Die GATS-Verhandlungen der 145 WTO-Mitgliedsländer beziehen sich auf
Dienstleistungen aller Art. Davon betroffen sind neben den klassische öffentliche
Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheit auch umweltrelevante Bereiche.
Handels-& Umweltrecht – Grundsätzlicher Regelungsbedarf
Es gibt ein grundsätzliches Problem im Verhältnis von Handels- und Umweltrecht:
Aus Sicht der WTO, deren Zweck die Beseitigung von Handelshemmnissen ist,
stellen Gesetze und Maßnahmen zum Schutz der Umwelt potentiell Handelshemmnisse dar,
die zu beseitigen sind. Eine ähnliche Problematik stellt sich auf internationaler
Ebene in Bezug auf internationale Umweltabkommen wie z.B. das Washingtoner
Artenschutzabkommen (CITES), das Montrealer Protokoll zum Schutz der Ozonschicht
oder die Baseler Konvention, die den Handel mit gefährlichen
Abfällen regelt. Derzeit stehen die Handelsabkommen und Konventionen
zum Schutz der Umwelt als mehr oder weniger eigenständige Systeme nebeneinander
und es stellt sich die Frage nach der gegenseitigen Rückbindung der jeweiligen
Vereinbarungen. Der „Ausschuss für Handel und Umwelt“ (CTE, Committee on Trade
and Environment) innerhalb der WTO soll u.a. die Frage bearbeiten, in welchem
Verhältnis Regelungen des multilateralen Handelssystems nach GATT oder GATS
zu internationalen Umweltabkommen stehen könnten.
Es gibt mehrere Ansätze den Umweltgedanken im Welthandel zu stärken.
Der weniger tiefgreifende Ansatz zum Schutz der Umwelt ist die Reform des
internationalen Handelsrechts durch die Anerkennung des Vorsorgeprinzips,
die Abschaffung des Notwendigkeitstests und die Verschiebung der Beweislast von der
beklagten (um den Schutz der Umwelt bemühten) Partei auf den Kläger. Außerdem
werden in diesem Zusammenhang mehr Transparenz bei den Verhandlungsgesprächen
und die Einbeziehung von Umweltfachleuten gefordert.
Ein anderer Ansatz sieht die Schaffung einer von der WTO unabhängigen internationalen
Umweltbehörde vor, die in mehr oder weniger enger Beziehung zu den Vereinten
Nationen stehen könnte. So wäre es vielleicht möglich mit einer sanktionsfähigen
Umweltbehörde ein starkes Gegengewicht zu den mächtigen Organisationen IWF, Weltbank
und WTO für eine nachhaltige Entwicklung aufzubauen.
Umweltauswirkungen des GATS
Befürworter des GATS würden betonen, dass das GATS eine effizientere Umweltnutzung
gewährleiste, indem es die Ausweitung der Konkurrenz um knappe Umweltressourcen und
die Etablierung internationaler Umweltstandards stimuliert. Auf der anderen Seite,
werden zunehmend kritische Stimmen laut, die das GATS-Abkommen als kontraproduktiv
für die Durchsetzung von Umweltzielen ansehen.
Im Folgenden sind die von den GATS-Kritikern befürchteten Umweltauswirkungen aufgeführt,
die mit der Umsetzung des GATS assoziiert werden:
- Das GATS steigert Umweltressourcennutzung: Die Erschöpfung von Umweltressourcen ist
kein im GATS-Regelwerk aufgelisteter Grund für Beschränkungen des Handels mit
Dienstleistungen. Somit könnte das GATS Begrenzungen der Anzahl von
Service-Einrichtungen (z.B. Hotelanlagen, Pipelines, Tankstellen,
Entsorgungsanlagen, Förderungsanlagen) verhindern,und damit die Ausweitung
der Umweltressourcennutzung (Land, Wasser, Energie)erzwingen.
- Das GATS schwächt die demokratische Entscheidungsgewalt über Umweltressourcen:
So könnte das GATS den bestehenden Schutz oder die Möglichkeiten zukünftigen
Schutzes von Naturelementen (z.B. schutzwürdige Flächen) durch die zuständigen
nationalstaatlichen Entscheidungsträger erschweren.
- Verhinderung progressiver Umweltpolitik:das GATS könnte die Förderung
umweltfreundlicher Produktionsverfahren und Produkte verbieten (z.B.
Abschaffung von Quotenregelungen zu erneuerbaren Energien) und vorhandene oder
zukünftige Umweltgesetze, -planungen und -vorschriften zur Regelung der
Landnutzung, der Produktion und Konsumtion in Deutschland aufheben oder
verhindern.
- Das GATS stellt handlungsleitende Umweltprinzipien in Frage:
So könnte das GATS die Abkehr vom Vorsorgeprinzip bedeuten, indem Vertragsbegriffe
wie „Notwendigkeit der Handelseinschränkungen “ eng ausgelegt werden.
Dies erschwert ein auf vorsichtigen Umgang mit Natur ausgerichtetes Handeln in
Fällen,wo noch wissenschaftliche Ungewissheit über Ursache-Wirkungsbeziehungen
vorliegt.
- Das GATS klammert relevante Umweltgesichtspunkte aus:
Ausnahmen werden vom GATS nur legitimiert bei Risiken für Leben
und Gesundheit. Damit wird der Schutz von nichtlebenden Naturressourcen
(wie der Schutz von Boden vor Erosion) ausgeschlossen.
Vollständiger Text:
'Im Dienste der Umwelt?
Ökologische Auswirkungen des Allgemeinen Dienstleistungsabkommen GATS.'
attac lüneburg AG Globalisierung & Ökologie Juni 2003.
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