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GATS und Banken

Die GATS-Verhandlungen der 145 WTO-Mitgliedsländer beziehen sich auf Dienstleistungen aller Art. Neben klassischen öffentlichen Dienstleistungen Bildung und Gesundheit oder Energieversorgung und Müll, stehen auch private Dienstleistungen in den Sektoren Tourismus, Versicherungen und Banken auf der Agenda.

Im Rahmen der GATS-Verhandlungen versteht die EU-Kommission sich als Fürsprecherin der europäischen Dienstleistungskonzerne und hat in enger Abstimmung mit den Lobbyverbänden der europäischen Banken an die anderen WTO-Mitglieder Forderungskataloge gerichtet, die Ausgangspunkt der GATS-Verhandlungen für den Bankensektor werden sollen. Wie beim GATS üblich, sind alle diese Dokumente streng geheim, eine öffentliche Debatte hierüber ist ausdrücklich nicht erwünscht.

Erfreulicherweise hat attac für 29 Länder diese EU-Forderungen veröffentlichen können (cucwww.gatswatch.org/docs/EU%20requests), so dass erkennbar ist, an welchen Stellen europäische Banken die Entwicklungs- und Schwellenländer unter Liberalisierungsdruck setzen wollen.

Einige exemplarische Beispiele :

  • Die Philippinen sollen die Anzahl der Niederlassungen ausländischer Banken nicht begrenzen und Geschäfte ausländischer Banken in einheimischer Währung zulassen.
  • Pakistan darf Kredite an ausländische Firmen nicht begrenzen.
  • China darf nicht joint ventures mit mindestens 50% chinesischem Anteil zur Bedingung für Bankgeschäfte von Ausländern machen.
  • Uruguay soll zulassen, dass die Anzahl der ausländischen Bankniederlassungen um mehr als 10% pro Jahr steigt.
  • Indien soll ausländischen Banken erlauben, mit indischen Finanzderivaten auf eigene Rechnung zu handeln und Pensionsfonds zu managen.
  • Ägypten soll das Niederlassungsrecht ausländischer Banken nicht mehr von einem eigenen "ökonomischen Bedarf" des Landes abhängig machen.
  • Mexiko soll Bankgeschäfte nicht mehr auf diejenigen Gesellschaften begrenzen, in denen mexikanische Aktionäre einen bestimmenden Einfluss haben.
Dieses ist nur eine kleine Auswahl der von der EU aufs Korn genommenen "Handelshemmnisse" , die im Rahmen des GATS beseitigt werden sollen. Besonders umfangreich ist der Katalog für Malaysia . In 25 Punkten werden innenpolitische Regulierungen aufgeführt und mit der lapidaren Formulierung "To Be Removed" beantwortet. Der Hintergrund ist einfach : Malaysia hat die Ostasienkrise mit der Einführung von Kapitalverkehrskontrollen besser überstanden als seine Nachbarländer - gegen den heftigen Protest der internationalen Banken und des IWF. Und diese Kontrollen sollen im Rahmen des GATS jetzt beseitigt werden.

Die Quintessenz der einzelnen Forderungen lässt sich leicht zusammenfassen : Europäische Banken streben über das GATS ein allgemeines und von innenpolitischen Auflagen ungehindertes Niederlassungsrecht in allen 145 WTO-Mitgliedsländern an. Überall auf der Welt wollen sie Geschäfte auf eigene Rechnung betreiben dürfen und nicht auf nationale Regelungen oder Gesetze Rücksicht nehmen müssen.

Das scheinbar faire und demokratische GATS-Regelwerk hat dramatische Auswirkungen : Einigt sich die EU mit einem Land wie beispielsweise Indien auf eine Marktöffnung, wird dieses bei der WTO in Genf registriert und veröffentlicht. Über die Meistbegünstigungsklausel gelten die Abmachungen der EU mit Indien sofort und automatisch für alle 145 WTO-Mitgliedsländer gegenüber Indien. Zusätzlich sind über die Inländer/Ausländer-Regelung alle ausländischen Bewerber den inländischen in Indien gleichgestellt. Die indische Regierung verlöre auf Dauer das Recht, bei Aufträgen oder Erlaubnissen einheimische Banken zu bevorzugen.

