Attac Lidl-Kampagne, europaweit!

Seit Mitte August gewinnt die Lidl-Kampagne von Attac in Deutschland zunehmend an öffentlicher Aufmerksamkeit. Attac startete die Kampagne vor dem Hintergrund der Forderung nach “Globalen Sozialen Rechten”. Durch diese Forderung rücken wir als GlobalisierungskritikerInnen den Zusammenhang zwischen den unterschiedlichen sozialen (Widerstands-) Kämpfen auf der ganzen Welt ins Blickfeld und richten unsere Aktionen und Diskussionen explizit international-solidarisch aus. Die vorliegende Selbstdarstellung will dafür werben, länderspezifisch eigene Lidl-Kampagnen aufzubauen oder bestehende handelskonzernkritische Kampagnen zu vernetzen.

Mit dem Discounter Lidl wird beispielhaft ein Konzern angegriffen, der europaweit für Umwelt-, Sozial- und Preisdumping steht wie kaum ein anderer. Lidl ist für seine aggressive Nie­drigpreis­strategie bekannt und verbirgt seine Unternehmensstrukturen hinter einem undurchschaubaren Geflecht von an die 600 Stiftungen und GmbHs. Vor allem expandiert Lidl massiv in inzwischen 15 Länder Europas und ist dabei (nach Schätzung von Experten) seinem größten Gegenspieler Aldi bereits voraus. Durch das Zusammenspiel von Marktmacht und rücksichtsloser Kostensenkung ist Lidl zum Negativ-Trendsetter für die gesamte Einzelhandels­branche geworden.

Der Angriff auf Lidl wird von einer ganzen Reihe von Organisationen bestritten:

  • Mit einem eigenen „Schwarzbuch Lidl“ hat die Gewerkschaft Verdi Ende 2004 die vielfach inakzeptablen Arbeitsbedingungen in den Filialen des Billigmarktes kritisiert. Seitdem fährt Verdi eine Kampagne, mit der sie einfordert, dass Arbeitnehmer­Innen­rechte berücksichtigt und Betriebsratswahlen zugelassen werden.
  • Bauernverbände wie die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) rufen seit Anfang 2004 zu Protestaktionen gegen Lidl und andere Discounter auf. Der Discounter­preis für Milch liegt inzwischen deutlich unter den Herstellerkosten – das Preisdumping von Lidl geht den Milchbauern an die Substanz.
  • Entwicklungspolitische Organisationen (WEED, Germanwatch) und Verbände für Fairen Handel (BanaFair) zeigen in Stellungnahmen und Studien den Zusammenhang zwischen Schnäppchenpreisen im Norden und Armut, Menschenrechtsverletzungen und Umwel­tzer­örungen im Süden auf.

Nach unseren Informationen machen in vielen Ländern Europas bereits Gruppen und Anwohner­In­nen gegen Lidl mobil. Für Tschechien, Polen, Ungarn und Rumänien hat eine Aktivistin ein (inoffizielles) Dossier über die dortigen Vorwürfe gegenüber dem Konzern zusammengetragen. Auch in Schweden und in der Schweiz versuchen viele Gemeinden, die Ansiedlung eines Lidl-Marktes zu verhindern, um nicht in den Dumpingstrudel des Konzerns hineingezogen zu werden.

Attac kritisiert mit seiner Kampagne die Ursachen und verhängnisvollen Folgen dieser Form der Globalisierung im Einkaufswagen. Wir agieren konzernkritisch, weil es uns wichtig ist, ganz konkrete, im Alltag erfahrbare Phänomene aufzugreifen. Mit unserer Kampagne üben wir Globalisierungs- und Konsumkritik, die von den VerbraucherInnen – so unsere Erfahrung – auch verstanden wird. Dafür haben wir ein Bündel von Forderungen formuliert, die sich direkt an den Konzern richten und dabei Raum für weitere politische Überlegungen öffnen:

  • Faire Preise für Banane, Wasser und Milch! – Ist als Forderung am fassbarsten. Wir haben drei Produkte, über deren Dumpinggeschichte wir gut informiert sind und Bündnis­part­ner vorweisen können. Die Beispiele helfen, bei den Menschen in der Fußgängerzone oder vor dem Laden Interesse zu wecken.
  • Soziale Rechte achten – hier und weltweit! - Schlägt die Brücke zwischen den Arbeits­bedingungen der Lidl-Beschäftigten, -Lieferanten und -HerstellerInnen. Wir solidarisieren uns mit den Menschen, die unter Lidls Preis- und Geschäftspolitik leiden müssen.
  • Demokratische Kontrolle zulassen! - Damit greifen wir eine Grundfeste von Lidls Konzern­politik an: der Konzern muß sich unserem kritischen Blick und (idealerweise) unseren Ansprüchen öffnen. Mit der zweiten und dritten Forderung finden wir zudem den Anschluß an die verdi-Kampagne.
  • Karten auf den Tisch: Produktgeschichte offenlegen! - Nimmt die Forderung nach Transpa­renz und demokratischer Kontrolle auf und verbindet sie mit der ersten Forderung nach fairen Preisen: Wir wollen KonsumentInnenmacht und -bewußtsein fördern und sehen Lidl in der Pflicht, die Informationsgrundlagen dafür zu schaffen. Dies sollte innerhalb der internationalen Wertschöpfungskette eine Selbstverständlichkeit sein.

Unser Kampagnen-Slogan lautet: LiDL ist nicht zu billigen.

Die Attac Lidl-Kampagne ist eine dezentrale Kampagne, die von der Basis aus geplant wurde. Dutzende von Attac-Regionalgruppen, koordiniert von einer bundesweit agierenden Kampagnen­gruppe, führen Aktionen und Informationsveranstaltungen durch. Dabei legen wir großen Wert auf Vernetzung. Sowohl auf lokaler als auch auf bundesweiter Ebene wird mit verschiedenen Organisa­tio­nen und Verbänden kooperiert: Gewerkschaften, Umweltverbänden, Agrarverbänden, Weltladen-Initiativen, Parteien im linken Spektrum etc..

Weiterhin halten wir jedoch die Eskalation der Kampagne hin zur internationalen Zusammen­arbeit für äußerst sinnvoll:

  • Der Druck sollte von vielen Seiten kommen und für Lidl nicht mehr vorhersehbar sein. So wirken wir unkontrollierbar und erzwingen seine Reaktion. Zudem schafft eine Vielfalt an Bezügen – seien sie nun länder-, themen-, gruppen- etc. -spezifisch – einen exponentiellen Zuwachs an öffentlicher Aufmerksamkeit.
  • Internationale Vernetzung stärkt die internationale Zusammenarbeit und bringt uns damit dem Ziel, eine global agierende globalisierungskritische Bewegung zu sein, wieder etwas näher.
  • Konzernkritische Kampagnen machen komplexe Zusammenhänge der Globalisierung am konkreten Beispiel faßbar und interessant. Die Kritik an der Unternehmenspolitik von Discountern verweist auf den Teufelkreis von Sozialabbau und ökonomischen Kostensenkungsstrategien. Internationale Vernetzung würde es uns als Attac erleichtern, diese Zusammenhänge eindringlich und glaubwürdig zu vermitteln.
Wir ermuntern alle Initiativen und Organisationen, die zu Lidl oder vergleichbaren Unternehmen arbeiten oder arbeiten wollen, sich zwecks gegenseitiger Information und gemeinsamer Strategie­entwicklung bei uns zu melden.
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