werden), nicht aber die Anzahl der in einem Bezirk tätigen Schornsteinfeger, um sie vor einer Dumpingkonkurrenz zu schützen. Das gleiche gilt auch die Erbringung von Dienstleistungen (Artikel 16.3).

Laut Artikel 3, Unterabschnitt a bis i (nicht zu verwechseln mit Artikel 3a), sind den Zielländern nach wie vor zahlreiche Kontrollmöglichkeiten der ausländischen Dienstleister untersagt, so dass sie diese kaum effektiv kontrollieren können. So darf z.B. nicht vorgeschrieben werden, dass die Dienstleister eine Niederlassung im Zielland errichten müssen. Das Verbot der Registrierungspflicht für Dienstleister dürfte nach Ansicht von Ulla Lötzer die Arbeit von Berufsgenossenschaften fast unmöglich machen. Das Verbot der Vorschrift, dass der Dienstleister einer Standesorganisation beitreten muss, dürfte die Handwerkskammern mittelfristig in Frage stellen. Unter diesen Umständen ist es nur von geringer Bedeutung, ob das Ziel- oder das Herkunftsland die Dienstleister kontrolliert. Eine effektive Kontrolle wird es nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie nicht mehr geben.

Positiv zu bewerten ist, dass mehr Dienstleistungen von der Bolkesteinrichtlinie ausgenommen sein sollen, so z.B. Gesundheitsdienstleistungen, die einem reglementierten Beruf vorbehalten und Verkehrsdienstleistungen inklusive Hafendienste. Allerdings sind nach wie vor viele Dienstleistungen der allgemeinen Daseinsvorsorge wie Bildung und Pflege von der Richtlinie betroffen. Durch das von europäischen Gerichtshof geschaffene Fallrecht und die Bestimmung, dass die Aufnahme und Erbringung einer Dienstleistungstätigkeit nur unter extrem restriktiven Bedingungen reguliert werden darf (wenn diese diskriminierungsfrei, erforderlich und verhältnismäßig sind), kommt es de facto zu einem Ausschreibungszwang auch für diese Dienstleistungen.

Eine weitere Verbesserung gegenüber dem Ursprungsentwurf ist, dass kollektives und individuelles Arbeitsrecht sowie das Internationales Privatrecht ausgenommen wurden. Damit wäre es nicht mehr möglich, dass eine Firma ihren Sitz z.B. von Deutschland nach Litauen verlagert und ihren in der BRD arbeitenden deutschen Beschäftigten nur noch nach litauischem Arbeitsrecht litauische Löhne zahlt. Jedoch bleiben nach wie vor viele Möglichkeiten von Lohn- und Sozialdumping bestehen. Auch die am 1. Juni 2006 vom deutschen Bundestag beschlossenen massiven Verschärfungen von Hartz IV, die es ermöglichen, Erwerbslose um Wohnung und Einkommen zu bringen, werden zu weiteren massiven Lohnsenkungen führen.

 

Quellen

  • Wortlaut der Richtlinie in der Fassung des EU-Parlamentes
  • Bernhard Schmid: Ein fauler Kompromiss, Telepolis , 18.02.2006
  • Büro Ulla Lötzer: EU-Dienstleistungsrichtlinie – Stand nach der Abstimmung im EP und erste Bewertung, E-Mail, 17.02.2006

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