Ausländische Bankniederlassung sind etwas anderes als McDonalds-Filialen : Mit Bankgeschäften kann man massiv in die nationale Ökonomie eingreifen. Ausländische Banken können Ersparnisse aus einem Land abziehen, auch wenn diese im Land für die Entwicklung dringend benötigt werden. Kriselt die Währung, sind Banker die ersten, die die Flucht ergreifen, ihr Geld abziehen und die Krise verschärfen. Europäische Banken mögen know how für spekulative Geldgeschäften haben, mit den sehr effizienten Kleinstkredite an Existenzgründer in armen Ländern werden sie sich nicht befassen. Im übrigen werden ausländische Banken immer Geschäfte in Dollar oder Euro gegenüber einheimischen Währungen bevorzugen und damit das Währungsrisiko auf ihre Kunden abwälzen.

Ein Land, das ausländische Banken uneingeschränkt im Land arbeiten lässt, verliert nach kurzer Zeit die Kontrolle über die eigene Ökonomie. Einen "Feldversuch" mit offenen Devisen- und Kreditmärkten hat der Liberalisierungs-Musterknabe Argentinien in den letzten Jahren durchgeführt - das Land und die Menschen sind heute pleite.

Das nüchterne Abwägen von Vorteilen und Nachteilen eines weltweit liberalisierten Bankenmarktes ist nicht Sache der EU-Kommission und ihres Handelskommissars Lamy. Sie wissen , dass - wie fast überall im Welthandel - Europäer und Amerikaner zu den Gewinnern gehören werden. Kein Banker in Frankfurt muss nach einem Erfolg der GATS-Verhandlungen befürchten, dass Dritte-Welt-Banken den europäischen Markt überschwemmen und seinen Arbeitsplatz gefährden. Umgekehrt ist die Gefahr sehr real.

Europäische Banken müssen dann nicht mehr argumentieren , werben und für ein Land attraktive Konzepte zur Bewältigung des ökonomischen Aufbaus anbieten. Sie müssen nur noch auf das GATS verweisen und ihre Rechtsansprüche zulasten einheimischer Konkurrenten durchsetzen. Der Süden unseres Globus wird sich in einem weiteren zentralen Aspekt der nationalen Entwicklung fremdbestimmt und ausgenutzt fühlen - die Entfremdung zwischen den Kulturen und das Wohlstandsgefälle zwischen Nord und Süd werden zunehmen.

Entwicklungs- und Schwellenländer sind deshalb gut beraten, bei der Handelsliberalisierung dem massiven Druck zu widerstehen und sich die EU als Vorbild zu nehmen : Wer wie die EU im Agrarsektor auf dem Weltmarkt schlechte Karten hat, schottet sich eher ab und schützt die eigene Ökonomie. Öffnen sollte man sich nur dort, wo man in einer stärkeren Position ist - der Bankensektor gehört sicherlich nicht dazu.

Was bei den Banken offensichtlich ist, gilt generell für die meisten anderen Dienstleistungssektoren des GATS : Die WTO lebt in dem Irrglauben, starke und schwache Volkswirtschaften könnten auf dem Weltmarkt fair miteinander konkurrieren. In Wirklichkeit ist die ökonomische Dominanz des Nordens für die südlichen Länder erdrückend. Mit einer Öffnung des Bankenmarktes im Rahmen des GATS können sie nur verlieren.

Peter Andersen, Mitglied der attac-AG "WTO und Welthandel", PAndersen@web.de

Letzte Aktualisierung am Di, 25.02.03 von tymm - Druckversion